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1956 - Das Haus der Nisaaru

Titel: 1956 - Das Haus der Nisaaru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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den Befehl zum Abflug geben, als sich auf einmal ihre ganze Wahrnehmung veränderte. Es schien in diesem Moment, als würde alles ganz langsam werden. Der Kommandant sah seine eigene Hand, wie sie sich in Zeitlupe bewegte.
    Was ist denn jetzt los? dachte er verblüfft. Ist mir die Hand eingeschlafen? Er versuchte nun, seine andere Hand zu bewegen. Er erreichte damit dasselbe Ergebnis: Sie hob sich nur wie in Zeitlupe. Er versuchte zu sprechen, aber die Stimmbänder versagten. Selbst das Atmen durch den Mund wurde sehr mühsam, deshalb schloss er die geöffneten Lippen wieder. Was zum Teufel ist hier los? schoss es ihm durch den Kopf. Wenn das so weitergeht, werde ich langsam ersticken! Die ganze Situation wirkte auf ihn wie absurd - das ganze war unmöglich. Während der Körper sich plötzlich nur noch in Zeitlupe bewegen konnte, verarbeiteten Geist und Augen weiterhin in der normalen Zeit alle Eindrücke.
    Das Gehör machte allerdings nicht mit. Hermon vernahm ein unangenehmes, schwirrendes Rauschen und Pfeifen, das ihn über kurz oder lang vermutlich zum Wahnsinn treiben würde. Als der Arkonide den Kopf drehen wollte, gelang ihm auch das nur unendlich langsam und kostete ihn beinahe übermenschliche Kraft. Tatsächlich aber konnte er die Augäpfel ohne Schwierigkeiten bewegen. Als seine Besatzungsmitglieder endlich ins Sichtfeld kamen, sah er an ihren hektischen Augenbewegungen, dass es ihnen ebenso erging. Er sah und dachte in normaler Geschwindigkeit, aber sein Körper machte nicht mit. Rhoas und Surens Augen waren aufgerissen und glänzten feucht vor Erregung und Panik. Hermon spürte, wie seine eigenen Augen ebenfalls Sekret absonderten.
    Er dachte fieberhaft nach, suchte nach einer Erklärung, einer Erlösung aus diesem grauenhaften Zustand. Dann hatte er plötzlich das Gefühl, als würde ein Schatten über ihn fallen. Das Licht in der Zentrale wurde seltsam dunkel, und ein eisiger Hauch schien ihn anzuwehen. Wäre er in der normalen Zeit gewesen, hätte Hermon jetzt vermutlich mit den Zähnen geklappert. In seinem ganzen Leben hatte er keine solche Kälte gespürt, die noch seine Knochen durchdrang und ihn geradezu versteinerte. Er richtete die Augen auf das hinter den Kontrollen errichtete Holorama, das fast die ganze Breite der Zentrale einnahm. Und auch dort draußen wurde es auf einmal dunkel.
    Teile des Planetarischen Nebels erloschen, als etwas Monströses daran vorbeizog - oder von innen herauskam, das konnte Hermon nicht erkennen. Es war etwas Gigantisches, fast Unsichtbares. Ein riesiger Schatten, mehrere Kilometer lang und vielleicht einen Kilometer breit - mehr Konturen konnte der arkonidische Kommandant nicht erkennen. Seine Augen tränten jetzt so heftig vor Erregung, dass er blinzeln musste, um überhaupt etwas zu erkennen. Der titanische Schatten war inzwischen so nahe, dass er nacheinander alle Sterne und auch den Nebel im Hintergrund auslöschte. Er nahm den gesamten Schirm mit seiner Größe ein.
    Käme ich nur an die Kontrollen, um den Ausschnitt solange zu verkleinern, bis das Ding auf ein erträgliches Maß geschrumpft ist! dachte Hermon in ohnmächtiger Verzweiflung. Es wurde noch kälter und noch dunkler, obwohl eine Steigerung unmöglich erschienen war. Hermon spürte, wie ihm die Sinne schwanden. Seine Lungen bekamen zu wenig Sauerstoff, und er konnte die Kälte nicht mehr ertragen. Er hatte fast das Gefühl, als würde ihm die Tränenflüssigkeit noch auf den Augen gefrieren. Halb bewusstlos registrierte er, dass am unteren Rand des Holoramas auf einmal ein heller Schimmer auftauchte, der sich rasch vergrößerte.
    Dann war auf einmal alles vorbei. Hermon blinzelte und nahm einen tiefen Atemzug. Das Gefühl der Lähmung und Verlangsamung verflüchtigte sich rasch, und das betäubende Rauschen in seinen Ohren wurde zu verständlichen Tönen und Worten. Langsam wich die Kälte aus seinen Gliedern. Das Holorama zeigte wieder den freien Blick auf den Nebel und die Sterne daneben. Hermon wischte den Rest Feuchtigkeit von der Wange und richtete sich auf. Die gesamte Besatzung traf sich in der Zentrale, einschließlich Tuyula Azyk und Darla Markus. Nur Vincent Garron war auf der Station geblieben.
    Alle redeten aufgeregt durcheinander. Den Gesprächen konnte Hermon entnehmen, dass jeder von ihnen dasselbe durchlebt hatte und eine Erklärung dafür suchte. Offensichtlich hatte niemand einen Schaden erlitten. Ein Blick auf die Zeiteinstellungen sagte ihm, dass etwa zehn Minuten seit Beginn

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