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1912 - Der Zylinder-Mann

Titel: 1912 - Der Zylinder-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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in Richtung Alashan zu bewegen. Die Thorrimer folgten ihnen, fast war es eine Art Prozession, bis zur ehemaligen Grenze zwischen den Städten. Jedder mußte noch einmal Hände schütteln, bevor er „drüben" war und mit China, Earth und Chessy in Richtung Rohrbahnstation gehen konnte.
    Die Thorrimer blieben zurück. Schaulustige auf Seiten der Terraner gab es kaum mehr, aber einer fiel Jedder auf. Der Mann trug einen echten alten Zylinderhut und ein frackartiges, schwarzes Kleidungsstück ohne sichtbare Taschen. Die Hosen darunter waren aus Leinenstoff.
    Im Licht der Nachtleuchten war unter dem Zylinder ein strenges Gesicht mit dichten Augenbrauen, Hakennase und dünnen Lippen zu erkennen. Der Mann war etwa 1,90 Meter groß und hatte eine hagere, schlaksige Statur. Sein Alter war schwer zu schätzen.
    Höchstens war er fünfzig Jahre alt, eher jünger. Die Augenbrauen und sichtbaren Haupthaare waren schlohweiß wie bei einem Albino. „Noch so spät unterwegs?" sprach der Fremde Jedder an. „Und das im Gebiet der Thorrimer?"
    „Na und?" fragte Jedder zurück. „Geht dich das etwas an?"
    „Es interessiert mich."
    „Dann ist es ja gut." Jedder wandte sich zum Weitergehen. „Und nun entschuldige, aber wir sind müde und müssen ins Bett.
    Vielleicht sehen wir uns einmal wieder und haben dann mehr Zeit zum Reden."
    „Das glaube ich ganz bestimmt", sagte der Fremde mit dem Zylinder.
     
    *
     
    An der Begehung der drei Handelsraumschiffe nahmen außer Gia de Moleon und Alaska Saedelaere etwa zwanzig Wissenschaftler und noch einmal so viele Techniker teil. Sie begannen mit dem kleinsten Schiff, der GEISHA, und schon dort sträubten sich ihnen die Haare.
    Bis zur Zentrale mußten sie sich förmlich durchschlagen, so vollgestopft waren die Gänge mit allem möglichen Müll, den die ehemalige Besatzung oder spätere Ausschlachter hinterlassen hatten. Dafür hätten sie beinahe alles mitgenommen, was einen gewissen Wert hatte und sich separat verkaufen und tauschen ließ.
    Der 120-Meter-Kugelraumer war dreihundert Jahre alt. Sein Zustand schien noch der beste unter den drei Raumern zu sein, dennoch fiel die Einheit praktisch auseinander. Die Steuerung war nur noch ein Schrotthaufen, die Syntronik war ausgeschlachtet, die Lebenserhaltungssysteme waren zerstört.
    Keines der Kraftwerke arbeitete noch. Das einzige noch einwandfrei funktionierende Element an Bord war, wie es sich nach fünf Stunden für die Terraner darstellte, offenbar der Metagrav-Antrieb. „Eine schöne Bescherung", sagte Tuck Mergenburgh, ein 59 Jahre alter Techniker mit schwarzem Stoppelhaar. Er war ein hemdsärmeliger Typ mit schwerer Statur an der Grenze zur Fettleibigkeit. „Es war absolut unverantwortlich, daß dieses Wrack noch bis vor kurzem von einer Handelsorganisation benutzt worden ist."
    „Kein Wunder, das diese Organisation inzwischen in Konkurs gegangen ist", kam es von Lyjda Meyer, Fachgebiet organische Chemie. Sie war nur 1,60 Meter groß und hatte auffallend kurze Beine. Lyjda trug eine altmodische Brille mit schwarzem Gestell, von der allerdings gemunkelt wurde, daß sie diverse technische Gimmicks aus den Arsenalen des TLD enthielt. Sie strich sich durch die kurzen braunen Haare. „Wir verschwenden hier jedoch nur unsere Zeit, wenn ihr mich fragt."
    „Das ist richtig, wir haben genug gesehen", stimmte Gia zu. „Boxen wir uns nach draußen durch und nehmen uns den nächsten Kahn vor, die SHUMAN."
    Dort war alles noch viel schlimmer. Der Metagrav und die Gravitraf-Speicher waren noch nicht einmal mehr als Schrott zu bezeichnen. In der Zentrale fehlten selbst die 'Sessel und Bildschirme. Man hatte sie aboder ausmontiert und verramscht. Eine Beleuchtung existierte nicht mehr, die Begeher mußten sich mit ihren Scheinwerfern und anderen Lichtspendern behelfen. „So schlimm hatte ich es mir nicht vorgestellt", meinte Alaska. „Mir graut vor dem, was wir in der ALVAREZ finden."
    „Und mir vor dem, was wir nicht finden werden", sagte Gia de Moleon, als sie nach vier Stunden die SHUMAN - erstaunlicherweise unverletzt - verließen und sich dem letzten, dem 280-Meter-Schiff zuwandten. „Desintegrieren", schlug jemand vor. „Weg mit dem Schrott!"
    „Unter Denkmalschutz stellen", meinte ein anderer.
    Der Alptraum setzte sich in der ALVAREZ fort. Sie bot kein besseres Bild als die SHUMAN. „Die beiden können wir wohl abschreiben", äußerte sich Gia de Moleon. „Im Vergleich zu ihnen ist die GEISHA ja geradezu generalüberholt.

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