1955 - Kampf um Thagarum
bewegten sich im Zickzack auf ihre Ziele zu.
Ganzetta folgte im Spurt. So schnell ihn seine Füße in dem klobigen Anzug trugen, hielt er auf die Projektorstation zu. Der Container besaß keine Fenster und nur eine einzige Tür. Abwehranlagen waren nicht zu erkennen. Über seinem Dach ragte die Wölbung des Projektorkopfes auf.
„Wenn niemand die Anlagen verteidigt, nehmen wir sie eben kampflos", murmelte er.
Daß es doch nicht ganz so einfach war, wie er es sich vorstellte, merkte er Augenblicke später. Kurz vor dem Container und mitten im Lauf prallte er gegen ein unsichtbares Hindernis.
*
Tuyula Azyk richtete sich ruckartig auf. Sie lauschte, aber da war nichts, kein Geräusch, keine Stimme.
Sie hatte schlecht geträumt.
Langsam sank sie in die flauschigen Federn ihres warmluftdurchwehten Bettes zurück; sie hatte sich in den letzten Jahren gerne an den terranischen Luxus gewöhnt.
„Wo ist meine kleine Tuyula? Was will das Flackern mir sagen? In meinem Kopf ist höllischer Schmerz. Etwas bohrt darin wie in einer Wand. Alles dröhnt. Ich ... ich ..."
Diesmal war Tuyula mit einem Satz aus dem Bett. Sie stieß die angelehnte Tür zum Wohnzimmer auf und befahl: „Licht!"
Die Beleuchtung flammte auf. Zwischen den Sitzmöbeln und dem Ausgang stand ein Wesen, das mehr einem Monster denn einem Menschen glich. Körper und Kopf waren aufgequollen. Die Haut besaß überall Rötungen, aus denen sich Beulen zu entwickeln schienen. Nur die Augen waren normal und blinzelten in das grelle Licht.
Es waren die Augen von Vincent Garron ...
„Vince!" schrie Tuyula in höchster Not. „Was haben sie mit dir gemacht?"
Ihre Beine gaben nach. Sie sank zwischen die Sessel und klammerte sich krampfhaft fest.
„Mit mir gemacht?" klang es dumpf aus dem verschwollenen Mund mit den geplatzten Lippen.
„Niemand hat etwas mit mir gemacht. Es kommt alles aus mir selbst. Hilf mir, Kleines. Ich habe Angst."
Er sank zu Boden. Tuyula rannte um ihn herum, nervös und ratlos. Sie schrie auf ihn ein, stellte ihm Fragen und verzweifelte fast, weil er nicht antwortete.
„Du bist nicht böse." Ihr Stimme bebte vor Aufregung. „Ich sehe es dir an. Du bist krank. Du brauchst Hilfe."
Panik kroch in ihr hoch. Sie schlug auf den Servo in der Wand ein. Dieser sollte endlich den Arzt verständigen. Die Antwort, daß das und vieles mehr bereits geschehen waren, verstand sie nicht. Ihre Ohren waren wie taub. Sie jammerte und zeterte, und gleichzeitig hielt irgend etwas sie davon ab, den gemarterten Körper des Mannes zu berühren.
„Hilfe ist unterwegs", stammelte sie. „Halte aus! Gleich ist es vorbei."
„Nein, nein. Bemühe dich nicht." Garron klang überraschend klar: „Es gibt kein Entrinnen. Meine Tuyula, ich muß da durch. Ich kann dieser Hölle nicht entfliehen. Sie ist für mich gemacht, für sonst niemanden."
Draußen auf dem Korridor erklangen Kommandos. Eine laute Stimme schrie dazwischen, es polterte an der Wand.
„Doktor Mangana kommt", meldete der Servo. „Ich öffne."
Einen Augenblick später stand der Arzt im Zimmer und verriegelte hastig die Tür. .
„Schnell, gib deinen Kode ein. Sperr ab!" rief er ihr entgegen.
Tuyula Azyk verhaspelte sich zweimal, ehe es klappte. Gerade noch rechtzeitig rastete die elektronische Verriegelung ein. Das Sensorfeld draußen war gesperrt, niemand konnte mehr herein.
„Misur?" fragte die junge Blue und zog den Arzt zu Garron.
„Diesmal ist es Esprot persönlich. Er befehligt eine Eingreiftruppe von zwanzig Mann. Der Kommandant hat die Angelegenheit zur Chefsache erklärt."
„Öffnet, oder wir zerschießen die Tür!" klang eine Stimme auf.
„Wenn ihr das tut, bringt ihr uns um", antwortete Mangana. „Wir stehen unmittelbar dahinter."
„Dann geht zur Seite!" Das war Kalle Esprot.
„Wir kümmern uns um den Kranken. Er liegt am Boden."
„Der Teufel soll euch holen."
Julio Mangana sparte sich eine Antwort. Er zog den Allzweck-Analysten aus dem Gürtel und legte ihn Garron auf die Brust. Winzige Tentakel schlängelten sich wie Würmer über den Körper des Mutanten, maßen Pulsschlag, Blutdruck und Schweißbildung.
An geröteten Stellen und Schwellungen entnahmen sie winzige Gewebeproben. Nach einer ersten Analyse stellten sie einen Medikamentencocktail zusammen und jagten eine kleine Dosis davon in die rechte Armvene.
Sekunden nur dauerte es, bis sich der Körper Garrons entspannte. Er seufzte und ließ den Kopf zur Seite sinken.
„Danke", murmelte er.
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