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1912 - Der Zylinder-Mann

Titel: 1912 - Der Zylinder-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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gebunkert. Wir haben da keine Eile, mein Freund."
    „Wasser werden wir von den Thorrimern bekommen", murmelte Saedelaere. „Aber Fleisch? Sie sind doch strikte Vegetarier.
    Wir werden Jagdtrupps in Gleitern aussenden müssen, die nach Wild Ausschau halten."
    „Es gibt Tiere, die von den Thorrimern in Herden gehalten werden", sagte Gia. „Ich weiß zwar nicht, zu welchem Zweck, aber ich habe die Luftaufnahmen selbst gesehen. - Und jetzt entschuldige mich. Ich muß zur GEISHA, und danach soll ich fürs Trivideo interviewt werden. Ich habe mich breitschlagen lassen, aber wer weiß, wofür es gut ist, nicht wahr ...?"
    Alaska war sicher, daß sie sich sehr gern hatte „breitschlagen" lassen. Er schätzte, daß sie die Gelegenheit benutzen würde, um ein paar Pfeile in Richtung Stendal Navajo abzufeuern.
    Kurz darauf erfuhr er, daß der kauzige Kandidat einen Besuch beim König angekündigt habe. Alaska schmunzelte, als er die Nachricht hörte und sich vorstellte, mit welchem Gesicht Gia de Moleon sie aufnehmen würde oder Clodia Zuint, die sich bisher noch kein einziges Mal positiv zu den neuen Nachbarn geäußert hatte. Die Kandidatin machte keine Propaganda gegen sie, dazu war sie zu klug. Doch die Art und Weise, wie sie sie in Interviews und ihren Erklärungen ignorierte, konnte durchaus schon als herablassend bezeichnet werden.
    Allmählich kristallisierten sich die Unterschiede zwischen Navajo und Clodia heraus. Sie redete viel und setzte auf Populismus. Navajo sagte wenig und tat dafür Dinge, die manch einer noch nicht verstand. Alaska kannte ihn zu wenig, um sich ein Urteil zu erlauben. Aber ihm imponierte sein Mut.
     
    *
     
    Die Schiffstaufe wurde, wie von Gia de Moleon angekündigt, zu dem Medienereignis seit der Katastrophe. Alter Tradition folgend, erfolgte sie mit einer dicken Flasche Sekt aus den Beständen des TLD. Gia selbst hatte sie in der Hand, als sie auf einer quadratischen, großen Antigravplattform in sechzig Metern Höhe an den Schiffsleib herangetragen wurde.
    Bei ihr befanden sich Tuck Mergenburgh und einige Männer und Frauen aus seiner Technikercrew sowie - natürlich - Clodia Zuint und alle anderen Bürgermeisterschaftswahl-Kandidaten außer Stendal Navajo.
    Der Zylinder-Mann versäumte diese Gelegenheit, sich zu präsentieren. Auch nicht mit von der Partie war Alaska Saedelaere. Er liebte solche Auftritte nicht, sondern sah lieber zurückgezogen von unten zu.
    Auf dem Gelände des Ausweichraumhafens waren eigens Tribünen aufgebaut worden, mit Sitzreihen für ausgewählte Gäste der Zeremonie. Alaska fühlte sich auf diesen Plätzen wohler als oben.
    Gia de Moleons Stimme wurde über Lautsprecher übertragen, als sie ihre Rede hielt und schließlich pathetisch verkündete: „... taufe ich dich auf den Namen GOOD HOPE III, auf daß du die stolze Tradition deiner Namensvorgängerinnen fortsetzt und für uns Menschen ein neues Kapitel in unserer langen Geschichte aufschlagen magst. Der Menschen Schicksal mag hart sein und schwer - der menschliche Wille wird am Ende triumphieren, menschlicher Geist jede Prüfung bestehen! Nun erhebe dich, GOOD HOPE III, hinauf zu den Sternen, und trage die menschliche Saat in diesen neuen, uns noch fremden Kosmos hinein!"
    Damit warf sie die Flasche, die mit einem dumpfen Knall zerplatzte und deren Inhalt die Hülle des reparierten Schiffs mit dunklen Flecken sprenkelte.
    Natürlich hob der Raumer dadurch nicht ab zu den Sternen.
    Alaska Saedelaere war peinlich berührt von de Moleons Auftritt. Daß ihr die Zunge nicht vor lauter Pathos im Mund klebenblieb, war alles. Jedes Wort hätte von Clodia Zuint stammen können. In dem Fall wäre es noch mit dem Wahlkampf zu entschuldigen gewesen.
    Aber wieso tat sich Gia de Moleon dies an?
    Sollte es Schützenhilfe für ihre Favoritin sein, oder glaubte sie wirklich, mit ihren Worten die Stimmung innerhalb der Bevölkerung zu treffen? Falls ja, hatte sie es dann nötig, sich so zu präsentieren? Dem Volk nach dem Maul zu reden?
    Abermals kam es Alaska so vor, als stünde Gia selbst im Wahlkampf. Aus Angst davor, Stendal Navajo könne doch gewählt werden?
    Plötzlich sah er ihn.
    Der Mann mit dem Zylinder stand im Schatten des Tribünenaufgangs und beobachtete schweigend die Zeremonie, genauso wie er. Alaska hatte ihn nicht kommen sehen, vorhin hatte da noch niemand gestanden.
    Ohne zu zögern, verließ er seinen Platz und ging zu ihm. Auf dem Landefeld gab es nichts mehr zu sehen. Die Antigravscheibe mit den

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