1982 - Gefangene der Algioten
sicher helfen, wenn ich dem von vornherein entgegenwirke?" schlug Vincent hoffnungsvoll vor. „Beispielsweise, indem ich diese Gefahr nicht verdränge ... und mich vielleicht in Behandlung begebe?"
„Belastet es dich, dass du nach wie vor keine Farben sehen kannst?" stellte Darla eine Gegenfrage. „Nicht einmal mehr jene aus dem Sonnentresor?"
„Nein", antwortete Vincent. „Ich war es ja nie anders gewohnt, und diese Farborgie im Hyperspektrum... Das war etwas Unnatürliches, nicht Normales für mich. Es war sehr schön, aber ich bin froh, dass es vorbei ist.
Abgesehen davon habe ich noch die Erinnerung daran, und das ist ein guter Trost."
Darla Markus dachte eine Weile nach. „Ich finde, wir sollten es heute dabei belassen", sagte sie schließlich. „Wenn du nichts dagegen hast, möchte ich morgen gern eine Sitzung anberaumen. Dr. Liddy Ansund von der Parawissenschaft, die sich mit den tazolischen Psi-Netzen beschäftigt, wollte dich auch gerne sprechen. Momentan wirst du ihr wegen der Psi-Netze vielleicht nicht behilflich sein können. aber sie möchte bestimmt einige Untersuchungen vornehmen. Immerhin hat es einen Mutanten mit deinen Fähigkeiten nie vorher gegeben."
„Ich habe absolut nichts dagegen. In gewissem Sinne hilft es ja auch mir, nicht wahr?" Vincent zeigte wieder sein einnehmendes Lächeln. Es wirkte offen und herzlich, wie sein Gesichtsausdruck und die Augen. „Darf ich dich zum Abschluss noch etwas fragen?"
„Aber sicher." In Darlas grünen Augen blitzte es auf. Sie konnte sich denken, was er von ihr wollte. Der ehemalige Todesmutant streckte ihr schon seine Hand entgegen. „Ich bitte dich natürlich nicht um deine Freundschaft", sagte Garron schnell. „Aber es wäre schön, wenn du nicht mehr so viele Vorbehalte gegen mich hättest. Und ich hoffe ebenso, dass du keine Angst mehr vor mir hast. Ich kann es dir leider nur in der Zukunft beweisen, dass diese furchtbaren Dinge, die ich getan habe, nie mehr geschehen werden. Der Vincent, der das damals getan hat, ist mit dem Originalkörper im Hyperraum vergangen. Ich habe einen neuen Körper, aber ich fühle mich als vollwertiger Mensch, und ich hoffe auf einen neuen Anfang. Wenn meine Kräfte jemals wieder erwachen sollten, werde ich mich in den Dienst Thoregons stellen. Ich kann die Vergangenheit nicht ungeschehen machen, aber für die Zukunft alles tun, was nötig ist. Ich weiß, was ich euch - und auch dir - zu verdanken habe. Am meisten aber habe ich Tuyula zu verdanken, die immer an mich geglaubt hat."
Darla Markus verharrte einen Moment unschlüssig. Dann unterschritt sie die Distanz zwischen ihnen und ergriff Garrons Hand mit kräftigen, langen schlanken Fingern. Mit ihrer turmhohen Frisur überragte sie den Mutanten, da sie selbst über 1,80 Meter maß. „Ich weiß noch nicht, ob du mir sympathisch bist oder nicht", sagte sie. „Aber jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient. Und du hast genug gelitten. Also, auf einen Neubeginn ... Vincent." Sein Gesicht hellte sich auf, als sie ihn zum ersten Mal mit dem Vornamen anredete, und er lächelte strahlend. Noch vor nicht allzu langer Zeit hatte sie ihm prophezeit, dass das nie geschehen würde. Darla war es natürlich bewusst, dass Vincent sich immer noch in einem labilen Zustand befand, auch wenn er sich gesund fühlte. Es war wichtig, dass er gerade jetzt keine Enttäuschung erlebte, um keinen Grund zu haben, sich in sich selbst zurückzuziehen. Die Medikerin konnte ihm dabei helfen, genügend Selbstbewusstsein zu entwickeln, dass er später von der Ablehnung eines anderen nicht mehr so schnell aus dem Gleichgewicht gebracht werden konnte.
Entsprechend wichtig waren die folgenden Sitzungen, in Zusammenarbeit mit einem Fachpsychologen, die aufnahmewillige Persönlichkeit zu formen und zu fördern - was sie natürlich ebenso in ihrer Forschungsarbeit dokumentieren würde. Damit konnte sie auf angenehme Weise bei des verbinden: die Befriedigung ihres wissenschaftlichen Interesses und die Förderung ihrer Karriere. Darla hatte es allerdings auch ehrlich gemeint: Jeder hatte eine zweite Chance verdient, wenn er darum bat. Emotional stand sie Vincent Garron augenblicklich völlig neutral gegenüber. Sie wollte ihn kennenlernen und sich dann erst entscheiden, ob sie ihn sympathisch fand oder nicht.
Tuyula zirpte; vor Aufregung und Rührung hatte sie völlig vergessen, dass die Menschen sie im Ultraschallbereich nicht verstehen konnten. Dr. Darla Markus ließ Vincent Garrons Hand
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