1986 Das Gift (SM)
Sheriffstern!«
Dann fischte er sich den Stadtplan aus dem Handschuhfach, sagte: »Also, da ist zwar nicht Gottes Wort abgedruckt, aber Gottes Erde, und sogar ein besonders schönes Stück.« Er hielt Wieland den Plan hin. »Können Sie ein paar Meter einhändig fahren, ohne daß es meiner Frau ’ne Witwenrente einbringt?«
Wieland legte die Rechte auf den Plan. Er spürte, das war keine Blasphemie, sondern so etwas Ähnliches wie eine Nottaufe.
»Los, schwören Sie!«
»Ich schwöre …«
3.
Es waren wieder Boote in der Bucht, Schwimmer und Wasserskiläufer. Sogar ein einzelner Fallschirmsegler schwebte an dem zersplitterten Kopf des Farallón del Obispo vorüber. Ein kleiner Tanker machte an der Base Naval fest, ein japanischer Frachter wurde von mehreren Schleppern in den Hafen gezogen, und ganz weit draußen, mit dem bloßen Auge kaum noch erkennbar, entschwand die PACIFIC PRINCESS.
Es war halb neun am Vormittag. Eigentlich hatte Leo in dieser Nacht lange schlafen wollen, doch schon um halb sieben, nach nur fünfstündiger Bettruhe, war er aufgewacht. Nach einem Bad im Meer hatte er gefrühstückt, und nun saß er auf dem Balkon und betrachtete die Bucht, die er zwei Tage lang bedroht und beherrscht hatte.
Doch seine Aufmerksamkeit galt nicht nur dem wiedererwachten Ferienbetrieb. Immer noch einmal ging sein Blick nach links hinüber, und er sah – durch das Fernglas – auf das weiße Haus mit den Säulen, auf den großen, grünen, abschüssigen Garten und auf das Bootshaus. Auch dort war schon wieder Betrieb, und das durfte eigentlich nicht sein.
Der Mietvertrag war noch nicht ausgelaufen, der Schlüssel noch nicht auf den Weg gebracht. Dennoch schien das Haus bewohnt zu sein. Jedenfalls waren die Türflügel des Bootsschuppens geöffnet, und das Boot lag draußen. Weitere Einzelheiten waren aus der Entfernung nicht zu erkennen, aber diese wenigen genügten, um deutlich zu machen, daß sich auf dem Anwesen, das ihnen als Herberge, Trainingscamp und in der Schlußphase ihrer Aktion als Ansteuerungspunkt gedient hatte, irgend etwas tat.
Jetzt sah er einen Schlepper auf das Bootshaus zufahren. Er behielt ihn im Blick, und tatsächlich, genau unterhalb des weißen Hauses stoppte das Fahrzeug! Er erwog, die Freunde anzurufen, verwarf dann aber den Gedanken, überlegte, was ein Suchtrupp, falls ein solcher auf dem Grundstück tätig geworden war, aufspüren konnte, faßte zusammen:
Erstens: Das Geld finden sie nicht! Es ist zu weit weg. Zweitens: Dank der Gummihandschuhe gibt es auf dem gesamten Areal keine verräterischen Fingerabdrücke. Drittens: Eine Befragung Luisas kann höchstens dazu führen, daß von Felix ein falsches Phantombild in die Medien kommt. Viertens: Die Reifenspuren, die Raúl Vergaras’ Lkw im Garten hinterlassen hat, können zwar mit den Profilen des bei Los Órganos abgestellten Fahrzeugs verglichen werden, doch daraus würde sich lediglich die Erkenntnis ergeben, daß das gemietete Haus bei der Aktion eine Rolle gespielt hat. Fünftens: Der FORD GALAXIE. Den würde Luisa richtig beschreiben können, aber er steht jetzt in der Altstadt, und wir benutzen ihn nicht mehr.
Nein, sagte er sich, es besteht keine Gefahr! Zwar werden sie das Haus als unser Quartier identifizieren, aber die Auffindung des Lasters, die sie ja schon heute morgen durchs Radio hinausposaunt und auch in die Zeitung gebracht haben, wird sie zu der Annahme verleiten, wir hätten die Stadt verlassen.
Er war beruhigt, ging schließlich sogar dazu über, an seine Pläne zu denken:
Die Aufteilung der Beute ist einfach. Nach der Geldwäsche in Panama bleiben uns rund dreißig Millionen Mark. Davon kriegt Richard ein Fünftel. Felix und ich haben dann jeder zwei Fünftel. Meine Fabrik als Konkurrenzunternehmen gegen die Hollmanns ist also zu realisieren. Gut, daß Felix mit einsteigt! Aber auch für ihn ist es gut, denn dadurch kommt er zu einer saftigen Rendite. Ich schätze, jeder von uns zweigt vorher ’ne runde Million für die Übergangszeit ab. Dann bleiben zum Bau des Werkes zweiundzwanzig Millionen Mark. Der Wert des Hollmann-Betriebes dürfte bei fünfzehn Millionen liegen, und er wird mit den Jahren eher sinken als steigen, denn die Anlagen sind größtenteils veraltet. Wir werden also, ausgerüstet mit den modernsten Labors und Maschinen und mit qualifiziertem Personal, weitaus rationeller arbeiten können. Ich bin sicher, es gelingt mir sogar, ein paar der besten Hollmannschen Facharbeiter abzuwerben. Der
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