1981 - Richard
sofort.
»Ich kann mich erinnern, sie waren doch gestern bei der Auktion.«
Jetzt gab Edmund Linz nicht sofort eine Antwort. Er hatte nicht damit gerechnet, dass ihn Konrad Schumann unter den anderen Gästen entdeckt hatte, aber es war natürlich möglich, schließlich hatte er sich ja auch nicht versteckt.
»Können sie sich denken, was ich von Ihnen will?«, fragte er.
»Nein!« Konrad Schumanns Stimme blieb ruhig, als wenn er wirklich nicht wusste, was Edmund Linz von ihm wollte.
»Ich habe gestern gesehen, was sie verkaufen. Die Bilder sind wirklich gut, sehr gut sogar. Sie können sich denken, dass ich mir jetzt eine ganz bestimmte Frage stelle.«
Jetzt schwieg Konrad Schumann einen Moment. »Mein Freund Sébastian hat geahnt, dass sie sich eines Tages melden würden«, sagte er schließlich. »Ich denke wir sollten nicht hier am Telefon sprechen. Macht es Ihnen etwas aus, uns zu besuchen?«
»Ich komme sofort. Wo finde ich sie?«
Konrad Schumann gab bereitwillig seine Adresse. Er wohnte in einem Münchner Vorort. Er beschrieb sogar noch den Weg. Als das Telefonat beendet war, stand Edmund Linz noch einige Zeit bewegungslos vor dem Apparat. Konrad Schumann hatte damit gerechnet, dass er ihn eines Tages finden würde. Er wollte nicht darüber nachdenken, was das für seinen Gauguin bedeutete.
Die Autofahrt dauerte fast eine Stunde. In einer Reihenhaussiedlung, in einem Eckhaus, wohnte Konrad Schumann. Die Gegend, das Haus und der Garten waren unscheinbar. Der Rasen war gemäht, die Beete im Vorgarten waren in Ordnung, frisch geharkt, die Sträucher sauber beschnitten, vielleicht war es Konrad Schumanns zweites Hobby. Als Edmund Linz auf den Klingelknopf drückte, hörte er einen Gong aus dem Inneren des Hauses. Es dauerte eine Zeit, bis ihm aufgemacht wurde. Konrad Schumann war diesmal nicht in seinem Cordanzug. Er trug ein kariertes Hemd und eine Jeans. Er lächelte Edmund Linz an, aber es war ein ängstliches, verlegenes Lächeln. Diese Geste war der Auslöser dafür, dass Edmund Linz einen verärgerten Blick aufsetzte, eine Emotion, die er so lange wie möglich beibehalten wollte, obwohl er eigentlich auch eher ängstlich war. Er hatte Angst die Wahrheit zu hören. Konrad Schumann war nicht allein im Haus. Er hatte es bereits am Telefon angedeutet, als er von wir sprach, von Sébastian sprach. Der andere Mann war etwa in Konrad Schumanns Alter. Als sie das Wohnzimmer betraten, stand er auf, gab Edmund Linz die Hand, ohne etwas zu sagen. Der Mann war gut einen Kopf kleiner als Konrad Schumann und schmächtig. Er hatte aber wache, braune Augen, die Edmund Linz nur kurz ansahen. Konrad Schumann stellte ihn schließlich vor.
»Das ist mein Freund Sébastian, Sébastian Lumar. Er ist derzeit aus Nantes zu Besuch. Er ist der Künstler, der die Reproduktionen anfertigt und der...«
Konrad Schumann sprach den Satz nicht mehr zu Ende. Er sah Edmund Linz jetzt an, als erwarte er von ihm, dass er weitersprechen sollte. Edmund Linz sah zu Sébastian Lumar, der unsicher wirkte.
»Reproduktionen?«, fragte Edmund Linz. »Sie meinen Kopien, Ihr Freund kopiert Meisterwerke.«
»Wir verwenden lieber das Wort Reproduktion«, erklärte Konrad Schumann. »Reproduktionen sind Gemäldekopien, die mit bestimmten technischen Hilfsmitteln und Verfahren hergestellt werden. Fototechnischen, fotochemischen oder drucktechnischen Verfahren, sie verstehen.«
Er machte eine kurze Pause und fuhr dann fort. »Neben dem künstlerischen Geschick meines Freundes Sébastian, wenden wir diese Techniken ebenfalls an, mit dem Unterschied, dass wir keine Vervielfältigung des Originals beabsichtigen oder gar ausführen. Es gibt von uns oder besser von Sébastian immer nur eine einzige Kopie, eine einzige, originale Reproduktion, wenn sie so wollen.«
»Reproduktion, Kopie oder Fälschung, was soll diese Wortklauberei«, erwiderte Edmund Linz leicht spöttisch.
Konrad Schumann zögerte. »Können sie mir sagen, wie sie darauf gekommen sind?«, fragte er schließlich.
Edmund Linz blickte ihn an. »Worauf bin ich gekommen, oder meinen sie, wie ich auf sie gekommen bin? Ich habe sie auf der Auktion gesehen, sie waren ja sogar der Star dort.«
»Es war also Zufall«, stellte Konrad Schumann fest. »Sie wussten gar nicht, dass sie mich dort treffen würden.«
Edmund Linz nickte. »Ich war sehr überrascht, sie dort zu sehen, aber ich glaube auch, dass ich von Anfang an etwas geahnt habe. Ein Bekannter hat mir seine Einladung zu der
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