Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
Vom Netzwerk:
Lichtkegel gut ab, so dass er nicht geblendet wurde. Es dauerte trotzdem einige Zeit, bis er etwas erkennen konnte. Auf der zunächst leeren Leinwand war plötzlich ein farbiges Bild zu erkennen. Es war eines der Sonnenblumenbilder von Vincent van Gogh.
    »Das Motiv verwenden wir nur als Spielerei, als Übung«, sagte Sébastian Lumar. »Wussten sie, dass es von van Gogh sieben Bilder mit dieser Vase und den Sonnenblumen gab? Eines wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und dies, das sie gerade sehen, hängt hier in München, in der Neuen Pinakothek, es sind die Zwölf Sonnenblumen von 1888.«
    Es war das erste Mal, dass er etwas sagte. Er hatte einen deutlichen Akzent, beherrschte die deutsche Sprache ansonsten aber gut.
    »Wir würden niemals ein solch berühmtes Werk reproduzieren«, übernahm Konrad Schumann wieder, »aber für unsere kleine Demonstration ist es sehr geeignet, glaube ich.«
    Edmund Linz ging näher an die Leinwand heran. Mit der Zeit hatten sich seine Augen an das Licht gewöhnt. Er konnte immer mehr Details des Bildes erkennen. Die Farbigkeit war überwältigend. Sébastian Lumar trat neben ihn. Er hatte bereits eine Palette vorbereitet. Es roch nach Ölfarben. Edmund Linz trat einen Schritt zur Seite und ließ Sébastian Lumar gewähren. Mit einem dünnen Pinsel holte er sich die Farbe von der Palette und begann mit geschickten Strichen erste Konturen auf die Leinwand zu bringen. Er begann mit der Vase und malte ihre Umrisse. Er nahm einen dickeren Pinsel und gab der Vase Volumen. Noch wirkte alles nicht so plastisch wie das Original, noch sah es nicht viel anders aus, als eine Hobbymalerei, doch dann ging Sébastian Lumar dazu über, auch den Blumen Konturen zu geben, nachdem er sie mit geschickten Strichen vorgemalt hatte. Er verwendete die Projektion nur noch dazu, um die Ansätze der Bildelemente des Originals exakt zu treffen. Er arbeitete hochkonzentriert und es entstand im Ansatz fast der gesamte Blumenstrauß.
    »Ich benutze sonst auch noch das Poster von einem Original, das ich male, weil die Lichtprojektion natürlich nach und nach von den aufgetragenen Farben abgedeckt wird. Trotz der Hilfsmittel dauert es aber immer noch zwei bis drei Wochen, bis ein solches Bild vollständig fertig ist.«
    »Mein Freund Sébastian arbeitet sonst nicht so schnell, er ist sonst viel genauer. Wir wollten Ihnen ja auch nur die Technik zeigen«, ergänzte Konrad Schumann.
    Sébastian Lumar trat bei Seite und schaltete den Projektor aus. Bei seiner Demonstration hatte er die Farbe nur dünn aufgetragen, so dass sie nicht verlief oder abtropfte. Konrad Schumann nahm den Rahmen auf und drehte ihn auf die Rückseite. Zusammen mit der Leinwand war auch eine durchsichtige Kunststofffolie auf den Rahmen aufgezogen. Die Folie sah wie ein überdimensionales Dia aus, wie eine Fotografie des Sonnenblumenbildes. Es garantierte eine perfekte Projektion auf die Leinwand. Für einen geschickten Zeichner und Maler, war es ein Leichtes zumindest die Proportionen des Originals exakt zu übernehmen.
    »Sie sehen hier eine Transparentfolie«, erklärte Konrad Schumann. »Wir verwenden einen sehr großen Fotoapparat, um diese Folien herzustellen. Es ist eine alte Kamera, die aus einem amerikanischen Aufklärungsflugzeug stammt, ein Relikt des Zweiten Weltkriegs.«
    Sébastian Lumar hatte inzwischen einen großen und wohl auch sehr schweren Holzkasten aus einem Schrank gezogen. Konrad Schumann stand auf und kam ihm zu Hilfe. Sie stellten den Holzkasten auf den Fußboden. Edmund Linz hatte sich umgedreht und sah zu, wie die beiden Männer die Schlösser des Kastens entriegelten und den Deckel hochklappten. Der Holzkasten war von innen gepolstert. Oben auf lag eine Schaumstoffmatte. Konrad Schumann hob den Schutz ab und zum Vorschein kam eine überdimensionale Fotokamera, mit einem riesigen Objektiv. Edmund Linz betrachtete sich die Kamera ohne näher heran zu gehen. Sie schwiegen alle eine Zeitlang, dann fuhr Konrad Schumann mit seinen Ausführungen fort.
    »Es ist grundsätzlich nicht einfach, Bilder von der Qualität zu malen, wie sie auf der Auktion verkauft wurden und wie es natürlich auch der Gauguin ist. Die Vorbereitungen sind sehr aufwändig. Von jedem Original werden mehrere Fotographien angefertigt. Wir haben da eine Art Steckbrief entwickelt, in dem wir die Eigenheiten, den Malstil oder Farbinformationen und andere Auffälligkeiten des Originals vermerken.«
    »Sie gehen also wissenschaftlich an die Sache heran. Das

Weitere Kostenlose Bücher