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1986 Das Gift (SM)

1986 Das Gift (SM)

Titel: 1986 Das Gift (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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auf der den Nachbarn abgekehrten Seite und versteckt unter Palmen.

15.
    »Sehen Sie, mein Kind, das alles hat er sich geschaffen: das Hotel, das Schwimmbad und diesen herrlichen Garten!«
    Paul Wielands Vater führte Petra über die mit hellen Steinplatten ausgelegten Wege. »Natürlich«, fuhr er fort, »auch bei uns in Deutschland gibt es schöne Anlagen, aber da ist das Gärtnern ein bißchen mühsamer, besonders bei Ihnen oben im Norden.«
    »Ja, vor allem der Wind macht es uns schwer. Mein Vater hat vor ein paar Jahren Tannen und Kiefern gepflanzt, und er mußte eine Reihe anderer Bäume davorsetzen. Etwas Robustes. Vogelbeeren, glaube ich. Die fangen den Wind ab.«
    »Das kann ich mir gut vorstellen. Hier dagegen schießt alles ungehemmt in die Höhe, wenn nur immer genügend Wasser vorhanden ist. Und die vielen Farben! Sehen Sie«, er wies mit der rechten Hand nach beiden Seiten und voraus, »die blauen Jacarandablüten und den roten tabajin ! Und die Goldkelche und die Christrosen! Und da hinten den gengibre ! Blutrot die Blüten und so lang wie ein Finger. Und da! Die bombella ! Die wechselt ihre Farbe, ist mal weiß, mal rot; das hängt vom Sonneneinfall ab. Als Paul das Grundstück kaufte, wuchs hier nur Gras, und nun sehen Sie, wie groß die Bäume schon sind! Das schafft dieses Klima. Und natürlich liefern sie auch Früchte: Apfelsinen, Zitronen, Kokosnüsse, Avocados, Bananen, Mandeln. Was da oben in den Astgabeln hockt, das sind die wuchtigen Papayas, die Sie manchmal zum Frühstück bekommen.«
    Sie waren zum Schwimmbecken zurückgekehrt. »Ich danke Ihnen für die Führung durchs Paradies!« sagte Petra.
»Ihr Sohn hat es zwar geschaffen, aber ich glaube, Sie sind es, der hier alles hegt und pflegt.«
»Paul hat nicht mehr die Zeit dazu. Also braucht er einen Gärtner, und warum soll das nicht sein Vater sein? Warten Sie noch einen Moment!« Er verschwand, kehrte aber nach kurzer Zeit zurück. »Halten Sie mal Ihr Händchen auf!«
Petra mußte lachen, denn um entgegennehmen zu können, was der alte Mann ihr reichte, brauchte sie beide Arme, so groß und schwer war die Papaya.
»Ein paar Zitronen und Zucker kriegen Sie in der Küche.«
»Vielen Dank, Herr Wieland! Das deckt ja meinen Obstbedarf bis zur Abreise.«
»So lange hält sie sich nicht. Bis morgen müssen Sie sie aufgegessen haben.«
»Meine Freundin wird mir helfen.«
Sie trug die Papaya ins Zimmer hinauf. Christine unterbrach ihr Sonnenbad und machte sich auf den Weg in die Küche, um Zitronen und Zucker und zwei große Teller zu holen. Als sie zurückkam, hatte Petra die Frucht halbiert und die eine Hälfte geschält und entkernt. Nun zerkleinerte sie das Stück, füllte die Teller, gab Zitronensaft und Zucker über die orangefarbenen Würfel, und dann hielten sie Mahlzeit.
»Er verwöhnt dich«, sagte Christine.
»Diesmal war es aber sein Vater.«
»Dann ist die Sache ja noch ernster als ich dachte. Bist du verliebt?«
»Ja. Aber ich fürchte, dadurch lasse ich dich zuviel allein. Ich habe mehr Abende mit ihm als mit dir verbracht.«
»Das ist okay so. Mach dir keine Sorgen! Im übrigen bin ich heute abend auch eingeladen.«
»Ja? Von wem?«
»Es ist ein Flugkapitän aus den Staaten, also wohl eher ’ne Zwischenlandung. Er wohnt im LAS BRISAS, und dahin hat er mich eingeladen. Das ist das Hotel, in dem zu jedem Bungalow ein separater swimming-pool gehört und eins dieser lustigen bonbonfarbenen Autos. Und dann gibt es da auch noch ein großes Meerwasser-Schwimmbad direkt an der Küste, dazu ein Terrassen-Café.«
»Und das wirst du also alles kennenlernen? Seinen Bungalow, seinen pool, seinen rosaroten Jeep?«
»Wohl kaum, und wenn doch, dann sicher nicht in dieser Reihenfolge. Aber das muß ich sagen, er ist ein smarter Mann.«
»Dann paß auf! Smart hat nämlich was mit Schmerz zu tun. Aber ich freue mich, daß wir heute abend beide etwas vorhaben.«
Sie wuschen die Teller ab und legten die noch ungeschälte Papaya-Hälfte in den Eisschrank. Dann zogen sie sich um. Christine wählte ein Sommerkleid, Petra schlüpfte in Jeans und T-Shirt. Es war fünf Uhr, als sie in die Hotelhalle gingen. Kurz darauf fuhr das auffällige LAS BRISAS-Auto vor. Durch die Glastür konnte Petra den Flugkapitän beobachten. Sieht gut aus, dachte sie; fast zu gut.
Wenige Minuten später erschien Paul Wieland in der Halle. Auch er war sportlich angezogen, trug weiße Jeans und eine dunkelblaue Windjacke. Sie stiegen in seinen Jeep, fuhren hinunter zur

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