1923 - Friedensmission
langsam.
Bre hätte vor Erleichterung beinahe laut gelacht. Wieder war eine Hürde genommen.
„Das ist ganz einfach." Sie zog einen Sessel herbei, damit er sich neben den Konsolen niederlassen konnte und den Siganesen nicht aus so großer Höhe „über die Schulter" schaute.
„Domino und Sinius werden dir Fragen stellen, wenn sie nicht weiterwissen. Du wirst miterleben, wie dein eigener SBS-Chip sich entwickelt. Damit wird er jetzt schon zu einem Teil von dir."
„Denkst du wirklich?"
„Ich habe dich noch nie angelogen, Genhered."
Der Nonggo setzte sich langsam hin und bewegte eine Hand vorsichtig auf die beiden Siganesen zu. Sinius Ponta stand auf und präsentierte seine Arbeit. Domino ROSS machte ein verwundertes Gesicht, enthielt sich aber jeglichen Kommentars.
„Ich hoffe, daß ich nichts verwechselt habe, die Baupläne sind stellenweise ein wenig unübersichtlich", sagte Sinius. „Soll ich es dir erläutern?"
„Ja, bitte."
„Ich fange an/und du ergänzt. So geht es am besten, denke ich."
Bre schmunzelte, daß der abgebrühte Domino ROSS in diesem Augenblick nur noch staunte. Der meistens stille, zurückgezogene, etwas weltfremd wirkende Techniker Sinius Ponta besaß demnach mehr psychologisches Einfühlungsvermögen als der Draufgänger ROSS. Es schien Sinius nichts auszumachen, mit Genhered auf diese Weise umzugehen.
Der Nonggo wiederum ging zusehends aus sich heraus. Nachdem er sich an die veränderte Situation gewöhnt hatte, war er bald kaum mehr zu bremsen und sprudelte nur so über vor Ideen.
Zufrieden konnte die Psychologin die drei neuen Partner sich selbst überlassen.
*
Die Faktordampf-Barriere in Kalkutta-Nord hatte sich längst aufgelöst. Sicherheitshalber war das Nonggo-Museum Janir Gombon Alkyetto mit Hilfe eines Prallfeldes und eines leichten HÜ-Schirms abgesichert worden, um die Presse und andere unerwünschte Besucher fernzuhalten.
Es gab bittere Beschwerden seitens der Presse, doch der Tag der Öffnung war nicht mehr fern. Die Arbeit am SBS-Chip ging bestens voran, seit Genhered mitarbeitete. Er war nie verlegen um Lösungsvorschläge; die geistige Herausforderung schien ihm gutzutun. Der 6 Nonggo zeigte sich bereits jetzt gelöster, offener. Bre Tsinga hatte sich daraufhin mit einer Spezialklinik in Verbindung gesetzt, die nicht weit entfernt lag.
Während sie am Morgen die neuesten Meldungen studierte, erhielt sie einen Anruf über eine Geheimfrequenz aus Magdarein. Das Stadtzentrum von Terrania hatte sich nach der Verwüstung der Dscherro in eine einzige Baustelle verwandelt. Das provisorische Regierungsgebäude befand sich derzeit im Außenbezirk Magdarein.
„Atlan!" sagte die Psychologin überrascht. „Seit wann bist du wieder auf Terra?"
„Sag bloß, du kennst die neuesten Entwicklungen nicht", bemerkte der Arkonide ironisch.
„Na, hör mal, ich lebe hier doch nicht in der Großen Leere! Deshalb dachte ich eigentlich, daß das Friedensangebot der Arkoniden auch für dich eine neue Chance ist."
Die albinotisch rötlichen Augen des Arkoniden flackerten leicht. Wieder einmal hatte die junge Frau genau gewußt, an welcher Stelle sie ihm einen schmerzlichen Stich versetzen konntet.
„Alles zu seiner Zeit", meinte er mild.
„Stimmt, ich vergaß, du bist ja unsterblich", versetzte sie prompt. „Hoffentlich weiß unser neuer Hoffnungsträger, Solder Brant, daß du hier bist.", Atlan lächelte. „Er hat mich nicht zu einer öffentlichen Diskussion eingeladen, wenn du das meinst." ,„Nicht? Schade. Dafür hätte ich hier alles liegen- und stehenlassen, nur um live dabeizusein", versicherte Bre. „Wann bist du da?"
„Woher willst du wissen, ob ich kommen will?"
„Weshalb rufst du denn sonst an?"
Atlan grinste süffisant. „Um zu erfahren, wie es Genhered geht."
Bre lächelte. „Wir stehen kurz vor der Fertigstellung des Chips. Soll ich dir Bescheid geben, wenn wir Genhered in die Klinik überführen?"
„Ja, bitte. Ich möchte gern dabeisein."
Bre nickte. Als das Holo erloschen war, verdüsterte sich ihr Gesicht. Mit ihrer lässigen Ausdrucksweise überspielte sie ihre" wahren Empfindungen Solder Brant gegenüber. Die politische Entwicklung gefiel ihr ganz und gar nicht. Und sie empfand Mitleid mit Atlan, der jetzt mehr denn je zwischen den Stühlen saß.
Sie band sich gerade die langen blonden Haare im Nacken zusammen, als sie den nächsten Anruf erhielt.
„Soviel zur Abschirmung", murmelte sie. „Wenn das jetzt die Presse ist, mache
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