1981 - Richard
ansah und wie er zu lachen begann, es nicht glauben konnte, dass er die Welt mit diesem Bild so hereingelegt hatte. Aber er hatte nicht die Welt hereingelegt, nein er hatte Edmund Linz hereingelegt, der Welt würde er jetzt die Wahrheit sagen. Die Lichter der entgegenkommenden Fahrzeuge schmerzten in Edmund Linz Augen. Er hörte Konrad Schumann lachen und wusste, dass es aus war, dass der Traum vorbei war. Die Tatsache, dass das Kunst- und Auktionshaus Blammer auf eine Fälschung hereingefallen war, bedeutete eine noch größere Sensation als die Entdeckung eines vermeintlichen Gauguins. Dann knallte es in seinem Kopf. Er wusste nicht wie es gekommen war. Seine Gedanken waren wie ein Albtraum. Es war schon spät und er war müde und darum hatte er diese wilden Gedanken gehabt. Was sollte aus sein und warum. Er musste sich erst einmal ausschlafen und morgen die Angelegenheit in Ruhe überdenken. Ihm war bewusst, dass er mit Konrad Schumann sprechen musste. Er musste sich Klarheit verschaffen. Er musste die Chance bekommen, noch rechtzeitig Einfluss zu nehmen. Er war so dicht vor seinem Ziel, so dicht.
*
Edmund Linz hatte in der Nacht unruhig geschlafen und seit fünf Uhr früh wach in seinem Bett gelegen. Er hatte keine Visionen mehr. Er war besonnen und durchdachte die Situation, fast wie ein Schachspieler, der mehrere Möglichkeiten seine Figuren zu bewegen im Geiste nachspielt, um dann den optimalen Zug zu finden. Der erste mögliche Zug war es, gar nichts zu tun. Das Ölgemälde würde Anfang August in der Presse und in Fachkreisen präsentiert und diskutiert werden. Konrad Schumann würde es sicher mitbekommen. Seine Reaktion ließ sich in weiteren möglichen Spielzügen abwägen. Er würde sich nicht melden. Wenn er selbst betrogen hätte, dann drohte er ebenfalls aufzufliegen, oder der Gauguin war echt und es gab ohnehin nichts zu befürchten. Nein, unmöglich, dachte Edmund Linz, niemals lief es so glatt. Konrad Schumann hatte ihm eine Fälschung angedreht und würde den Betrug jetzt beenden. Es ging um Millionen, irgendwo würde es auch für Konrad Schumann eine Grenze geben. Er würde den Betrug, seinen eigenen Betrug als Missverständnis ausgeben und dann die Fachwelt verblüffen. Er würde dann noch populärer werden und das nicht nur in der feinen Gesellschaft. Edmund Linz konzentrierte sich wieder. Wenn das Gemälde also eine Fälschung ist, wie könnte es dann noch laufen. Er überlegte. Es könnte auch sein, dass Konrad Schumann zunächst schwieg, die Versteigerung abwartete, abwartete, was der angebliche Gauguin einbringen würde, um dann selbst Kapital aus der Sache zu schlagen. Es käme zu einer Erpressung. Eines war klar, das Gemälde musste unbedingt verkauft, versteigert werden. Es musste Geld geben, dann würde er sich im Falle einer Erpressung schon irgendwie mit Konrad Schumann einigen. Es schien die beste Lösung zu sein. Das Geld war die Basis. Natürlich war eine Erpressung ein Risiko, aber was würde Konrad Schumann in der Hand haben. Wie sahen seine Beweise aus, gab es überhaupt Beweise, hatte Konrad Schumann nicht vielleicht schon alles verschwinden lassen, um nicht selber in Verdacht zu geraten? Edmund Linz hatte die Augen weit geöffnet. In der beginnenden Dämmerung konnte er die Strukturen der Tapete an seiner Schlafzimmerwand erkennen. Aber vielleicht war Konrad Schumann nicht allein das Problem. Außer ihm wussten vielleicht auch noch andere über den Gauguin Bescheid. Wer hatte das Bild gemalt, sicherlich nicht Konrad Schumann, oder am Ende doch?
Es war halb sieben, als er endlich aufstand. Er wartete noch genau zwei Stunden, frühstückte, las die Zeitung, bis er schließlich zum Telefon griff und die Nummer wählte, die er sich am vergangenen Abend notiert hatte. Er stellte sich vor, dass sich vielleicht Frau Schumann melden würde, dass sie ihm sagte, ihr Mann sei nicht zu sprechen. Aber er musste jetzt endlich Gewissheit haben, er konnte nicht mehr warten. Es klingelte nur einmal und Konrad Schumann meldete sich. Edmund Linz erkannte die Stimme sofort, er erkannte sie vom vorherigen Abend und er erkannte sie als die Stimme des Mannes, dem er vor gut acht Jahren das erste Mal begegnet war.
»Guten Morgen, wir kennen uns. Mein Name ist Linz. Sie haben mir Julie des Bois verkauft, das Gauguin-Gemälde.«
Er sagte die Worte mit einer festen Stimme, die ihn selbst überraschte. Er hätte jetzt ein Schweigen erwartet, ein Nachdenken, aber Konrad Schumanns Antwort kam
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