1988 VX (SM)
Wohnungsmiete bar im voraus bezahlen und so weiter und so weiter …, wenn wir diese Kriterien ermittelt haben und das Bundeskriminalamt Leute mit solchen Auffälligkeiten bereits im Speicher hat, können wir auf Grund der Übereinstimmungen darauf schließen, daß es sich möglicherweise um dieselben Personen handelt. Das BKA ist also eine Art Sammelstelle. Nun liegt der Tatort meinetwegen im Land Niedersachsen. Dann kann das dortige Landeskriminalamt sich die nötigen Informationen bei uns in Wiesbaden holen. Früher war das eine umständliche und zeitraubende Angelegenheit, aber heute drückt in Hannover jemand auf den Knopf, und schon erscheint auf seinem Bildschirm die BKA-Liste mit – sagen wir – fünfzig Namen. Dann ist der Kreis der in Frage kommenden Personen schon mal erheblich eingeschränkt. Natürlich ist das BKA nicht der einzige Datenhalter. Auch die Einwohnermeldeämter, Gesundheitsbehörden, Finanzverwaltungen, Kirchen, Banken, sogar große Kaufhäuser verfügen über Daten. Sie wissen, der Zugriff auf diese Daten durch die Polizei ist ein heißes Eisen, denn der deutsche Bundesbürger stellt nun mal ein seltsam zwiespältiges Wesen dar. Wenn er gezählt werden soll, jault er auf, weil er angeben muß, in welcher Form es ihn gibt. Geht es aber um seinen Konsum, dann ist er sogar bereit, einem Kaufhaus mitzuteilen, wie oft er seine Unterhosen wechselt. Entschuldigen Sie, ich wollte die Lage nur anschaulich machen, werde nun auch nicht weiter abschweifen. Ein wesentlicher Teil unserer erkennungsdienstlichen Arbeit befaßt sich also mit der Übereinstimmung von Merkmalen, und nun passen Sie auf! Braden wurde ermordet von einer jungen, attraktiven Frau. Der Kontakt zwischen den beiden entstand durchs Tennisspielen. Vor kurzem wurde abermals ein Angehöriger des US-Sondermunitions-Depots von Wasloh tot aufgefunden. Viele Indizien sprechen dafür, daß es sich auch hier um Mord handelt. Wieder war der Kontakt durch eine Frau entstanden und wieder über den Sport. Diesmal war’s das Segeln. Der Sergeant wurde von ihr zu einem Segeltörn eingeladen, dann aber vermutlich gekidnappt und, wie wir annehmen, eine Woche lang ausgequetscht. Als die Täter genug Informationen hatten, haben sie ihn in die Nordsee geworfen. Und nun – bitte, nehmen Sie’s mir nicht übel! – hat erneut eine attraktive Frau Beziehungen aufgenommen zu einem Mitglied der Sondereinheit, zu Colonel Morrison. Die verwendete Sportart: das Reiten. Wenn da also in verhältnismäßig kurzem Zeitraum drei gleiche oder doch sehr ähnliche Vorgänge ablaufen, dann reagiert der Raster in meinem Kopf und sagt mir zumindest, daß die Übereinstimmungen auch etwas anderes sein könnten als Zufälle.
Verstehen Sie das?«
Sie lächelte. »Durchaus! Sie haben es ja auch sehr anschaulich dargestellt. Was ich nicht ganz begreife, ist die Art Ihres Verhörs.«
»Dies ist kein Verhör.«
»Dann eben die Art der Gesprächsführung. Wieso plaudern Sie alles aus, obwohl Sie mich verdächtigen? Wäre es nicht klüger, erstmal tagelang dieses Haus zu beobachten, mein Telefon anzuzapfen, zu kontrollieren, mit wem ich mich wie oft treffe, und so weiter? Wenn Sie mir als dritten Depotangehörigen Colonel Morrison nennen und als Mittel das Reiten, bin ich ja wohl – danke übrigens für die ›attraktive Frau‹ – die dritte Kontaktperson, nicht wahr?« »Frau Golombek, ich verdächtige Sie nicht. Sonst hatte ich es wirklich anders gemacht. Ich möchte Sie nur fragen, ob Sie vielleicht, ohne es gewußt zu haben, mißbraucht worden sind. Wurde Ihr Kontakt zu Morrison möglicherweise durch einen anderen angebahnt?«
»Mein Gott, durch wen denn bloß?«
»Vielleicht durch Ihren Mann?«
Jetzt lächelte Katharina Golombek nicht, sondern sie lachte laut auf. »Von meinem Mann? Hören Sie, Herr Lemmert, falls Sie vielleicht doch nicht Ihren Urlaub hier verbracht haben, sondern gestern oder heute angekommen sind zu dem einzigen Zweck, mich auszuhorchen, dann haben Sie viel Zeit und Geld für nichts investiert. Mike Morrison und ich haben uns kennengelernt, ohne daß mein Mann davon wußte. Als er es durch einen Zufall erfuhr, war sofort Schluß, denn es hat ihn sehr zornig gemacht. Glauben Sie mir, er hat mit meinem Kontakt zu Colonel Morrison nichts zu tun und mein Kontakt zu Morrison nichts mit dem Depot. Das schwöre ich.«
»Okay, ich glaube Ihnen. Ich werde übermorgen, nach meiner Rückkehr, auch noch mit Ihrem Mann sprechen, aber das
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