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1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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Büro war mehr trocken, als Bill fertig war. Ziemlich bewegend.«
    »Wirklich? Das ist …« sagte Tom.
    Jack Whitehead beugte sich zu meinem Ohr vor, sprach abergenauso laut weiter. »Hätte dir auch einen Weg erspart, du Knalltüte.«
    Ich schaute nach vorn. »Warum?«
    »Mr. Hadden möchte dich sprechen, du Knalltüte. Pronto, umgehend, auf der Stelle, und so weiter.«
    Ich konnte spüren, wie sich mir Jacks Grinsen in den Hinterkopf bohrte.
    Ich stand auf, ohne Gilman oder Tom anzuschauen. »Ich ruf ihn an.«
    »Tu das. Ach, noch was, Knalltüte.«
    Ich drehte mich um und sah zu Jack herab.
    »Die Polizei sucht dich.«
    »Was?«
    »Du warst doch mit Barry saufen, hab ich gehört.«
    »Blödsinn.«
    »Wichtiger Zeuge. Wie viele habt ihr denn gekippt?«
    »Du kannst mich mal.«
    »Tja«, sagte Jack augenzwinkernd und sah sich im überfüllten Raum um. »Sieht so aus, als wärst du zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Zur Abwechslung mal.«
    Ich drückte mich an Tom vorbei und eilte, so schnell ich konnte, bis zum Ende der Sitzreihe.
    »Ach, noch was, Knalltüte.«
    Ich wollte mich nicht mehr umdrehen. Ich wollte nicht schon wieder dieses beschissene Grinsen sehen. Ich wollte nicht schon wieder fragen. »Was?«
    »Herzlichen Glückwunsch.«
    »Was?« fragte ich schon wieder und war gefangen zwischen den Beinen der Zeilenschinder und der Stühle.
    »Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen.«
    Ich war die einzige stehende Person im Raum, die nicht Techniker oder Bulle war, die einzige Person, die fragte: »Wie bitte?«
    »Das Tapsen von kleinen Füßchen und so weiter?«
    »Wovon zum Teufel redest du?«
    Alle im Raum Anwesenden sahen zwischen Jack und mir hin und her.
    Jack legte seine Hände in den Nacken und gab sein bestes Bühnenlachen. »Nun sag einer, ich war’ nicht schneller als der Sensationsreporter gewesen.«
    Alle lächelten mit Jack.
    »Deine Freundin, Dunston?«
    »Dunford«, erwiderte ich unwillkürlich.
    »Wie auch immer«, sagte Jack.
    »Was ist mit ihr?«
    »Hat Stephanie heute morgen erzählt, ihr sei schlecht. Aber das sei wohl etwas, an das sie sich gewöhnen müsse.«
    »Du machst Witze«, sagte Tom aus Bradford.
    Gilman sah zu Boden und schüttelte den Kopf hin und her.
    Ich, Edward Dunford, die glühendste Birne von Nordengland, stand dumm da, und alle Augen im Raum, überregionale und lokale Presse, starrten mich an.
    »Und?« erwiderte ich lahm.
    »Ich hoffe doch, du wirst sie nicht entehren?«
    »Ehre? Was zum Henker weißt du schon über Ehre?«
    »Wer wird denn gleich in die Luft gehen?«
    »Leck mich.« Ich schob mich weiter die Reihe entlang. Es dauerte eine Ewigkeit, bis ich am Ende angelangt war. Gerade lang, genug, daß Jack erneut einen Lacher plazieren konnte.
    »Also ich weiß ja nicht, diese Jugend von heute.«
    Der ganze Raum grinste und kicherte.
    »Ich glaube, Mrs. Whitehouse hat recht.«
    Der ganze Raum lachte mit Jack.
    »Diese freizügige Gesellschaft, das ist es doch. Ich, ich hab’s da eher mit Keith Joseph. Alle sterilisieren und fertig.«
    Der ganze Raum lachte schallend.
    Hundert Jahre später war ich am Ende der Reihe angelangt und trat in den Mittelgang.
    Jack Whitehead rief: »Und vergiß nicht, dich bei der Polizei zu melden.«
    Der ganze Raum johlte vor Vergnügen.
    Ich drückte mich an den zwinkernden Bullen und grinsenden Technikern vorbei und kam zum hinteren Ende des Raums.
    Ich wollte mich nur noch klein machen und dann sterben.
    Es gibt einen Knall.
    Der ganze Raum verstummt.
    Die Nebentür vorn schlägt zu.
    Ich drehe mich um.
    DCS George Oldman und zwei weitere Männer in Anzügen betreten den Raum.
    Ich drehe mich mit knallrotem Gesicht noch einmal um und werfe ihm einen letzten Blick zu.
    Oldman ist um hundert Jahre gealtert.
    »Vielen Dank, daß Sie gekommen sind, meine Herren. Wir machen es so kurz wie möglich, da Sie ja alle wissen, wo wir jetzt lieber wären. Der Gentleman rechts neben mir ist Dr. Coutts, der Pathologe des Innenministeriums. Er hat die Obduktion durchgeführt. Zu meiner Linken sitzt Detective Superintendent Noble, der zusammen mit mir die Suche nach dem Mörder oder den Mördern der kleinen Clare Kemplay leiten wird.«
    DS Noble starrt mich unverwandt an.
    Ich weiß, was kommt; ich habe bis zum Ende meines Lebens mehr als genug davon.
    Ich drehe mich um und verschwinde durch die Doppeltür.
     
    »Und Barry soll betrunken gewesen sein?«
    Der Regen floß innen an der Telefonzellentür herab und bildete eine Pfütze rund

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