1976 - Die Sonnenwürmer
elektromagnetischen Wellen verarbeiten und reflektieren, Sonnenenergie in großer Menge speichern, gebündelt abstrahlen und in Hyperenergie umwandeln", sagte er, während vor ihm eine Körperwand empor fuhr und weitere darin eingelassene technische Instrumente enthüllte. „Wir hätten diese Eigenschaften niemals einfach so erzeugen können, doch es war kaum ein Problem, die natürlichen Körperanlagen der drei Guana, die du uns gebracht hast, genetisch weiterzuentwickeln." Vor dem Wissenschaftler erhellte sich ein Hologramm und zeigte die gewaltige Wüstenlandschaft in der obersten Etage des Forschungszentrums. Zu seinem Erstaunen kam Verhaanda die seltsame Mischung aus natürlicher und technischer Umgebung keineswegs befremdlich oder gar unheilig vor, sondern faszinierend und angenehm. „Und diese Veränderungen hast du in weniger als einem Jahrhundert bewirkt?"
„Du warst lange nicht mehr in der Heimat, nicht wahr?"
„Nein", gab Verhaanda zu. „Ich habe fast einhundert Jahre lang die Randbezirke von Louipaz erforscht."„Dann bereite dich auf eine Überraschung vor. Und auf einen leichten Schmerz. Keine Bange", sagte Guanaar, als sein Artgenosse ihn fragend ansah. „Er ist durchaus auszuhalten. Aber wenn man ihn noch nie empfunden hat, ist die Überraschung schlimmer als die eigentliche Wahrnehmung. Wir arbeiten daran, wir arbeiten daran und ..." Er hantierte an Kontrollen, die der Wurm aus seinem Körper ausgefahren hatte, so dass sie in bequemer Reichweite seiner Tentakel waren. „Noch ein paar Jahre, und wir haben diese unangenehme Begleiterscheinung abgestellt."
Trotz der Warnung schrie Verhaanda laut auf, als das Holo vor ihm plötzlich schwarz wurde und ein heftiges Zerren sich von seinem Kopf und Nacken über den gesamten Körper ausbreitete bis in die Spitzen aller zehn Tentakel. Dieses Gefühl war ihm völlig unbekannt. Er hatte den Eindruck, als sei sein Körper bis ins letzte Atom auseinandergenommen und ohne Zeitverlust wieder zusammengesetzt worden. „Was ... was ist geschehen?" fragte er. Guanaar deutete auf das Halo. Es blieb schwarz, doch als Verhaanda die Augen zusammenkniff, erkannte er, dass keineswegs eine Störung des Systems vorlag, sondern dass das Holo nun eine ganz andere Umgebung zeigte.
Im Hintergrund flimmerten einige helle Punkte, und in der unteren rechten Ecke der Darstellung war ein gekrümmter Streifen auszumachen, der in einem dunklen Blau schimmerte. Sie befanden sich im Weltraum. Im Orbit um einen Planeten. Wahrscheinlich Ohmgara. „Vergrößerung", sagte Guanaar, und unvermittelt erschien ein helles Leuchten in der Mitte des Holos. Eine Flimmersphäre. Die LHAMAAR. „Wirklich erstaunlich, nicht wahr?" sagte Guanaar. „Wir haben die Hyperraum-Affinität deiner drei Prototypen gezielt weiterentwickelt. Die Guana können den Hyperraum als Transportmedium nutzen! Vorerst nur über kurze Entfernungen, aber wir arbeiten daran, wir arbeiten daran. Wenn es uns gelingt, diesen Entzerrungsschmerz zu beseitigen und ihre Reichweite zu steigern ..."
Verhaanda fand keine Worte, doch Guanaar erwartete auch gar keine. „Stell dir das nur vor!" fuhr er fort. „Lebende, organische Raumschiffe, die eine Symbiose mit ihrer Besatzung eingehen und ihr ideale Lebensbedingungen bieten! Wir könnten sämtliche Planeten aufgeben und endlich nur noch im All leben, in autarken, semiintelligenten Gebilden, die energetische Selbstversorger sind!" Und wenn diese organischen Schiffe schließlich genug Energie speichern können, durchfuhr es Verhaanda, um mit einem einzigen Sprung die Entfernung zur nächsten Galaxis zu überbrücken, bildet auch der Leerraum zwischen den Welteninseln keine Grenze mehr für uns. Dann steht uns das gesamte Universum offen...
Zweifellos war dies das Fernziel des Genkonstrukteurs. „Zurzeit finden die Guana nur innerhalb der von uns noch besiedelten Sonnensysteme Verwendung, doch schon die nächste Generation wird interstellare Entfernungen überbrücken können. Und danach ... danach wird uns nur die Schöpfung selbst Grenzen setzen!" Verhaanda war überwältigt. Doch er verspürte irgendwo, ganz tief in seinem Inneren, einen leisen Zweifel. War er von Xypons Bemerkungen geweckt worden, die ihm heute noch so gut in Erinnerung waren wie vor über einhundert Jahren? Wieso gelang es ihm einfach nicht, das seltsame Verhalten seines Sinnesbruders zu verdrängen?
Vielleicht sollte er noch einmal mit seinem Alter ego sprechen. Vielleicht würde Xypon sich ihm
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