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1946 - Der Fünfte Bote

Titel: 1946 - Der Fünfte Bote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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aussah wie eine Spirale ... wie eine Spiralgalaxis. Die Windung wurde größer, immer detailgetreuer. Myriaden von Sandkörnern verwandelten sich in Myriaden von Sonnen, und Ograkk wurde hineingezogen in diese Sterneninsel aus Sand, und seine Atemzüge wurden zu Protomaterie, die sich in einer Ewigkeit zusammenzog zu neuen Sonnen, und dann leuchteten immer mehr Sterne auf tausendfach stärker als zuvor, strahlten unendlich hell, so hell, dass der Attentäter die Augen schließen wollte, aber er konnte es nicht, und die Flammen der aufflackernden Sonnen verbrannten ihre Planeten zu Schlacke, und breite dunkle Korridore fraßen sich in die Galaxis aus Sand, Regionen, in denen es kein Leben mehr gab, und die ewige Einöde der verbrannten Zone sang ein trauriges Lied von untergegangenen Zivilisationen, verlorenen Hoffnungen, gnadenlos zertretenen Erwartungen, und Ograkk wollte schreien, konnte es aber nicht, und... ... die Stimme sagte: Wie wollt ihr das verhindern, wenn ihr nicht einmal untereinander eins seid? Wenn eure ganze Kraft gefordert ist, um dieses Schicksal zu vermeiden, und ihr sie verschwendet, indem ihr euch gegenseitig auslöscht? „Ich bin krank", flüsterte Ograkk. „Der Wahn zerfrisst meine Gehirnwindungen, und heute habe ich Visionen, morgen verliere ich jegliche Logik, und übermorgen weiß ich nicht mehr, wer ich bin." Du hast bereits jede Logik verloren, erklang es in seinem Kopf. Oder ist es etwa logisch, Zwistigkeiten mit Mord klären zu wollen? Wenn du jetzt abdrückst, wirst du dein Volk in einen Bruderkrieg stürzen, von dem es sich nie mehr erholen kann. Du musst wissen, was du tust, Ograkk. Du bist nur ein kleines Rad im großen Getriebe, ein von den Mächtigen gedungener Attentäter, aber wenn dieses Rad ausfällt, bleibt auch das Getriebe stehen, und die wahre Vernunft bekommt eine Chance, sich zu beweisen.
    Die Sandspirale wurde wieder diffus, zu einem Ball, dann zu einem formlosen Haufen, und der Sand, nichts als Sand, wirbelte um einen Gesteinsbrocken, der Ograkks Schädel ganz knapp verfehlte und neben ihm in die Tiefe stürzte. Der Attentäter krümmte den Finger um den Abzug seiner Waffe, zögerte dann aber. Tief in sich verspürte er etwas, das nichts mehr mit Logik zu tun hatte. Die Regung, das Gefühl, im Begriff zu sein, einen Fehler zu begehen. „Was soll ich tun?" flüsterte er. Die Stimme antwortete nicht. Plötzlich wusste Ograkk, er musste diese Entscheidung allein treffen. Er war für das verantwortlich, was er tat. Und er wünschte sich, so klein und unbedeutend wie ein Sandkorn zu sein.
    Mittag Grstrain kümmerte sich nicht mehr um das Eigelege. Grstrain vernachlässigte die vierundzwanzig Kinder, die noch bei ihnen lebten. Grstrain erfüllte nicht mehr die Pflichten, die sie in ihrer beider Gemeinschaft auf sich genommen hatte, die sie erledigen musste, während er außer Haus war und den seinen nachging. Ograkk fragte sich, ob Grstrain je wieder die kleinen, frisch aus den Eiern geschlüpften Gharrer säugen würde, die aus ihrer Verbindung hervorgehen würden. Ihre Vereinigung war sehr fruchtbar gewesen; sie ging schwanger mit dem zweiundzwanzigsten Groben Zehnt, und wenn das Gelege sich normal entwickelte, würden sie in gut drei Monaten den zweihundertsten Nachkömmling begrüßen können, der ihrer bei der Erbgut trug.
    So produktive Verbindungen waren selten geworden. Je mehr Gefühle die Gharrer entwickelten, desto weniger Nachwuchs schienen sie zu bekommen. Der Admiral wusste, dass die Vorstellung völlig falsch, unlogisch, ja sogar widersinnig war, denn einmal gelegte Eier wuchsen nicht, wurden nicht größer, doch die neun Stück des Geleges sahen aus, als wären sie vierzehn Stunden und keine vierzehn Tage alt. Unterentwickelt. Verkümmert. Seine Gefährtin interessierte sich nicht für sie. Seine Gefährtin interessierte sich für nichts mehr. Weder für geistige noch für körperliche Genüsse. Grstrain war nur noch darauf bedacht, sich die Geschmacksorgane ihres wunderbaren, fast einen Viertelmeter langen Mundes mit ammoniakweißem Eiskristall zu verätzen. „Hast du mich völlig vergessen, Grstrain?" fragte er. „Weißt du nicht mehr, was zwischen uns war? Auch wenn wir beide zuvor sehr beansprucht waren und weniger zusammen- als nebeneinander herlebten, du kannst doch nicht alles aufgeben, was dir je wichtig gewesen ist. Ich würde es ja verstehen, wenn du einen neuen Lebensinhalt gefunden hättest, mit der Vergangenheit brechen und etwas anderes

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