1987 - Der Mörderprinz
die Existenz des Schattens mit dem GESETZ im Einklang stand.
Das Objekt huschte plötzlich auf Samaho zu.
Er stieß fassungslos hervor: „Flucht! Wir müssen... müssen..." Es war nur ein Flüstern.
Die Raumlinse des Prinzregenten von Crozeiro, das mächtigste Schiff der Galaxis Pooryga, erreichte, von der Automatik gesteuert, den Hyperraum. Samaho war sicher, daß die Flucht im allerletzten möglichen Augenblick geglückt war.
*
Eine der zwei Kriegsparteien war nun bekannt. Samaho ließ die Zentronik der Linse nach Phänomenen forschen, die jenen aus Kohagen-Pasmereix ähnelten.
Per Sextadim-Standverbindung nahm er Kontakt zum Archivplaneten Mthiesen III auf, dem sagenumwobenen Zentrum des Wissens von Pooryga, und übermittelte sämtliche Beobachtungen. Es waren nicht sehr viele. Samaho ergänzte den Datensatz durch die subjektiven Wahrnehmungen, seine eigenen und die des Dieners Karvencehl. Ein Phänomen, sowenig faßbar wie der schwarze Schatten, ließ sich nicht allein auf rationalem Weg beschreiben, sondern erforderte zusätzliche Daten, die nur lebendige Wesen ergänzen konnten.
Es dauerte einen halben Tag, bis Mthiesen III eine Auswertung lieferte. Tatsächlich hatte es ähnliche Beobachtungen gegeben; allerdings in einer grauen Parahistorie, die mehr als eine halbe Million Jahre zurücklag. Damals hatte ein vergleichbarer Krieg in direkter Nachbarschaft zu Erranternohre getobt, angeblich eine Auseinandersetzung in Zuammenhang mit der Materiequelle Gourdel.
Das Phänomen aus Kohagen-Pasmereix wurde demnach als Chaotender bezeichnet.
„Mein Prinz, was ist unter einem Chaotender zu verstehen?"
„So, wie ich die Daten verstehe", erläuterte Samaho düster, „handelt es sich um eine Art unvorstellbar mächtiges Raumfahrzeug, das im Auftrag der Chaotarchen unterwegs ist."
„Chaotarchen...?"
„Kennst du nicht die kosmologischen Theorien, Karvencehl? - Das Universum wird von zwei einander widerstrebenden Urkräften angetrieben. Die eine Urkraft betreibt die Umwandlung der Energie und der Materie des Kosmos in einen ungeordneten, chaotischen Aggregatzustand. Das ist das Chaos. - Die zweite Urkraft, die Ordnung, strebt dagegen einen stabilen Zustand an, einen von Intelligenzwesen strukturierten Zustand, der nicht in einen neuen Urknall mündet, sondern die bestehenden Machtverhältnisse festigt."
Karvencehl formulierte mit holpriger Stimme: „Ich habe davon gehört. Aber ich weiß nicht, ob..."
„Das Chaos wird repräsentiert durch die Chaotarchen", führte Samaho unbeirrt aus. „Sie personifizieren das Chaos, die Entwicklung zum neuen Urknall, die vollständige Vernichtung jeglicher Struktur. - Die Ordnung wird vertreten durch die Kosmokraten. Sie versuchen, das Universum und die ihm innewohnende Intelligenz zu erhalten und zu fördern. Denn die Intelligenz stellt einen der mächtigsten ordnenden Faktoren dar."
Der Blick des Prinzregenten wanderte hinaus in das Sternmeer, das sich durch die Holofelder der Linse als Sprenkelmuster aus Milliarden Lichtquellen erkennen ließ.
Er war nicht sicher, ob der Chaotender sie verfolgen würde.
Wenn dem so war, besaßen sie nicht den Hauch einer Chance. Einem Chaotender konnten sie nicht entkommen.
Gegen ein Instrument des Chaos war die Raumlinse eines Prinzen von Crozeiro Spielzeug.
„Worauf wartet Ihr, Hoheit?"
„Auf gar nichts!" versetzte er unwirsch.
Karvencehl unterstellte: „Ihr wartet auf den Chaotender! Ist es nicht so?"
„Die Chaotender sind von Natur aus der unerbittliche Feind der intelligenten Wesen des Universums. Wir sollten hoffen, daß wir ihm nicht wieder begegnen."
„Wenn die Chaotarchen Feinde sind, was sind dann... die Kosmokraten?"
„Sie sind ebenfalls keine Freunde. Sie beurteilen die niederen Wesen, die diesseits der Materiequellen leben, lediglich nach ihrem Nutzen. Leben erhöht den Grad an Ordnung im Kosmos. Aber letzten Endes stehen sie auf unserer Seite. Wir sehen ihre Beauftragten als Freunde an, und wir sind nie schlecht damit gefahren."
„Heißt das, in Kohagen-Pasmereix wird eine Schlacht zwischen Ordnung und Chaos geschlagen?"
„So sieht es aus", antwortete Samaho düster.
„Wir müssen die Flotten von Pooryga zu Hilfe rufen!" forderte Karvencehl.
Samaho sprach gefaßt: „Das glaube ich nicht. Wir dürfen uns glücklich schätzen, wenn der Chaotender unsere Heimat und die poorygischen Flotten nicht bemerkt."
Zwei Tage lang harrte die Raumlinse an ihrer Warteposition aus.
Sphärenmusiken aus
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