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1986 Das Gift (SM)

1986 Das Gift (SM)

Titel: 1986 Das Gift (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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ließ dann die schlaffe Hand in den Sand zurückfallen und sagte: »Er ist tot. Auf deinem Auto hab’ ich ’ne Schaufel gesehen. Hol sie her!«
Raúl antwortete nicht, aber er gehorchte. Und er brachte nicht nur die Schaufel, sondern er fing auch gleich an zu graben.
Leo entfernte sich ein Stück, und als er zurück war, sagte er zu den beiden anderen: »Wir haben verdammtes Glück. Dieser Kiesberg schirmt uns total ab.«
Da sie kein Erdloch zu schaufeln, sondern nur locker liegenden Kies zu bewegen hatten, waren der Tote und sein Fahrzeug in weniger als einer halben Stunde verschwunden. Eine weitere halbe Stunde brauchten sie, um wieder aufzuladen.
Gegen vier Uhr wendete Raúl den HANOMAG. Als der Wagen über die Schotterstraße fuhr, blickten alle drei gebannt auf die carretera . Nur ganz vereinzelt fuhren Autos vorbei.
»Macht euch keine Sorgen!« sagte Leo. »Erstens wird niemand es für auffällig halten, wenn hier, an einer Baustelle, ein Laster erscheint und in die Autobahn einbiegt. Zweitens wird die Polizei, sobald sie ihren Mann vermißt, nicht genau wissen, wo er sich zuletzt aufgehalten hat.«
»Drittens«, sagte Raúl, und es kam aggressiv, »kann es passieren, daß morgen früh auf der Baustelle gearbeitet wird, und wenn sie dann den Toten finden und die Nachricht im Fernsehen und im Radio kommt, könnte sich durchaus jemand an einen blaugelben Laster mit der Aufschrift Transportes Vergara erinnern! Was dann?«
»Das tut niemand«, sagte Richard. »Hast doch gesehen: In dem Moment, als wir einbogen, waren zwei Pkw da, aber beide fuhren in Richtung México City, und sie waren schon zu weit entfernt, als daß die Fahrer die Aufschrift hätten lesen können.«
»Ich komme«, sagte Leo, »auf mein Angebot zurück. Eine Viertelmillion Dollar!«
Aber Raúl hämmerte mit beiden Fäusten aufs Lenkrad.
»Warum hast du den Mann erschlagen? Warum? Es war nicht nötig!«
»Es war verdammt nötig«, sagte Leo. »Der Kerl wollte partout ein Loch in dem Faß haben, ob nun mit dem Hammer oder mit der Axt oder mit der Pistole. Und schon die geringste Beschädigung hätte die Gegend in einem Umkreis von fünfzig Kilometern vergiftet.«
»Vergiftet? Seit wann sind Elektronik-Teile giftig?«
»In den Fässern ist was ganz anderes. So, jetzt weißt du’s, und darum wirst du mir eine Weile aufmerksam zuhören, und hinterher wirst du sagen: Okay, ich mache mit.«
»Und wenn ich das nicht sage?«
»Du wirst es sagen.«
Was die Hitze bei Raúl Vergara nicht geschafft hatte, das schaffte nun die veränderte Situation. Über das braune Gesicht liefen Rinnsale von Schweiß. Richard, der wieder in der Mitte saß, sah das Wasser, sah es an den hochangesetzten indianischen Wangen herunterlaufen.
Leo sprach ruhig, drohte nicht. Das war auch gar nicht nötig. Die Mitteilungen selbst waren so drohend, daß der Mexikaner schon nach wenigen Minuten wußte: Wer einen solchen Plan preisgibt, läßt hinterher keine Wahl zu. Er mußte also mitmachen, denn sonst würde ihn ein ähnliches Schicksal wie das des im Kies begrabenen Polizisten ereilen.
»Ihr könnt auf mich zählen«, unterbrach er Leos Vortrag, und um in seinen beiden Mitfahrern gar nicht erst den Gedanken aufkommen zu lassen, er stimme nur aus Angst zu, sprach er weiter, und es gelang ihm sogar, seinen Worten den Tonfall des Eifers, ja, der Begeisterung zu unterlegen:
»Eine Viertelmillion! Da kann ich mir drüben, in San Diego, etwas aufbauen! Was Gutes. Was Großes. Mehr als nur ’ne Hühnerfarm. Vielleicht ein Fuhrunternehmen. Und dann hab’ ich truckers , die für mich auf den highways sind. Und ein eigenes Haus hab’ ich dann. Ist es auch ganz sicher, daß ich das Geld kriege?«
»Es ist absolut sicher«, antwortete Leo, »vorausgesetzt natürlich, du leistest gute Arbeit.«
»Das tu ich. Ich mache mit, und ihr könnt euch auf mich verlassen.«
Sie brachten die Möbel nach Ciudad Renacimiento. Um halb sechs kamen sie in Acapulco an. Sie fuhren nicht gleich bis ans Haus, sondern hielten hundert Meter entfernt vor einer Kurve. Richard übernahm den kleinen Botenweg, kündigte Wagen und Ladung an und fragte Felix, ob die Indianerin von nebenan in der Nähe sei; es müsse absolut sicher sein, daß sie den Laster nicht kommen sehe. So ging Felix hinüber mit dem Ziel, Luisa und möglichst auch die alte Frau in ein Gespräch zu verwickeln. Als er nach drei Minuten noch nicht wieder da war, kehrte Richard zum Laster zurück. Kurz darauf stand das Fahrzeug neben dem Haus, aber

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