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1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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Zufahrt geparkt und durch die Frontscheibe zur Villa hinaufgespäht. Hatten sie Sandwiches und eine Thermoskanne dabei? Hoffentlich nicht, verdammt. Nein, wahrscheinlich fuhren sie auf dem Weg zurück nach Ossett auf ein Eis bei Lumbs vorbei. Ich sah meine Eltern in ihrem Wagen auf der Barnsley Road sitzen und stumm ihr Eis essen.
    Als sie wieder zu Hause waren, hat sich mein Vater bestimmt hingesetzt und geschrieben. Am Vortag war er sicher erst bei Huddersfield Town gewesen, falls es ein Heimspiel gewesen war, und er hatte sicher erst darüber geschrieben, bevor er seinen bescheidenen Kommentar zu Shangrila und Mr. John Dawson abgab.
    1970, ein Jahr vor der Fleet Street, hockte ich in meiner Bude mit Meeresblick in Brighton, überflog den wöchentlichen Brief aus dem Norden, den die Mädchen aus dem Süden namens Anna oder Sophie so herzig fanden, warf den halbgelesenen Brief in den Papierkorb und war heilfroh, daß die Beatles aus Liverpool stammten und nicht aus Lambeth.
    1974 saß ich in demselben Wagen am Fuße derselben Zufahrt, starrte durch den Regen hinauf zu demselben weißgestrichenen, Bungalow und wünschte mir, ich hätte den bescheidenen Kommentar meines Vaters zu Shangrila und Mr. John Dawson gelesen.
    Ich öffnete die Wagentür, zog mir die Jacke über den Kopf und fragte mich, warum zum Teufel ich mir überhaupt die Mühe gemacht hatte, herzufahren.
     
    Inder Auffahrt standen zwei Wagen, ein Rover und ein Jaguar, doch niemand ging an die Tür.
    Ich klingelte erneut und sah durch den Regen zum Viva, der hinter dem Garten mit dem Teich an der Straße stand. Ich glaubte, zwei, drei fette Goldfische im Teich zu erkennen. Ich fragte mich, ob sie Regen mochten oder ob er ihnen völlig gleichgültig war.
    Ich wandte mich wieder zur Tür, um ein letztes Mal zu klingeln, und sah mich direkt dem unfreundlichen Gesicht eines untersetzten Mannes gegenüber, braungebrannt und gekleidet, als wolle er zum Golfspielen gehen.
    »Ist Mrs. Dawson zufällig daheim?«
    »Nein«, sagte der Mann.
    »Wissen Sie, wann sie zurück ist?«
    »Nein.«
    »Wissen Sie, wo ich sie wohl antreffen kann?«
    »Nein.«
    »Ist Mr. Dawson daheim?«
    »Nein.«
    Irgendwie kam mir das Gesicht bekannt vor. »Ich möchte Sie nicht länger belästigen, Mr. Foster. Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
    Ich drehte mich um und ging davon.
    Auf halbem Wege schaute ich zurück und sah, wie sich ein Vorhang bewegte. Ich wandte mich nach rechts und überquerte die weiche Rasenfläche zum Teich. Die Regentropfen bildeten wunderschöne Muster auf der Wasseroberfläche. Die leuchtend orangefarbenen Fische im Wasser rührten sich nicht.
    Ich drehte mich um und besah mir Shangrila im Regen. Die kurvigen weißen Gebäudefronten erinnerten an Austernschalen oder dieses blöde Opernhaus von Sydney. Und dann fiel mir der bescheidene Kommentar meines Vaters zu Shangrila und Mr. John Dawson wieder ein:
    Shangrila sieht aus wie ein schlummernder Schwan.
     
    Mittag.
    Willman Close, Pontefract.
    Es klopfte an der beschlagenen Scheibe des Viva. Ich kehrte mit einem Schreck in die Wirklichkeit zurück und kurbelte die Scheibe herunter.
    Paul Kelly beugte sich herab. »Echt schlimm, das mit Barry, hm?« Er war außer Atem und hatte keinen Regenschirm dabei.
    »Ja«, sagte ich.
    »Hab gehört, ihm hat’s den Kopf glatt abgetrennt.«
    »Sagt man.«
    »Scheiß Tod. Und dann auch noch im bescheuerten Morley.«
    »Ja, ich weiß.«
    Paul Kelly grinste. »Hier drin stinkt’s, Mann. Was zum Teufel hast du denn getrieben?«
    »Hab’n Schinkensandwich gegessen. Vorsicht«, sagte ich, kurbelte das Fenster hoch, aber nicht ganz zu, und stieg aus.
    Scheiße.
    Paul Kelly, der Photograph. Cousin des berühmteren John und dessen Schwester Paula.
    Es regnete noch stärker, und mein verdammter Verfolgungswahn wuchs mit ihm:
    Warum Kelly, nicht Dicky oder Norm?
    Warum ausgerechnet heute?
    Zufall?
    »Welches Haus?«
    »Was?« fragte ich, schloß den Wagen ab und zog mir die Jacke über den Kopf.
    »Das Haus der Goldthorpes.« Kelly besah sich die Bungalows. »Welches ist es?«
    »Hausnummer 6.« Wir überquerten die Straße und gingen zu den Häusern am Ende der Sackgasse.
    Kelly zog einen großen japanischen Photoapparat aus der Tasche. »Und die alte Schachtel wohnt in der 5?«
    »Ja. Hat Hadden dir das Geld für sie mitgegeben?«
    »Ja«, antwortete Kelly und verbarg die Kamera in seiner Jacke.
    »Wieviel?«
    »200.«
    »In bar?«
    »Genau«, sagte Kelly und klopfte sich auf die

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