1981 - Richard
wartet, dass das Bild wieder auftaucht.«
»Ich verstehe«, sagte Edmund Linz leise. »Ich habe mich zwar selbst umgehört, aber das war natürlich nicht so gründlich und auch nicht mit den Mitteln, die Ihnen sicherlich zur Verfügung stehen.«
Simon deutete mit einer Handbewegung auf den Besprechungstisch. Sie setzten sich. Er sah zu Heinz Kühler hinüber.
»Sie schlagen also vor, dass wir den Auftrag unter Vorbehalt annehmen.«
»Das schlage ich vor«, antwortete Heinz Kühler. »Bei dem Gutachten habe ich auch schon jemanden im Auge, den wir im Prinzip ohnehin gerade im Hause haben. Wenn er sein Okay gibt, können wir bei den Analysen dann das volle Programm durchfahren lassen. Wenn nicht, sparen wir uns die Sache. Und was den Index betrifft, da würde ich jetzt gleich einmal hineinschauen.«
»Gut!« Simon sah Edmund Linz direkt an. »Sie haben Glück, wir gehen das Risiko ein, unter Vorbehalt natürlich und die Kosten werden wir wohl auch zunächst übernehmen. Das ist so üblich in der Branche. Entweder ist die ganze Sache ein Flop oder sie werden unser wichtigster Kunde sein, zumindest in diesem Jahr.« Er lächelte.
Edmund Linz lächelte zurück. »Danke für ihr Vertrauen. Ich bin davon überzeugt, dass es sich für sie lohnen wird. Was kann ich jetzt noch tun?«
»Sie überlassen uns das Gemälde für die nächsten, sagen wir mal, fünf Tage. Wir führen die Untersuchungen durch und melden uns dann wieder. Wir machen jetzt gleich einen Vorvertrag, in dem wir auch bestätigen, dass sich das Objekt in unserer Obhut befindet. Außerdem notieren wir, dass Ihnen vorerst keine Kosten entstehen. Im Gegenzug geben sie uns das Recht, dass sie das Bild in den nächsten vierundzwanzig Monaten keinem unserer Wettbewerber zur Auktion oder zum Verkauf anbieten. Wenn das Bild wirklich echt ist, garantieren wir Ihnen, es in dem genannten Zeitraum zu versteigern. Sollten sie bis dahin selbst einen Käufer gefunden haben, können wir gegen den Verkauf Veto einlegen, wenn der Preis zum Beispiel zu niedrig ist oder wir selbst einen Käufer gefunden haben.« Simon überlegte. »Das sind die wesentlichen Punkte des Vorvertrags, denke ich, oder habe ich noch etwas vergessen?«
Er sah zu Heinz Kühler hinüber, der den Kopf schüttelte. Mit diesen Konditionen konnte Edmund Linz leben. Er tippelte mit den Fingern auf der Tischplatte.
»Ich hole ein Vertragsformular und fülle es schon einmal aus«, sagte Heinz Kühler. »In zehn Minuten bin ich wieder zurück.« Er stand auf und verließ den Raum.
Simon erhob sich ebenfalls und ging zu seinem Schreibtisch. Aus einer der unteren Schubladen holte er eine Fotokamera. Es war eine kleine handliche Digitalkamera. Er hielt sie hoch, um sie Edmund Linz zu zeigen.
»Die Auflösung ist zwar nicht besonders, aber ich möchte trotzdem einen kleinen Schnappschuss von dem Bild machen.«
Er stellte sich vor die Staffelei, ging etwas in die Knie und drückte auf den Auslöser. Er machte noch ein zweites Foto, dann ging er noch tiefer in die Knie und machte eine Nahaufnahme von der Signatur. Edmund Linz trat an ihn heran, um sich die Aufnahmen auf dem kleinen Monitor der Kamera anzusehen. Das erste Bild war das Beste. Beim Zweiten und bei der Nahaufnahme war das Blitzlicht von dem Ölgemälde reflektiert worden. Simon löschte die beiden schlechteren Aufnahmen sofort wieder.
»Das eine soll mir vorerst reichen«, sagte er und schaltetet die Kamera aus. »Wir werden das Gemälde ohnehin noch mit Profigeräten ablichten. Ich wollte das hier nur für mich haben.«
Edmund Linz nickte schweigend.
*
Als Florence am nächsten Morgen zum Frühstück kam, war Simon bereits wieder zur Arbeit gefahren. Sie hatte ihn und Marc gestern Abend noch kurz gesehen, bevor sie mit Colette noch einmal in die Stadt gefahren war, um dort den Abend zu verbringen. Colette war an diesem Morgen schon früh aufgestanden. Sie hatte die Freundin schlafen lassen, ihren Mann und den Sohn versorgt und war jetzt mit Florence allein zu Hause. Sie hatte selbst noch nicht gefrühstückt, sich ihren Hunger aufgespart. Sie hatte beim Bäcker an der Ecke Brötchen geholt. Colette fand es herrlich, eine Zeit lang nur französisch sprechen zu können.
»Marc ist auch schon zur Schule?«, fragte Florence.
Colette nickte. »Er geht schon lange allein, trifft sich mit Freunden auf dem Weg dorthin. Morgen hat er übrigens keine Schule, Lehrerkonferenz oder so etwas Ähnliches und in einer Woche sind schon die Osterferien. Es
Weitere Kostenlose Bücher