Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1915 - Herrin der Träume

Titel: 1915 - Herrin der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
die Besinnung verloren, und Gucky hatte nicht die leiseste Ahnung, wie lange dieser Zustand anhalten würde. Stunden? Ganze Tage? Unmöglich vorherzusagen.
    Qualvoll langsam ließen die Schmerzen in seinen Gliedmaßen nach. Der Mausbiber stieß lange Seufzer aus, als er versuchte, seine verkrampfte Muskulatur geschmeidig zu machen. Jede Bewegung, auch die kleinste, tat in der einen oder anderen Form weh.
    Hinzu kam eine gewisse geistige Benommenheit, die Gucky sich nicht recht erklären konnte. Der Fluß seiner Gedanken verlief eigentümlich träge. Kein sprudelnder Sturzbach, sondern ein breit und lehmigträge sich dahinwälzender Strom, der sich anschickte, wenig später im Nirgendwo ohne Spuren zu versickern.
    „Etwas tun ...!"
    Die Stimme des Mausbibers klang krächzend, sie erschreckte ihn selbst. Selten in seinem Leben hatte der Mausbiber sich derart elend und hilflos gefühlt. Nicht nur sein Körper fühlte sich an wie durch eine Mangel gedreht, auch sein Verstand schien unter einem fürchterlichen Muskelkater zu leiden Nur ein Winkel in Guckys Bewußtsein schien munter und aktiv zu sein, und die Botschaft dieses Bewußtseinspartikels war eindeutig: Nicht einschlafen! Unter gar keinen Umständen einschlafen...'.
    Die Träumerin von Puydor. Dieser Titel der Jii'Nevever, gleichgültig ob er ehrend gemeint war oder als Beschimpfung, mußte in der einen oder anderen Form eine Existenzberechtigung haben. eine handfeste, überprüfbare Basis.
    Träumerin?
    Es klang nicht so, als wäre damit eine wirre Phantastin gemeint, jemand, der in selbstgesponnenen Gedankenwelten lebte, weit entfernt von jeder Wirklichkeit. Nein. damit hatte diese Bezeichnung nichts zu tun.
    Gucky sah Michael Rhodan und Julian Tifflor an. Er nahm seinen Handscheinwerfer. beugte sich sehr dicht über die beiden Terraner und leuchtete ihnen nacheinander in die Gesichter, um wenigstens etwas erkennen zu können.
    Die beiden reagierten nicht auf das Licht, wahrscheinlich, weil es dafür viel zu schwach war. Aber sie bewegten sich, wenigstens einen Teil ihres Körpers.
    Unter den geschlossenen Lidern war zu sehen, daß die Augäpfel bewegt wurden, ziemlich heftig sogar.
    REM - die althergebrachte Abkürzung für Rapid Eye Movement. Zwar sprachen nur wenige Terraner noch Englisch, Interkosmo war allgemein die Umgangsprache in der bekannten Galaxis, aber dieser sehr alte Fachbegriff der angewandten Psychologie hatte sich erhalten. REM bezeichnete genau das, was Gucky beobachten konnte - Zeitige Bewegungen der Augen, und zwar in geschlossenem Zustand. Es hatte sich herausgestellt, daß die sogenannten REM-Phasen sehr häufig, nicht immer, mit Träumen einhergingen.
    Wenn man Menschen in diesem REM-Zustand weckte, wußten die meisten von irgendwelchen Träumen zu berichten, sogar jene Versuchspersonen, die ansonsten bestritten, überhaupt jemals zu träumen.
    Die Träumerin von Puydor ...
    „Du Miststück!" murmelte Gucky.
    Es war ihm jetzt klar. was mit dieser Bezeichnung gemeint war. Beweisen konnte er es nicht, aber er hatte keinerlei Zweifel mehr - die besondere Befähigung von Jii'Nevever bestand darin. die Träume aller Lebewesen zu beeinflussen, die in ihre Reichweite kamen.
    Gewußt hatte er es schon bei der ersten Begegnung, jetzt aber war es endgültig klargeworden.
    Wenn man Menschen - wahrscheinlich galt das auch für andere intelligente Lebensformen - für längere Zeit konsequent daran hinderte zu träumen, brachen sie sehr oft seelisch zusammen, bekamen psychotische. Zustände und entwickelten derart schwerwiegende geistigseelische Stö rungen. daß bis jetzt kein ernstzunehmender Wissenschaftler gewagt hatte, dieses Experiment bis zum wahr- scheinlich furchtbaren Ende weiterzuführen.
    Denn dieses Ende konnte vorhersehbar so aussehen, daß der Traumentwöhnte gewalttätig wurde, sich oder andere verletzte oder gar tötete oder wahrscheinlich das schlimmste Ende - in einen Zustand lallenden Wahnsinns verfiel, der mit keinem Mittel mehr zu heilen war.
    Die Schlußfolgerung lag auf der Hand: Der Mensch brauchte seine Träume, er brauchte sie lebensnotwendig, um nicht zu sterben oder gar wahnsinnig zu werden. Wer imstande war. Träume zu kontrollieren, der hatte damit einen unheilvollen Zugriff auf den innersten Wesenkern des Menschen.
    Und das war die Fähigkeit, die Jii'Nevever besaß und die ihr diesen eigentümlichen Beinamen Träumerin von Puydor eingetragen hatte. Sie konnte sich wahrscheinlich in die Träume ihrer Opfer einschalten

Weitere Kostenlose Bücher