1982 - Gefangene der Algioten
haben gezeigt, dass du ein falsch beeinflusstes, fehlgeleitetes Wesen bist, das sich hartnäckig an seinen Irrglauben klammert", antwortete U'Niboref, der gerade hereinkam. „Du hältst uns für Kriegstreiber, doch dem ist nicht so. Unser hehres Ziel ist es, alle Völker zu befrieden und ihnen den wahren Glauben zu bringen."
„Indem ihr sie tötet oder foltert?" flüsterte Rinaher, immer noch leicht lallend. „Oder mit seltsamem Zeug betäubt?"
„Manchmal geht es leider nicht anders", sagte der Kommandant der DAFFAR. „Deine Antworten haben gezeigt, dass du die Macht des wahren und einzigen Glaubens kennenlernen musst, bevor du einsichtig wirst. Ich bezweifle, dass ich dies mit einfachen Worten erreichen könnte. Du bist Teil einer schon sehr lange in Verblendung lebenden Kultur. Ich bedaure sehr, dass ich zu diesen Mitteln greifen muss, aber manchmal kann man eine Krankheit nur unter großen Schmerzen heilen. Entspanne dich jetzt!" Rinaher fühlte sich bereits viel zu entspannt und gab sich alle Mühe, wieder richtig wach zu werden. Was auch immer jetzt geschah, sie musste bei klarem Verstand bleiben.
Wehrlos musste sie es hinnehmen, dass U'Niboref eine metallene Haube über ihren Kopf stülpte. Sie zuckte zusammen, als sie die feinen Nadelstiche automatisch ausgefahrener Elektroden an ihren Schläfen und der Kopfoberseite spürte. Gleich darauf durchfuhr sie ein so heftiger Elektrostoß, dass sich ihr Körper sekundenlang völlig versteifte. Der Schmerz war so grausam, dass ihr die Luft wegblieb. Kein Laut entrang sich ihrer zugeschnürten Kehle. Vor ihren Augen wurde es schwarz. Ebenso plötzlich war es wieder vorbei. Rinaher fühlte, wie ihr Körper erschlaffte. Sie fühlte sich unendlich schwach und müde und wünschte sich weit fort. Da wurde es hell in ihrem Verstand. Sie spürte auf einmal Wohlbehagen, die Erinnerung an den Schmerz wurde gedämpft, Wärme breitete sich in ihr aus. Sie sah sich selbst auf der unbekannten roten Welt stehen, den kupfernen Himmel über sich. Ihr war, als würden ihr Flügel wachsen, und sie erhob sich langsam vom Erdboden und schwebte den höheren Sphären entgegen, wie sie es sich nach ihrer Landung vorgestellt hatte...
Der Himmel rückte ihr immer näher, und die Welt unter ihr wurde immer kleiner und unbedeutender. Wie komme ich wieder herunter, dachte sie, ohne Angst zu empfinden. Vielleicht wollte sie das gar nicht mehr. Schließlich war der rote Planet unter ihr versunken, und sie schwebte allein dahin, durch Schleier verschiedenster Rottöne. Auf einmal fühlte sie sich schwach werden, ihre Konzentration ließ nach. Sie konnte sich nicht mehr halten.
Ihre Flügel lösten sich in Myriaden winziger Federn auf, die taumelnd davon wehten. Rinaher stürzte ab. Sie fühlte, wie sie immer schneller und schneller wurde, stürzte haltlos, ziellos, vielleicht für immer, ewig durch dieses wallende Nichts. Ihr Geist schrie um Hilfe. Erinnerungen an ihre Kindheit zogen in rasender Geschwindigkeit vor ihrem inneren Auge vorbei, suchten dort nach einem rettenden Halt.
Doch niemand war da; sie war allein, fern der Heimat und allem Vertrauten. Da waren nur noch die rotschattierten Schleier um sie - die sich an bestimmten Stellen plötzlich zusammenzogen und verdichteten. Rinaher war nicht mehr allein. Etwas war in ihrer Nähe, umgab sie wie ein glitzernder Nebel. Gigantische Hände schienen sie aufzufangen, denn ihr Fall wurde sanft gestoppt, ihr Körper tröstend gewiegt. Siehe, ich bin Icchto, vernahm die Arkonidin eine schmeichelzarte, zugleich aber auch machtvolle Stimme in ihren Gedanken. Herr des Himmels, der Sterne und des Paradieses. Ich bin gekommen, um dich zu retten und dir die Erlösung zu zeigen. Fürchte dich nicht mehr, armes Kind, denn du wirst errettet.
Vertraue dich mir an, und du wirst nie mehr notleiden müssen!
Rinaher fühlte sich emporgehoben und davongetragen von diesen Händen. Sie ließ die Schleier der roten Welt hinter sich und sah das nachtschwarze All vor sich. Sterne, Sonnen, Planeten zogen in rasender Geschwindigkeit an ihr vorüber. Der Flug verlangsamte sich erst, als in der Ferne ein Sonnensystem mit elf Planeten auftauchte, eine blauschimmernde Welt mit zwei großen, braungrünen Kontinenten. Das ist die Welt, von der die Erwählten und Erleuchteten stammen, flüsterte, Icchto, der oberste Gott des tazolischen Pantheons. Werde unserer Macht gewahr, siehe und staune!
Rinaher war fast überfordert durch die Fülle an Bildern, die sich ihr
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