1912 - Der Zylinder-Mann
Nein, es sollte ein Scherz sein. Aber wenn wir eines der Wracks mit viel Glück je wieder flottkriegen, dann ist es die GEISHA. Tuck, ich benötige ein Gutachten.
Wenn die Chance besteht, daß wir das Schiff mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln wieder hinbekommen, dann werden wir es versuchen. Ein Raumschiff brauchen wir, um an den Märkten DaGlauschs aktiv werden zu können."
„Der Metagrav ist in Ordnung", antwortete der Techniker. „Der Syntron läßt sich mit den Mitteln des Towers wahrscheinlich komplettieren, und die Steuerung wird sicherlich instand zu setzen sein. Ich brauche nicht noch einmal auf den Kahn, um dir ein Gutachten abzugeben, Gia. Ich würde vorschlagen: Packen wir's an."
„So einfach ist das nicht", wehrte sie ab, „und so leicht kommst du mir nicht davon.
Stell ein Team zusammen, und dann geht nochmals an Bord. Ich warte auf eine Liste, in der genau steht, was wir an Material brauchen und wie viele Arbeitskräfte benötigt werden, um die GEISHA so schnell wie möglich flugtauglich zu machen."
Tuck Mergenburgh seufzte schicksalsergeben und nickte.
Die Gruppe löste sich auf. Gia und Alaska flogen zum TLD-Tower und schleusten sich durch den Schacht unter dem vierzig Meter durchmessenden Eingang ein, der sich in der Mitte des umgebenden Feldes auftat. Alle zwanzig Meter befand sich ein Verteilerknoten, für jedes der insgesamt 105 Stockwerke einer.
Wenig später saßen sie wieder in de Moleons Büro und beobachteten auf verschiedenen Bildschirmen das Treiben in der City und die Lage an den Grenzen. Sie war unverändert.
Die stündlichen Nachrichten warteten mit einer Überraschung auf. Der Sprecher gab die Kandidatur eines weiteren Bewerbers um das Bürgermeisteramt, bekannt - nach Clodia Zuint und bisher drei anderen, aber völlig chancenlosen Aspiranten. Es handelte sich um einen Mann namens Stendal Navajo, und als Alaska das dazugehörige Bild sah, lachte er unwillkürlich auf.
Gia de Moleon zeigte eine ganz andere Reaktion. Sie schien für etliche Sekunden zu Stein erstarrt zu sein.
Der Mann auf dem Bildschirm trug einen schwarzen Zylinder und eine Leinenhose unter einer Art Frack. Seine Haare waren weiß wie bei einem Albino. Nur die Augen paßten nicht dazu. Sie strahlten hell und mit intensivem Blick unter den weißen Brauen hervor. „Navajo!" platzte es aus der TLD-Chefin heraus. Als Alaska sich zu ihr umdrehte, erschrak er. Ihr Gesicht war verkniffen, hart und voller Ablehnung. „Stendal Navajo. Er wagt es tatsächlich!"
*
„Was ist mit ihm?" erkundigte sich Alaska. „Und wer ist er?"
„Gleich", sagte sie. „Laß uns erst weiter hören, was er noch zu sagen hat."
Der Mann mit dem Zylinderhut verkündete in knappen Worten und groben Zügen sein Wahlprogramm. Dabei gewann Alaska den Eindruck, daß sich hinter der Maskerade ein durchaus fähiger Geist verbarg. Dieser Navajo sprach davon, daß sich die Alashaner nur durch reinen Realismus in DaGlausch behaupten könnten und das müßten sie. Er erteilte allen Hoffnungen, schnell eine Raumflotte aufzubauen und dann geschlossen in die ferne Milchstraße zurückzukehren, eine klare Absage. Es war auch eine Absage an das Programm seiner großen Rivalin Clodia Zuint, die genau dieses Ziel proklamierte. „Dieser Plan ist realitätsfremd", schloß er seine Vorstellung ab. „Wenn ich Bürgermeister werde, verfechte ich eine klare Linie der Vernunft. Ein Flug über 23,5 Millionen Lichtjahre, zumal noch in selbstgebauten Raumschiffen, wäre Selbstmord. Sich an diesen Gedanken, an diese Hoffnung zu klammern bedeutet das Verschließen der Augen vor der Wirklichkeit.
Und die heißt für uns: friedliche Koexistenz mit den Thorrimern und allen Völkern, die dies ebenfalls wollen. - Härte gegen die anderen, aber nie den Versuch aufgeben, aus potentiellen Feinden aufrechte Freunde zu machen! Ich rede hier nicht von den Dscherro. Friedliches Miteinander auf Dauer mit allen, die dazu bereit sind, und keine Hirngespinste mehr. Ihr sollt Terra nicht vergessen, aber begreifen, daß die Erde auf Jahre hinaus unerreichbar für uns ist. Laßt uns gemeinsam unseren neuen Staat aufbauen, die Nation Alashan! - Ich danke euch."
Gia de Moleon schaltete den Bildschirm aus. Sie schüttelte den Kopf. „Stendal Navajo - daß er es wagt!" wiederholte sie. „Dieser ewige Besserwisser hat mir jetzt gerade noch gefehlt. Du wolltest wissen, wer er ist, Alaska? Ein ehemaliger TLD-Agent. Er war sogar einer der besten, bis vor zwei
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