1912 - Der Zylinder-Mann
sich in die bequemste Position und legte sich lang wie eine Wurst hin, Augen und Ohren in Richtung Küche.
Jedder tat es nun leid, daß er den Halbalbino an der Grenze so kurz abgefertigt hatte. In der Vorstellung zur Person, die er nur halb mitbekommen hatte, hatte er etwas vom TLD gehört. Gehörte der Mann etwa zum Liga-Dienst? Oder hatte er dazugehört?
Dann mußte dies vor seiner eigenen Zeit gewesen sein. Kein Kunststück, Jedder arbeitete erst seit gut anderthalb Jahren für Gia de Moleon. „Er ist dafür, daß wir uns mit den Thorrimern langfristig arrangieren!" rief Jedder in die Küche. „Das ist sehr vernünftig!
Besser als die Idee mit dem Heimflug nach Terra. Hier ist für die nächsten zehn, zwanzig oder hundert Jahre unsere Heimat!"
„Oder für immer, Daddy", kam es von Earth. „Mastos und Chmaanz und die anderen haben gesagt, wir könnten bei ihnen bleiben, solange wir wollten."
„Richtig, mein Sohn", sagte Jedder stolz. „Ich bin froh, daß du so vernünftige Freunde gefunden hast."
Darne kam aus der Küche, um erzieherisch einzugreifen, sah den Dackel auf dem Sessel und rief schrill: „Der Hund, Jedder, der Hund! Du weißt genau, daß ich das nicht will! Er macht mir nur wieder alles voller Haare!"
„Siehst du", tat der Herr des Hauses entrüstet. „Da paßt man nur einen Moment lang nicht auf, und schon ist es passiert."
Darne kniff die Augen zusammen und fragte gefährlich langsam und leise: „Willst du mich auf den Arm nehmen, Jedder? Glaubst du, ich wäre so dumm, diese Provokation nicht zu durchschauen?"
„Nie würde ich das glauben", versicherte er. „Es ist ohnehin Zeit für unseren Spaziergang. Kommt ihr mit, Kinder?"
„Ja, laßt euer Gehirn von der frischen Luft durchpusten, aber verirrt euch nicht wieder nach Zortengaam!" empfahl ihnen Dame, bevor sie das Haus verließen. „Warum ist sie manchmal so, Daddy?" fragte Earth, als sie im Freien waren.
Jedder antwortete: „Ich weiß es auch nicht, mein Sohn. Früher nannte man das wohl Wechseljahre oder Midlifecrisis, dies allerdings eher bei Männern ... Eure Mutter bräuchte einfach mal für einige Wochen Ruhe. Die viele plötzliche Arbeit bekommt ihr wohl nicht."
„Gehen wir wieder zu den Thorrimern, Daddy?" fragte China. „Bestimmt warten sie schon lange auf uns."
„Wir werden zu ihnen gehen", versprach Jedder, „aber nicht heute."
„Gia de Moleon hat in ihrer letzten Ansprache doch gesagt, ihr König käme zu uns. Das ist jetzt schon einige Tage her. Wann kommt er denn endlich? Sie ist doch deine Chefin. Kannst du sie nicht einfach fragen?"
Jedder mußte schmunzeln. Wie einfach sich das ein Kindergehirn vorstellte! „Ja, ich werde sie fragen", hörte er sich trotzdem antworten. „Gleich morgen, und nun kommt nach Hause, Chessy hat sicher schon ihr Geschäft gemacht."
Er hatte nicht darauf aufgepaßt, vor lauter TLD und Thorrimern. Jetzt winkte China ihm zu, daß er sich zu ihr hinabbückte, und flüsterte ihm ins Ohr: „Chessy hat vor die Tür von Nachbar Hupsler geschi... Na, du weißt, was."
„Ich sagte ja, es wird Zeit, daß wir nach Hause kommen ... !
4.
Januar 1290 NGZ
GOOD HOPE III
Nicht nur Jedder Colusha wartete darauf, daß der König der Thorrimer, wie von Gia de Moleon über TV angekündigt, Alashan besuchen würde. Große Teile der Öffentlichkeit stellten Fragen und setzten Gia, unabhängig vom inzwischen angelaufenen Wahlkampf, unter Druck. Noch war sie die oberste Instanz, noch lag es an ihr, ihre Ankündigung wahr zu machen.
Sie selbst wollte den Tower momentan nicht verlassen, die Arbeiten an der GEISHA standen kurz vor dem Abschluß, und die TLD-Chefin überwachte sie streng. Also bat sie Alaska Saedelaere, mit einigen Begleitern nach Zortengaam zum Palast zu fliegen und den Kontakt mit dem König aufzufrischen.
Vielleicht fühlte sich der Monarch inzwischen düpiert, es hatte keine Kontakte mehr gegeben. Alaska sollte ihn dann mit diplomatischem Geschick beruhigen und einen konkreten Termin für seinen Besuch in Alashan vereinbaren, allerdings erst nach der „Taufe" der - eigentlich schon bei ihrem Stapellauf getauften - GEISHA, um die de Moleon ein Geheimnis machte; selbst Alaska gegenüber.
Saedelaere wurde freundlich empfangen, der König zeigte sich keineswegs verärgert.
Er stellte Alaska bei einem ausgedehnten vegetarischen Essen viele Fragen nach der Kultur und der Geschichte der Terraner. Der ehemalige Maskenträger wunderte sich über sein großes
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