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1986 Das Gift (SM)

1986 Das Gift (SM)

Titel: 1986 Das Gift (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Tag wird kommen, an dem mein sauberer Schwiegervater, der beim Prozeß seine Weste nur durch infame Lügen reinhalten konnte, zum Gericht schleicht, um Konkurs anzumelden. Und dann werden sie alle, der gescheiterte Fabrikherr und seine dünkelhafte Frau, die beiden aufgeblasenen Söhne und Margot, die mich verriet, ihre feine Lebensart nur noch im engsten Kreise und hinter verschlossenen Türen zelebrieren können. Aber irgendwann werden wir uns begegnen, Julius Hollmann und ich, und unsere Blicke werden sich ineinander verbeißen, Triumph und Wut werden aufeinandertreffen, und die Rollen des Verlierers und des Siegers werden vertauscht sein! Auch für Richard wird es eine solche Heimzahlung geben, wenn er mit einer ganzen Staffel eigener Maschinen auf seiner Anden-Piste erscheint. Er wird seinem einstigen Boß zeigen, daß es nur eine Sache des eisernen Willens ist, aus einer einmal erlittenen Niederlage einen Sieg zu machen. Ja, das ist wohl das schönste an dieser Art zu siegen: daß man ganz klein gehen mußte und ganz groß wiederkommt.
Er stand auf, holte aus dem Zimmer die Zeitungen, die er sich nach dem Frühstück besorgt hatte. Es waren ein mexikanisches, ein nordamerikanisches und sogar ein deutsches Blatt. Das deutsche hatte er nicht gekauft, sondern im Restaurant auf dem Nachbartisch entdeckt. Vermutlich hatte ein Gast die Zeitung dort liegenlassen. Sie war zwei Tage alt, und so bezog sich ihr Bericht, wie er schon im Lift mit einem flüchtigen Blick festgestellt hatte, nur auf den Beginn des DioxinAnschlags.
Er fing an zu lesen. Das Acapulco-Blatt war in den frühen Morgenstunden gedruckt worden, denn die Schlagzeile hieß: DER ALPTRAUM IST zu ENDE! Der Artikel berichtete von der Lösegeldübergabe, der Explosion der Yacht und der Auffindung des Lasters. Sogar die Standorte der Dioxinfässer waren genannt, und dazu hieß es: »In dem Transporter fand man eine Fülle von Hinweisen auf die Täter und den Tathergang, so auch einen Plan mit genauen Angaben über die Verteilung des Dioxins im Stadtgebiet von Acapulco. Bei Redaktionsschluß waren die Depots zwar noch nicht ausgehoben, aber schon lokalisiert worden. Der aus dem Distrito Federal herbeigerufene Chemiker Dr. Luis Peralta und ein Stab von Experten sind zur Zeit dabei, die Dioxinfässer zu bergen.«
Den vorletzten Absatz des langen Artikels las er mit Genugtuung: »Die Auswertung aller bisher aufgefundenen Spuren legt den Schluß nahe, daß die Erpresser die Stadt verlassen haben; doch über ihren Fluchtweg gibt es zur Zeit nur Spekulationen.«
Die dann folgende Mitteilung gefiel ihm weniger, aber sie überraschte ihn nicht: »Die mexikanische Regierung, der Gouverneur von Guerrero und der Bürgermeister von Acapulco haben zusammen eine Belohnung von 5 Millionen Pesos ausgesetzt für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen. Außerdem haben eine Reihe mexikanischer Firmen, darunter Banken, Kaufhäuser, Industrie-Unternehmen und Hotels aus allen Provinzen der Republik, einen Fonds gestiftet mit dem Ziel, es den Sondereinheiten von Polizei und Militär, die sich mit der Suche nach den Tätern befassen, an nichts fehlen zu lassen.«
Das amerikanische Blatt, das vom Vortage stammte und also über die jüngste Entwicklung noch nicht informiert sein konnte, beschränkte sich auf eine kurze Schilderung der vom Krisenstab angeordneten Evakuierung, wies dann sehr ausführlich auf die Gefahren beim Umgang mit bestimmten Gruppen von Dioxinen hin und schloß mit der Empfehlung, Acapulco vorläufig zu meiden. Unter dieser Meldung von Associated Press befand sich eine Sammelanzeige von mehreren Reisebüros, die ihren Kunden die Stornierung von Acapulco-Reisen mitteilten.
In der deutschen Zeitung gab es nur eine kurze dpaMeldung. Darin hieß es, daß eine Gruppe Krimineller von einem Schiff aus die berühmte Bucht von Acapulco mit dem Seveso-Gift 2,3,7,8-TCDD bedrohe und ein hohes Lösegeld verlange. Wie die amerikanische, so schloß auch die nur zwölf Zeilen umfassende deutsche Meldung mit dem Rat, keine Reisen in das Krisengebiet zu unternehmen, solange der Zustand der Bedrohung anhalte.
Er legte die Zeitungen beiseite, lehnte sich zurück. Wenn sie nun schon, überlegte er, darauf gekommen sind, daß das weiße Haus da drüben unser Quartier war, dann werden sie sich nicht nur das Gebäude, das Grundstück und den Bootsschuppen vornehmen, sondern auch das Wasser im und am Schuppen in ihre Nachforschungen einbeziehen, also mit Tauchern den Grund

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