1987 - Der Mörderprinz
ich der Letzte der Chhatt, und wenn ich gestorben bin, wird das Geheimnis um die Konstruktion des Doms Dommrath auf eine Million Jahre oder länger verloren sein."
„Du wirst nicht sterben!"
„Es ist nun nicht mehr vermeidbar", verkündete der kleine Humanoide ruhig.
Samaho blickte ratlos auf die verworren wirkenden Anzeigen, die den Zustand des Patienten erklären sollten. Die Werte, die er sah, machten samt und sonders einen ermutigenden Eindruck.
„Aber es blieb nicht bei der Vernichtung Dommrathis?" fragte er weiter, mit einemmal voller Furcht, der kleine Humanoide könnte sterben, bevor er ihm sein Geheimnis verraten hatte.
„Nein. Denn nun griffen die Kosmokraten selbst ein. Zum ersten Mal seit einer undenklich langen Zeit stellten sich die Kosmischen Fabriken einer offenen Konfrontation. WAVE, GUA und KYMBRIUM begaben sich nach Kohagen-Pasmereix. Und dies ist der Punkt, an dem mein Wissen endet. Seit dieser Zeit herrscht ein unbegreiflicher Krieg. Ich glaube, daß Kohagen-Pasmereix untergehen muß. Ich glaube, daß die Chaotender und die Kosmischen Fabriken noch in diesem Jahr einen Sieger ermitteln werden. Dies wird das Jahr sein, in dem für viele Jahrmillionen das Leben in unserem Universum endet - oder das Jahr, in dem die Entstehung neuer Lebensquantitäten ihren Anfang nimmt."
Samaho dachte lange darüber nach, was er soeben gehört hatte. Wenn man Hrahhochhatt glauben konnte, befand sich die Raumlinse des Prinzregenten von Crozeiro inmitten einer Auseinandersetzung von kosmischer Dimension. In einer Auseinandersetzung, in der das Leben selbst auf dem Spiel stand.
„Ich weiß nicht, ob ich dir glauben kann, Hrahhochhatt. Aber ich werde noch in dieser Stunde..."
„Mein Prinzregent!" gellte plötzlich eine Stimme durch das Krankenlager. „Eine mächtige Präsenz erscheint, in unmittelbarer Nähe, in diesem System! Es ist - ein Chaotender!"
*
Er fühlte den mächtigen schwarzen Schatten mehr, als daß er ihn in der Hologrammkugel wirklich sehen konnte.
Samaho vermochte sich gegen die aufkeimende Furcht, dann Panik nicht zu wehren. Eine elektrizitätsähnliche Energie, deren Herkunft sich nicht bestimmen ließ, beschleunigte das Pulsieren seiner Körpersäfte, und ein ekelhafter Geschmack in seinem Mund ließ den Prinzregenten an ein verdorbenes Stück Aas denken, das er als kleines Kind einmal gekostet hatte.
Der Chaotender hatte sie entdeckt.
Sich windendes, permanent deformierendes schwarzes Loch. Kleiner Prinz, du mußt jetzt sterben. Jetzt. Nun. Endlich.
Samaho wußte, daß er sich nicht verbergen konnte, an keinem Ort des Universums, nicht solange der Tender die Raumlinse in der Ortung behielt.
Durch die formenergetische Struktur seines Schiffes lief eine Vibration, die er bis in die letzte Faser seines Körpers spürte.
„Flucht!" hörte er sich schreien. „Fliehen, fliehen, weg von hier!"
Die Linse rührte sich nicht von der Stelle.
Ein orangefarbener Funke löste sich aus dem verschwommen sichtbaren Leib des Chaotenders, und Samaho verfolgte in einem Augenblick, in dem die Zeit scheinbar stillstand, wie der Funke in die sechsdimensionalen Hybridschirme der Linse einschlug.
Oben und unten waren plötzlich nicht mehr unterscheidbar, das weiße Licht machte einem stroboskopischen Flackern in Blau und Violett Platz.
Ein furchtbarer Ruck ließ das technisch am besten ausgerüstete Raumschiff der Galaxis Pooryga um ein Haar zerplatzen wie eine hauchdünne alkalische Blase.
Samaho fühlte sich von einem Fesselfeld an seinen Platz gebannt.
Die Triebwerke der Linse wurden mit einem Energiebetrag gefüttert, für den es kein Meßgerät gab, doch sie brachten das Schiff nicht von der Stelle.
In jeder Sekunde projizierte die Automatik des Schiffes einen neuen Triebwerksblock hinzu. Nutzlos. Wenn die Gesetze nicht mehr gelten.
Dann sandte der Chaotender einen zweiten Funken hinterher, dieses Mal in einem blassen Gelb.
Samaho wußte zuerst nicht sicher, ob der Funke getroffen hatte. Er konnte plötzlich nichts mehr sehen.
Der Prinzregent fühlte sich an das Kloster von Druu erinnert, an den Augenblick, als der schwarze Steincrozeire zusammengebrochen war, und er empfand eine kreatürliche Furcht davor, daß nun seine Stunde gekommen war.
„Schablonen versagen!" hörte er eine Stimme schreien, die er instinktiv als künstlich einstufte. „Projektoren sind ohne Energie!"
Ein krachendes Geräusch ertönte. Es war der Laut mit dem höchsten Acustiqs-Wert, den er jemals
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