1923 - Friedensmission
brauche dich ohnehin nicht mehr", schnappte sie. „Du kannst dich wichtigeren Aufgaben widmen."
Ohne eine Reaktion abzuwarten, wandte sie sich brüsk ab. Genhered hockte auf seinem Sessel und starrte ins Leere. Nachdem die Arbeiten am Chip erfolgreich beendet waren, kam er sich wohl wieder überflüssig vor.
Als ob sich ein Schalter umgelegt hätte, wie bei einer Maschine, dachte Bre.
Auf der Lehne hockte Sinius Ponta. „Hör mal, Genhered. die Arbeit haben wir doch nicht aus einer Laune heraus gemacht", redete der Siganese auf den Nonggo ein. „Wir müssen den Chip jetzt auch seiner Bestimmung zuführen."
„Genhered, sie warten auf dich", fügte Bre hinzu. „Wir haben alles vorbereitet."
„Ich war... lange nicht mehr da draußen", murmelte der Sündenträger.
Er fürchtete sich. Jede Veränderung bedeutete eine große Überwindung. Die Psychologin hoffte, daß das mit dem Einsetzen des Chips enden würde, sonst konnte sie für Genhered nichts mehr tun. Er versank immer mehr in einer Welt der Stagnation und Stille.
Domino ROSS flog ebenfalls zu der Lehne hinüber.
„He, Kumpel, nun mach schon!" gab er sich betont flapsig. „Du hast uns gezeigt, daß du ordentlich Grips hast. nun stell dich nicht so an! Von der Welt draußen wirst du nicht viel mitbekommen. Du steigst einfach in den Gleiter ein, und schon ein paar Minuten später bist du in der Klinik. Du läßt dir den Chip verpassen und kehrst hierher zurück. Je schneller du rausgehst, desto schneller bist du auch wieder zurück."
Genhered zog das Büßergewand um sich. Er weigerte sich nach wie vor, seinen prächtigen Umhang zu tragen. Dann stand er auf.
„Gehen wir", sagte der Nonggo leise.
Während des Flugs verschwendete er keinen Blick nach draußen. Es interessierte ihn nicht, daß die Sonne schien und es Frühling war. Er saß stocksteif da, den Blick nach innen gekehrt.
Atlan war bereits vor Ort. Der Arkonide lächelte kurz, als Bre auf ihn zuging, und hielt ihr ein hübsch verpacktes kleines Päckchen hin.
Sie machte ein erstauntes Gesicht. „Für mich?"
„Nachträglich zu deinem Geburtstag.
Du bist schließlich dreißig geworden." Ihr vornehm blasser Teint nahm eine zartrosa Tönung an.
„Ja, das stimmt... am 23. April... Das ist aber nett...", stotterte sie. Ihre Augen strahlten.
„Ich mach's später auf, ja?"
< „Es ist nichts Besonderes, nur ein kleines Andenken, das ich aus meinem Fundus gegraben habe", behauptete der Arkonide.
„Der Gedanke zählt." Sie grinste verschmitzt, verstaute das Päckchen und konzentrierte sich dann wieder auf den Nonggo.
Genhered betrat den Operationsraum nur zögernd. Die typisch klinische Atmosphäre bedrückte ihn sichtlich. Der Chirurg lenkte ihn ab, indem er dem Nonggo eine Menge Fragen über seinen Allgemeinzustand stellte und mit ihm .die medizinischen Versorgungseinrichtungen durchging, die eventuell benötigt wurden.
Bre Tsinga merkte deutlich, daß Genhered sich immer mehr verschloß. Nach einiger Zeit mischte sie sich schließlich ein.
„Ist alles in Ordnung mit dir? Fühlst du dich krank?"
„Es ist nicht richtig, was ich hier tue", antwortete der Nonggo. „Ich bin ein Sündenträger, ich habe nicht das Recht dazu."
„Aber Genhered, darüber haben wir doch schon gesprochen", sagte Bre freundlich.
„Das Sündenträger-Prinzip kann hier keine Anwendung finden, fern von den Sphärenund Sündenrädern. Du bist von deinem Volk allein in der Fremde ausgesetzt worden, und das entspricht somit nicht euren Regeln. Sie hätten dich mitnehmen müssen und erst in eurer Heimat verurteilen dürfen. Dann hättest du mit anderen Sündenträgern gelebt, wie es bei euch Sitte ist."
„Dennoch kann ich mich nicht einfach darüber hinwegsetzen", beharrte Genhered. „Ich muß mich meiner Bestimmung fügen, das ist nun einmal die Art meines Volkes."
„Ich kann dich verstehen", meldete sich der' Arkonide plötzlich aus dem Hintergrund. „Doch es gibt ein Prinzip, das höher steht, und das ist dein Lebenswille." Er näherte sich dem Nonggo, nur wenig kleiner als das spindeldürre Wesen. „Denk darüber nach, Genhered, was du willst. Wir respektieren deinen Wunsch - aber nur, wenn du dir sicher bist. Überlege gut, ob es einen Sinn hat, an den Sitten deines Volkes festzuhalten, obwohl du es nie mehr wiedersehen wirst. Zygonod und Galtarrad haben ohnehin gegen diese Prinzipien verstoßen, indem sie dich einfach zum Tode verurteilten. Wenn wir dich nicht rechtzeitig gefunden hätten
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