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193 - Kurs in den Untergang

193 - Kurs in den Untergang

Titel: 193 - Kurs in den Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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Mutationen, die wie Eichhörnchen mit Facettenaugen aussahen, waren der hydritischen Wissenschaft noch ein Rätsel: Manche Biologen mutmaßten, dass die drolligen Viecher mehr auf dem Kasten hatten als der Durchschnittsmensch. Quart’ol hielt das für übertrieben.
    Vermutlich waren sie einfach nur gute Beobachter und Imitatoren.
    Trotzdem: Seiner Meinung nach konnte es kein Fehler sein, einem Lebewesen freundlich zu begegnen. Er winkte dem Murgatroyd zu und aktivierte die Schachtbeleuchtung. Bevor der Deckel sich schloss, sah er, dass das Tier seinen Gruß mit erhobener Pfote erwiderte.
    Nun, ob sie neben Menschen, Hydriten und Daa’muren die vierte intelligente Rasse auf diesem Planeten waren, würde die Zeit irgendwann zeigen. Bis dahin galt es, kleine Brötchen zu backen und denen, die auf Erden das Sagen hatten, nicht die Munition zu liefern, die sie brauchten, um einen abzuschießen.
    So sehr es Quart’ol wurmte, dass die Wahrheit den Mächtigen nur dann in den Kram passte, wenn sie sich einen Vorteil von ihr versprachen: Er wusste, dass die Zeit der Extratouren erst einmal vorbei war. Er würde für die nächste Zeit das Leben eines Eremiten führen…
    Nun – seit er vor nunmehr sechs Jahren in diesen Klonkörper gewechselt war [4] , war er wieder jung. Gab es etwas Schöneres, als über das Wissen des Belesenen und Weitgereisten zu verfügen und dabei jung – und ohne elterliche Aufsicht zu sein? Ha! Quart’ol kam sich so verwegen vor, dass er mit der Zunge schnalzte.
    Doch alle Weisheit und Jugend nützte nichts, wenn man in halbdunklen Schächten wandelte, ohne die Augen aufzumachen: Mit einem Mal schoss ein armdicker, mit Saugnäpfen bestückter Fangarm aus der Tiefe und wickelte sich um seine Taille.
    Quart’ol glaubte im ersten Moment, er müsse ohnmächtig werden. Der Schreck lähmte seinen Verstand, und die Kraft der irgendwo am Boden des Schachtes nistenden Bestie riss ihn roh von den Beinen.
    Er hatte keine Ahnung, ob der Oktopus sich bedroht fühlte oder einen leckeren Imbiss in ihm sah; es machte auch keinen Unterschied. Er fühlte sich in die Luft gehoben. Als seine Beine den Kontakt mit dem Boden verloren, erwachte er aus der Starre. Seine Rechte griff nach hinten, erwischte den aus der schmalen Seitentasche des Rucksacks ragenden Griff des Blitzstabes und riss ihn heraus. Die Mündung der gefährlichen Waffe presste er auf den ihn haltenden Tentakel.
    Brzschschsch! Ein durch Mark und Bein gehendes Kreischen folterte Quart’ols Gehör. Er spürte das durch den Fangarm gehende Zucken in aller Deutlichkeit. Dann knallte sein Kopf gegen die Schachtwand und er sah nur noch blitzende Lichter. Immerhin ließ der Oktopus ihn los. Der Tentakel wurde pfeilschnell die Treppe hinab gezogen. Tief unter Quart’ol schepperte und krachte es, als würden metallene Türen aufgerissen und zugeschlagen.
    Er lag auf einem Treppenabsatz und schnappte nach Luft.
    Seine rechte Flosse krampfte sich um den Blitzstab, der den tückischen Angreifer vertrieben hatte. Das Hämmern in seiner Brust kam ihm sehr laut vor, und er brauchte eine Weile, bis er begriff, dass seine Sorglosigkeit ihn in diese Lage gebracht hatte.
    Er war in der Fremde – und allein. Nun galt es, sich zusammenzureißen und in jeder Lebensphase Ernsthaftigkeit walten zu lassen. Wenn er sein Volk je wieder sehen wollte, musste er beweisen, dass er kein Kindskopf war, sondern der seriöse Forscher, den die Spießer in Wissenschaftlern sehen wollten.
    Dabei wäre er zu gern mit Clarice, Vogler, Rulfan und dem mysteriösen Schwarzen in dem Luftschiff zum fünften Kontinent gereist. Er hätte wirklich gern gewusst, was sie dort erwartete und ob es ihnen gelingen würde, zu Aruula und seinem Seelenbruder Matthew Drax zu stoßen.
    Andererseits war auch die im Marianengraben liegende uralte Stadt Gilam’esh’gad ein Forschungsziel, das er sich auch unbedingt ein zweites Mal aus der Nähe anschauen wollte…
    Quart’ol rappelte sich auf und schritt zum Grund des Schachtes.
    Der Oktopus hatte das Weite gesucht. Quart’ol verfolgte seine nassen Spuren bis zu dem runden Loch in der untersten Sohle des Stationszylinders, in dem das Salzwasser schwappte, das ihn ins Innere geführt hatte.
    Ansonsten war die Station trocken. Die bionetischen Generatoren sprangen beim ersten Knopfdruck an und erfüllten alle Räumlichkeiten mit Licht. Glücklicherweise wirkte sich der weltweite EMP, der die Technik der Menschen unbrauchbar gemacht hatte, nicht auf die

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