1981 - Richard
das Geld übergab, deutete er zum Tisch, auf dem noch immer der aufgeklappte Holzkoffer lag. Konrad Schumann verstand und beide gingen hinüber und setzten sich wieder. Erst jetzt reichte Edmund Linz die Geldbündel hinüber. Konrad Schumann sah sich die Packen nur oberflächlich an. Er blätterte ein Bündel durch, fand an den Scheinen aber nichts auszusetzen. Er legte das Geld in den Holzkoffer und wollte gerade das gefaltete Tuch darüber ausbreiten.
»Ach entschuldigen sie«, sagte Edmund Linz. »Der Koffer, würde es ihnen etwas ausmachen, mir auch den Koffer zu überlassen?«
Konrad Schumann sah ihn an und lächelte dann. »Kein Problem.« Er nahm die Geldbündel wieder heraus und stopfte sie links und rechts in die Innentasche seines Jacketts, als wenn es gar nichts wäre. Er schob den Holzkoffer ein Stück zu Edmund Linz hinüber, hob den Deckel an und klappte ihn schließlich zu.
Das Klappen des Deckels, das Aufeinanderschlagen des Holzes holte Edmund Linz wieder in die Gegenwart zurück. Der Gastgeber hatte gerade das Höchstgebot mit einem Hammerschlag besiegelt. Es ging wieder um einen Monet, eine Kopie, eine Fälschung. Dieser Konrad Schumann verkaufte Fälschungen. Das Wort Fälschung klirrte in Edmund Linz Kopf, es hallte nach. Seine Gedanken flogen zu dem Gauguin, der zurzeit noch im Kunst- und Auktionshaus Blammer verwahrt wurde, als handele es sich um den größten Schatz der Geschichte. Der Gauguin war echt, hämmerte es in Edmund Linz Kopf. Das Bild war echt, keine Fälschung. Er zwang sich, daran zu glauben, es definitiv zu wissen, weil nicht allein er es bestätigt hatte, sondern weil es Simon Halter wusste und auch Heinz Kühler, weil es der Sachverständige Claudius Brahm bestätigt hatte. Und dann waren da noch die anderen Beweise, die historischen Beweise, wie Simon Halter sie nannte. Alles sagte, dass der Gauguin, das Gemälde »Julie des Bois« , echt sei. Sie hatten dem Bild in ihrer Euphorie sogar schon einen neuen Titel gegeben, »Julie des Bois - Mädchen mit Sonnenhut«. Das Mädchen, Julie Jasoline, war historisch belegt, sie hatte existiert, ein richtiger Mensch, keine Fantasiegestalt. Die Beweise waren vorhanden, der Gauguin war echt, er musste echt sein, unbedingt.
Es ging bereits um das achte oder neunte Bild. Edmund Linz hatte den größten Teil der Versteigerung nicht mitbekommen. Konrad Schumann erklärte gerade etwas zu dem Motiv des Gemäldes. Das Bild wurde neben ihn geschoben, während er sprach. Edmund Linz sah nur Konrad Schumanns Lippen, er hörte nicht, was sie wirklich sagten, er hörte etwas anderes. Es hämmerte sich in seinen Kopf. Konrad Schumann stand plötzlich direkt vor ihm. Außer Ihnen beiden war niemand mehr im Raum. Sie befanden sich auch nicht mehr in dem großen Saal. Edmund Linz war wie in Trance. Konrad Schumann sagte etwas, deutlich und klar, seine Lippen bewegten sich.
"...haben sie wirklich all die Jahre geglaubt, dass der Gauguin echt sei? Ich besitze gar keine echten Meisterwerke, sehen sie, alles nur Kopien...«
Edmund Linz hörte die Worte, Kopien, Fälschungen, hallte es wieder nach. Konrad Schumann schwieg, sah ihn einfach nur an.
"...ich habe so viel Geld für eine Fälschung bezahlt?«
"...für ein Original wäre es allerdings deutlich zu wenig gewesen«, antwortete Konrad Schumann.
Dann hob ein Herr, der neben Edmund Linz saß, den Arm, um ein Gebot abzugeben. Er stieß Edmund Linz leicht an und sofort war es vorbei. Konrad Schumann stand nicht mehr vor ihm. Sie waren auch nicht mehr alleine. Konrad Schumann kümmerte sich nicht um Edmund Linz, er stand ruhig neben dem Bild, das gerade versteigert wurde und zeigte zu den Bietern, die dann vom Gastgeber mit Namen aufgerufen wurden. Das Gebot lag bereits bei neuntausend D-Mark. Es ging nun in Fünfhunderterschritten aufwärts und endete dann genau bei siebzehntausend. Es war nur ein Teil von dem, was Edmund Linz für seinen Gauguin bezahlt hatte. Er hörte die Stimme des Gastgebers deutlich und auch die von Konrad Schumann, der bereits das nächste Bild anpries. Vielleicht hatte Konrad Schumann sein Metier gewechselt, vielleicht hatte er früher noch mit Originalen gehandelt und war erst später auf das Geschäft mit den Kopien gekommen. Dieser Konrad Schumann war derjenige, der ihm den Gauguin verkauft hatte, das war eindeutig. Auch wenn er heute mit Kopien handelte, musste das nichts heißen. Es gab zu viele Beweise für die Echtheit des Gauguin.
Die Auktion verlief insgesamt
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