1955 - Kampf um Thagarum
fünfzig Personen", eröffnete der Stellvertretende Feuerleitchef der MERLIN seinen Begleitern. „Drei Stunden müßten reichen, bis wir uns gleichmäßig um das Kampfgebiet herum verteilt haben. Wir überfliegen den äußeren Belagerungsring und landen im Rücken der Verteidiger."
„Worauf willst du hinaus?" erkundigte sich Victor Lezla, eine Sprengstoffspezialistin’ aus der KENNON. „Eine zweite Front aufmachen bringt höchstens kurzfristig einen Vorteil."
„Natürlich! Wir bilden auch keine Frontlinien zu je fünfzig Personen, sondern teilen uns in kleine Gruppen, die nach dem Nadelstich-Prinzip verfahren. Oberste Maßgabe bleibt, daß wir nicht entdeckt werden.
Also keine direkten Eingriffe, keine Zusammenstöße mit Algiotischen Wanderern und kein Gebrauch von Waffen. Wir sabotieren, vertauschen Kontakte, stellen alles mögliche an. Sollen die Tazolen, Saggarer, Voranesen und wie sie alle heißen ruhig glauben, daß es auf Thagarum Gespenster gibt. Was die im Orbit da oben mit den Virtuellbildnern schaffen, können wir schon lange."
„Und du denkst, das hilft?"
„In diesem Fall ist es besser als eine Ladung Dynamit."
Die Frau gab nicht zu erkennen, ob sie mit ihm einer Meinung war. Er quittierte es mit einem Räuspern.
„Wenn keiner Einwände hat, schwärmen wir aus. In genau sechs Stunden treffen wir uns an dieser Stelle zum Rapport. Sollte zu diesem Zeitpunkt hier Kampfgebiet sein, dann sucht ihr folgende Koordinaten auf."
Wynes nannte einen Ort, achtzig Kilometer nordwestlich und weit außerhalb des Schlachtfeldes gelegen.
Die Einteilung der Gruppen und die Flugrichtung überließ er dem Pikosyn. Die Miniatursyntrons der SERUNAnzüge kommunizierten miteinander und stimmten sich ab. Augenblicke später verließen sie gruppenweise ihre Positionen und verschwanden hinter den Gasschwaden.
Patrick Wynes entschied sich, mit seiner Gruppe den weitesten Weg zurückzulegen und in einem Bogen um die Station und die Kampfzone herumzufliegen. Zwei Stunden benötigten sie, bis sie die Region im Osten der Schlucht erreichten, in die die Station wie ein stufenförmiger Damm hineingebaut war. Um sie lagen die Überreste eines von den Naturgewalten erst porös gemachten und dann zerstörten Vorgebirges. Die teilweise riesigen Trümmerfelder von bis zu dreihundert Metern Höhe boten ihnen ausreichend Deckung, um bis zum Kampfgebiet vorzurücken.
Die Gruppe trennte sich. Zwei Männer und eine Frau blieben beim Stellvertretenden Feuerleitchef der MERLIN. Die übrigen verteilten sich gleichmäßig hinter den aufragenden Felsbrocken.
In diesem Bereich der Oberfläche lag die Sicht unter zehn Metern. Zwischen den Schründen und in den Schluchten hingen dichte Gasschwaden. Kein Wind vermochte sie zu zerreißen oder gar hinauszutreiben.
Die SERUNS orteten permanent. Dadurch erhielten die Insassen ein ungefähres Bild von der Situation.
Etwa zwanzig Kilometer vom Standort der Gruppe entfernt rannten tausend Gharrer in ihren blauen Kampfanzügen gegen eine Bastion aus siebentausend Algioten an. Die Geschützstationen des äußeren Belagerungsrings spien Feuer und Verderben. Daß sich die Verluste bei den Gharrern und Maahks in minimalen Bereichen bewegten, verdankten sie ihrer Defensivtechnik, den Schutzanzügen und der Unübersichtlichkeit des Geländes.
Wynes musterte aus leicht zusammengekniffenen Augen die Reliefkarte, die der Pikosyn in Gestalt eines Hologramms auf die Innenseite seiner Helmscheibe projizierte. Seine Begleiter erhielten dieselbe Darstellung. Sie berieten sich.
„Wir nehmen die Schlucht, die in fünf Kilometern Entfernung nach rechts abzweigt", entschied Wynes, als sich keine Einigung abzeichnete. „Dort gelangen wir bis auf vier Kilometer an die Kämpfenden heran. Es sieht aus, als würden sich die Gharrer aus diesem Bereich zurückziehen. Sie haben eingesehen, daß ein Durchkommen unmöglich ist."
Die SERUNS stiegen auf eine sichere Flughöhe von zwanzig Metern über Grund auf und beschleunigten. Zwei weitere Stunden benötigte die Gruppe, bis sie sich dem Gelände so weit genähert hatte, daß die Methanschwaden das Zischen der Geschütze und das Krachen explodierender Gesteinsmassen bis zu ihnen vordringen ließen.
Die Gharrer und Maahks griffen erneut an, diesmal mit einem stärkeren Verband. Unterstützt wurden sie durch zweihundert kleine, flugfähige Einheiten.
„Zwei Kilometer nördlich der Kampfzone bleibt es ruhig", erkannte Wynes. „Dort setzen wir an."
Dicht am Boden
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