1982 - Gefangene der Algioten
Forschungsakte hat inzwischen schon den Umfang eines dicken Buches, und wie es aussieht, werde ich sie demnächst abschließen können. Und falls wir je wieder nach Hause kommen, steht einer Veröffentlichung nichts im Wege."
„Das ist gut für deine Karriere, nicht wahr?" fragte Tuyula Azyk. „Und ob! Julio hat sich sogar bereit erklärt, nicht den gesamten Ruhm für sich einheimsen zu wollen, da ich den Großteil der Forschung allein mit den Syntrons abgewickelt habe." Die Medikerin hatte also allen Grund, gut gelaunt zu sein. „Er hält eben viel von dir, und das kann ich verstehen." Garron lächelte. Er hatte ein sehr gewinnendes Lächeln, das Myles Kantors Beteuerungen zufolge dem ursprünglichen Avatara-Körper nicht zu Eigen gewesen war. „Ich möchte mich allerdings noch eine Weile mit dir unterhalten", fuhr Darla fort. „Ich habe seinerzeit einige Semester Psychologie studiert und interessiere mich für deinen geistigen Zustand." Abgesehen von ihrem klugen Verstand, ihrer professionellen Neugier und ihrem nahezu unerschütterlichen Selbstbewusstsein besaß sie noch ein Paar stets sorgfältig gepflegter Chirurgenhände, die erstaunlicherweise weder beringt noch sonst wie geschmückt waren. „Aber da ist inzwischen alles in Ordnung", versicherte Garron. „Und was ist mit der verheerenden Soboth-Persönlichkeit, die den ersten Avatara-Körper abgelehnt hatte?" gab die Medikerin zurück. „Immerhin ist Tuyula dadurch in Lebensgefahr geraten!" Die kleine Blue griff sich unwillkürlich an den langen Hals. „Dafür konnte Vincent nichts!" verteidigte sie ihren Freund automatisch. „Aber das behaupte ich doch gar nicht", beschwichtigte Darla freundlich. Vincent strich sanft über den zarten blauen Flaum auf Tuyulas Handgelenk. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, das wird nie mehr geschehen."
Dann sah er Darla Markus fest in die Augen. „Nachdem sich der Sonnenwurm So'o'both teilte und dadurch degenerierte, ging ein Großteil seines Einflusses verloren. Der Rest meines gespaltenen Ichs, das sich als Soboth bezeichnete, ist in die tiefsten Tiefen meines Unterbewusstseins verbannt, wo jeder Mensch üblicherweise seine negative Vergangenheit begräbt, die er von sich abstreifen konnte." Die Medikerin zog ein skeptisches Gesicht. „Ich hoffe nicht, dass dein nunmehr angenehmes Äußere über dein Inneres hinwegtäuscht."
„Ich weiß, worauf du anspielst!" Garron blieb trotz dieser nicht gerade taktvollen Provokation ruhig. „Du hast einmal gesagt, dass sich mein hässliches Inneres nach außen gekehrt hat, als ich die Metamorphose durchmachte." Sie nickte. „Dieses Äußere ist jetzt aber künstlich."
„Bis auf das Lächeln!" warf Tuyula ein. Ihre schillernden Katzenaugen sahen Darla fast flehend an. „Ja ... das ist wohl wahr, nach allem, was ich hörte. Aber es fällt mir schwer einzusehen, dass jemand sich grundlegend geändert haben soll", meinte die Medikerin.
Vincent Garron schüttelte den Kopf. „Das hab' ich gar nicht, Darla. Bevor ich diesen schrecklichen Unfall hatte und offensichtlich schwerst verwirrt wurde, war ich nicht viel anders als jetzt... vielleicht ein wenig schüchterner und behäbiger."
„Im Moment scheinst du keine parapsychischen Fähigkeiten zu besitzen", wandte Darla ein. Daran hatte Vincent erst einmal zu kauen. Es stimmte offensichtlich: Derzeit war er im Psi-Bereich völlig taub. Ganz wie ein normaler Mensch. Und es machte ihm nicht einmal etwas aus, keine „Stimmen" mehr zu hören oder in finsteren Hypersenken herumzusitzen, um den faszinierenden Vorgängen des Hyperraums zu lauschen - zumindest im Moment, da er noch viel zu beschäftigt damit war, sich an seinen gesunden neuen Körper zu gewöhnen.
Allerdings waren seine Fähigkeiten nach wie vor latent vorhanden. Der einst nach dem Unfall aktivierte Bereich seines Gehirns zeigte weiterhin paraenergetische Strömungen an, jedoch auf einem so niedrigen Level, dass man sie als „schlummernd" bezeichnen konnte. Vielleicht blieb das so bis an sein Lebensende, aber das konnte niemand vorhersagen. Durch das Vorhandensein dieser Fähigkeiten sahen die Mediker einen Zusammenhang mit der Farbenblindheit, die wohl in Wechselwirkung mit der Mutation stand. „Du meinst, wenn meine Fähigkeiten erst wieder voll erwacht sind, könnte ich auch in meine Krankheit zurückfallen?" fragte der Mutant beunruhigt. Darla zuckte mit den Achseln. „Ich würde diese Möglichkeit nicht ausschließen."
„Aber es könnte doch
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