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1918 - Der Traum der Nevever

Titel: 1918 - Der Traum der Nevever Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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in Anspruch nehmen. Joj-Agmem. Würdest du mich mit deinem Raumschiff auf eine wichtige Mission fliegen?"
     
    *
     
    Es kam der Tag, da war Orsidenda außerstande, eine einfache fünfdimensionale Formel zu berechnen. Er hatte eine Ahnung, woran das lag, vergaß den Grund aber sofort wieder. In der Folge machte er sich keine Gedanken mehr über dieses Thema. Nur wenn er feststellen mußte, daß ihm Fähigkeiten abhanden gekommen waren, die er früher wie selbstverständlich gebrauchte, da begann er wieder zu grübeln.
    Aber wie immer verlor er bald wieder den Faden.
    Orsidenda begann ebenso bald zu spüren, wie ihn das Alter zu beugen begann Dabei stand er mitten im Leben und hätte noch viele Jahre vor sich haben müssen. Und so, wie seine geistige Konzentrationsfähigkeit nachließ, verhielt es sich mit seiner physischen Kondition.
    Auch andere Nevever klagten über ähnliche Symptome. Es passierte immer öfter, daß relativ junge Leute, nicht viel älter als er selbst, an Altersschwäche starben.
    Orsidenda war klar, daß er ihnen auf diesem Weg bald folgen würde. Doch es gab noch etwas zu tun. Er wollte einen Nachkommen zeugen, damit seine Gene in ihm weiterlebten. Zumindest in dieser Hinsicht hatte er seine Potenz nicht eingebüßt, und so gelang es ihm, sich diesen ersehnten Wunsch zu erfüllen.
    Der Zeugungsakt war eines der schönsten Erlebnisse, an das Orsidenda sich erinnerte. Er verspürte ein bisher unbekanntes Gefühl der Liebe und der Zuneigung für das in ihm heranwachsende Leben. Dennoch quälte ihn die Sorge darüber, ob es auch was Gutes werden wurde. Das sei eine ganz normale Besorgnis, versicherten ihm andere Eiter; es gäbe keine Liebe ohne Zweifel.
    Orsidenda hatte eine leichte Geburt, es kostete ihn keine Mühe, das Kind aus sich herauszupressen. Seine Zuneigung für den kleinen Nevever, sein Kind, verstärkte sich immer mehr. Was er in der Vergangenheit auch Großartiges geleistet haben mochte, dies war gewiß seine größte Leistung.
    Er nannte sein Kind Nitrever, weil er in ihm den Träger einer hoffnungsvollen Zukunft für sein Volk sah. Nitrever zeigte jedoch einige Entwicklungsstörungen.
    Er war in seinen Bewegungen behäbiger, und er war maulfaul. Als er in das Alter kam, in dem andere Kinder bereits zu sprechen begannen, blieb er weiterhin stumm. Und das blieb er auch in den Folgejahren, in denen er immerhin an versäumtem Wachstum einiges aufholte.
    Doch die Fähigkeit des Sprechens blieb ihm für immer versagt. Wie als Ausgleich für dieses Gebrechen der Stummheit wurde er jedoch zu einem begnadeten Pantomimen. Nitrever machte seinem Eiter viel Freude, wenn er mit seinen Gesten die phantasievollsten Geschichten vortrug.
    Orsidenda schien an seinem Lebensabend mit Nitrever neben Artirur eine zweite Sonne. Nur schien Nitrevers Licht viel heller als der rote Riesenstern.
    Bald vermochte jedoch nicht einmal mehr Nitrevers Jugend Orsiden - das Lebenswillen zu stärken. Nitrever war erwachsen und schlug sich als angesehener Künstler durchs Leben. Es gab nichts mehr, was Orsidendas Lebensgeister beleben konnte.
    Aber da war noch etwas in ihm, das ihn beschäftigte und ihn nicht zur letzten Ruhe kommen ließ. Es war die Ahnung von etwas, auf das Orsidenda in seiner zweiten Lebenshälfte, in der er so rasch verbrannte, nie eine Antwort bekommen hatte, weil er nicht einmal mehr die Frage kannte.
    Nitrever beobachtete seinen Eiter mitfühlend und voller Trauer, daß er sich so vergeblich um seine Erinnerung mühte. Er konnte einfach nicht sterben, weil er nicht mit sich ins reine kommen konnte. Doch auf einmal wurde Orsidenda ganz ruhig, als hätte er eine Eingebung gehabt.
    „Ashgavanogh", sagte er, als hätte er die Lösung für eine komplizierte Formel gefunden, und immer wieder: „Ashgavanogh!"
    Er nahm Nitrever mit mehreren Pseudopodien gleichzeitig an den Armen, hielt ihn ganz fest und führte ihn mit sich, dabei immer wieder dieses seltsame Wort murmelnd, das Nitrever noch nie gehört hatte. Andere Nevever in höherem Alter, die Orsidendas Worte hörten, schlossen sich ihnen an, als gebe er eine magische Beschwörungsformel von sich.
    „Ashgavanogh! Ashgavanogh!"
    Bald gehörten dem Gefolge um Orsidenda einige hundert Nevever an. Er führte sie in eine Höhle und stieg in dieser endlos lange hinab, bis sie endlich eine Grotte mit unzähligen selbstleuchtenden Tropfsteinen erreichten. Hier drängten sie sich dicht aneinander, so fest, daß sie sich gegenseitig fast den Atem raubten.

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