Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
Vom Netzwerk:
Polizei mitgenommen hat, oder?«
    Sie blendete mich mit der Taschenlampe. »Ich kümmere mich um meinen eigenen Kram, Mr. Dunford. Das wissen Sie.«
    »Das weiß ich.«
    »Sie haben mir allerdings geschworen, sie haben geschworen, sie würden alles so zurücklassen, wie sie es vorgefunden haben. Nun schau sich mal einer diese Unordnung an. Sieht es in den anderen Zimmern auch so aus?«
    »Nein. Nur hier«, antwortete ich.
    »Na ja, ich nehme an, sie haben sich für das Zimmer hier besonders interessiert«, sagte Enid Sheard und fuhr mit der Taschenlampe wie mit einem Suchscheinwerfer von einer Ecke zur anderen.
    »Wissen Sie, was hier fehlt?«
    »Mr. Dunford! Ich habe bis zum heutigen Tage noch nie einen Fuß in Mr. Goldthorpes Zimmer gesetzt. Ihr Schmierfinken. Schmutzige Gedanken wie in der Gosse, allesamt.«
    »Tut mir leid. Das meinte ich damit nicht.«
    »Sie haben alle seine Zeichnungen und Tonbänder mitgenommen, soviel weiß ich.« Der weiße Lichtstrahl landete auf dem Tonbandgerät. »Ich habe gesehen, wie sie das Zeug hinausgetragen haben.«
    »Hat Mr. Goldthorpe nie erwähnt, was auf den Bändern war?«
    »Vor ein paar Jahren hat Mary mir mal verraten, daß er Tagebuch führte. Und ich weiß noch, ich sagte, er schreibt wohl gerne, oder? Und Mary erwiderte, er schreibt kein Tagebuch, er spricht es auf Band.«
    »Hat sie gesagt, was er …«
    Der Schein der Taschenlampe traf mich mitten in die Augen.
    »Mr. Dunford, wie oft soll ich es noch sagen? Sie hat es nicht gesagt, und ich habe nicht gefragt. Ich …«
    »Ja, ich weiß, Sie kümmern sich um Ihren eigenen Kram.« Mit dem Reiseführer halb unter dem Hemd, halb in der Hose, nahm ich ungeschickt die Kerze hoch, »ich danke Ihnen, Mrs. Sheard.«
    Draußen im Flur blieb Enid Sheard vor der Tür zum Vorderzimmer stehen. »Waren Sie dort schon drin?«
    Ich starrte die Tür an. »Nein.«
    »Aber da …«
    »Ich weiß«, flüsterte ich und stellte mir vor, wie Mary Goldthorpe an ihrem eigenen Nylonstrumpf im Kamin hing und die Hirnmasse ihres Bruders an drei Wänden klebte. Ich sah auch Paula Garlands Mann in diesem Zimmer.
    »Ziemlich überflüssiges Unterfangen, wenn Sie mich fragen«, murmelte Enid Sheard.
    In der Küche machte ich die Hintertür auf, pustete die Kerze aus und stellte die Untertasse auf die Spüle.
    »Kommen Sie auf eine Tasse Tee zu mir«, sagte Enid Sheard schloß die Hintertür ab und steckte den Schlüssel in die Schür, zentasche.
    »Nein, danke. Ich habe Sie an diesem Sonntag schon über Gebühr in Anspruch genommen.« Das große Buch grub sich mir in den Bauch.
    »Mr. Dunford, Sie mögen ja vielleicht Ihre geschäftlichen Angelegenheiten auf der Straße durchführen, ich aber nicht.«
    Ich lächelte. »Tut mir leid, ich verstehe nicht ganz.«
    »Mein Geld, Mr. Dunford.«
    »Ach ja, natürlich. Tut mir leid. Ich muß morgen noch einmal mit einem Photographen vorbeikommen. Ich werde Ihnen dann einen Scheck geben.«
    »Bares, Mr. Dunford. Mr. Sheard hatte kein Vertrauen zu den Banken und ich auch nicht. Also hundert Pfund in bar.«
    Ich ging den Gartenweg entlang. »Hundert Pfund in bar, Mrs. Sheard, abgemacht.«
    »Und ich verlasse mich darauf, daß Sie diesmal soviel Anstand besitzen und anrufen, ob es mir paßt«, rief Enid Sheard.
    »Also wirklich, Mrs. Sheard. Was denken Sie denn?« rief ich zurück und lief los; am Anfang der Hauptstraße kam gerade der Bus, der Reiseführer stieß mich in die Rippen.
    »Hundert Pfund in bar, Mr. Dunford.«
     
     
    »Na, machst du dir ‘ ne schöne Zeit?«
    20.00 Uhr. Presseclub, in Sichtweite der zwei steinernen Löwen, in der Innenstadt von Leeds.
    Kathryn bestellte sich einen Cider, ich hielt mich an meinem Glas fest.
    »Wie lange bist du schon hier?« fragte sie.
    »Seit sie aufgemacht haben.«
    Die Barkeeperin lächelte Kathryn an und formte tonlos:
    »sechs Uhr«, als sie ihr das Glas gab.
    »Wie viele hast du schon intus?«
    »Nicht genug.«
    Die Barkeeperin reckte vier Finger hoch.
    Ich schaute sie mürrisch an und sagte: »Komm, wir suchen uns einen Tisch.«
    Kathryn bestellte noch zwei Drinks und folgte mir in die dunkelste Ecke des Presseclubs.
    »Du siehst nicht besonders gut aus, mein Lieber. Was ist los ?«
    Ich seufzte und nahm mir eine Zigarette aus ihrer Schachtel.
    »Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.«
    Die Jukebox spielte Life on Mars. »Laß dir Zeit. Ich hab’s nicht eilig«, sagte Kathryn und legte ihre Hand auf meine.
    Ich zog meine Hand weg. »Warst du heute im

Weitere Kostenlose Bücher