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1986 Das Gift (SM)

1986 Das Gift (SM)

Titel: 1986 Das Gift (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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nicht zurückgekehrt.
    »Una casa con chicas«, sagte er. Ein Haus mit Mädchen. »Aber nicht die casa AMSTERDAM und die casa LA MORENA auch nicht, die kenne ich schon, und ich brauch’ immer mal was Neues.«
»AMSTERDAM und LA MORENA sind sowieso noch geschlossen. Wie wär’s mit der casa MARIELA?«
»Wo ist die?«
»Nur ein paar Straßen den Hügel rauf.«
»Gut.«
»Zwanzig Dollar.«
»Wieso denn zwanzig Dollar für die paar Straßen?«
»Das hängt noch mit der Krise zusammen.«
»Sie nutzen die angespannte Lage aus und treiben Ihren Preis in die Höhe?«
»Das nicht! Wenn ich Sie jetzt mit einer Dioxin-Vergiftung ins Hospital fahren sollte, würde ich Sie, wenn’s sein müßte, sogar gratis befördern. Aber Sie wollen ins Bordell, und das ist dann eben etwas teurer. Bei mir jedenfalls.«
Felix fügte sich, wollte keinen Streit.
»Okay.« Aber er nahm dem Mann die moralische Version nicht ab. Da hat, dachte er, jemand festgestellt, daß er gefragt ist, und daraufhin bestimmt er den Preis.
»Hat es«, fragte er, »denn überhaupt einen Sinn, raufzufahren? Vielleicht sind auch da die Mädchen noch alle ausgeflogen.«
Der Fahrer verringerte die Geschwindigkeit und steckte den Kopf durchs geöffnete Seitenfenster, sah den Hang hinauf.
»Die Lichter sind an«, sagte er und beschleunigte wieder. Es ging steil bergauf mit vielen Windungen, und bald war für Felix der Blick aus den Fenstern so, als sähe er aus einem startenden oder landenden Flugzeug hinunter auf die Bucht und ihren Lichterkranz.
Das Taxi hielt vor einem zweistöckigen Haus. Er zahlte, stieg aus, blieb eine Weile vor dem Gebäude stehen. Erst jetzt war er ganz sicher, hier noch nie gewesen zu sein. Er läutete. Im oberen Teil der Haustür wurde eine kleine Klappe geöffnet und sofort wieder geschlossen. Die Tür ging auf. Er trat ein, ging gleich durch zur Terrasse. Das Haus war in den Hang hineingebaut worden. Man hatte freien Ausblick aufs Meer. Er setzte sich an einen der acht Tische, bestellte bei dem Kellner eine Cuba libre .
Am Rand der aus Bambusrohr bestehenden Überdachung hingen, zur Seeseite hin, Ketten aus bunten Glühbirnen. Nur drei Tische waren besetzt, einer mit zwei, einer mit vier Frauen, und am dritten saß ein Mann. Die Huren waren, da es auch auf den Tischen Lampen gab, gut zu erkennen. Sie waren jung und recht ansehnlich.
Am Zweiertisch stand eine Blonde auf. Sie kam zu ihm und fragte, ob er Gesellschaft wünsche.
»Todavía no«, antwortete er. Noch nicht. Wortlos kehrte sie an ihren Tisch zurück.
Er mochte diese kleinen Verzögerungen, prüfte, wie stets, das Angebot erst einmal aus der Distanz. Zwischendurch sah er hinunter auf die Bucht. Er entdeckte ein paar Lichter auf dem Wasser, dachte: Nun haben sie also wieder ihre nächtlichen Bordféten. Sie seien ihnen gegönnt!
Auch er befaßte sich eine Weile mit dem Chemiewerk, das Leo und er aufbauen wollten. Die Sache wird funktionieren, sagte er sich. Leo hat gezeigt, was er kann. Er hat es verstanden, einer ganzen Stadt seinen Willen aufzuzwingen.
Dagegen ist die Gründung einer Fabrik ein Kinderspiel. Ja, und am Rande startet er seinen privaten Rachefeldzug, und auch den, da bin ich sicher, wird er siegreich führen.
Er blickte hinüber zu dem Tisch, an dem die Blonde saß, das Tropenmädchen mit dem Schwedenschopf. Was er sah, gefiel ihm. Sie war mittelgroß, schlank, trug einen kurzen dunklen Rock und ein blaßgrünes, tief ausgeschnittenes T-Shirt mit dem Aufdruck »Amor es …« Liebe ist … Darunter sah er den großäugigen Gnom mit seiner Liebsten. Er kannte diese Bilder aus deutschen Zeitungen. Was nun im vorliegenden Falle die Liebe war, konnte er nicht ergründen, denn dieser Teil des Textes war zu klein gedruckt. Er fuhr fort, die Blonde zu mustern. Da einer ihrer Füße auf den Querstreben des Stuhles ruhte, befanden sich die Knie in unterschiedlicher Höhe. So sah er in den geöffneten Winkel ihrer Beine, konnte ein Stückchen des weißen Slips erkennen. Wahrscheinlich, dachte er, ist sie nicht wirklich blond. Er nickte ihr zu, und sie reagierte sofort, stand auf, kam an seinen Tisch, lächelte ihn an. Und wieder fragte sie:
»Möchtest du, daß ich dir Gesellschaft leiste?«
»Warum nicht? Wie heißt du?«
»Raquel. Und du?« Sie setzte sich.
Er hielt sich an keinen seiner Pässe, antwortete, was ihm grad in den Sinn kam: »Pedro.«
Auch aus der Nähe gefiel sie ihm. Sie war sehr jung, höchstens achtzehn, hatte dunkle Augen.
»Indita sueca«, sagte er. Kleine

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