1988 VX (SM)
Gestüt, um Ihnen ein paar Fragen zu stellen.«
»Ah ja, jetzt weiß ich’s! Der Deutsche waren also Sie! Wollen Sie nicht einen Moment hereinkommen?«
»Ja, danke.« Er folgte ihr und setzte sich im Wohnzimmer an den flachen Tisch.
»Möchten Sie etwas trinken?«
»Gern! Hab’ nämlich heute das Einkaufen verschwitzt, und nun steht nicht mal ’ne Flasche Mineralwasser in meinem Eisschrank.«
»Ich gebe Ihnen nachher eine mit.«
»Das ist nett. Was für ein Zufall, daß wir zur selben Zeit fast Haus an Haus Ferien machen!«
»ROCA LLISA ist sehr schön, und daher ist man nicht der einzige, der hierherkommt.«
»Bleiben Sie länger?«
»Noch ein paar Wochen. Und bei Ihnen ruft also schon wieder der Dienst.«
»Leider.« Er fand sie jünger, als er sie in Erinnerung hatte, fand sie hübsch und jugendlich in ihrem Strandkleid.
»Auch einen Bourbon mit Soda und Eis? Oder lieber etwas anderes?«
»Mir ist alles recht, wenn es nur naß ist.«
Sie schenkte ein, setzte sich ihm gegenüber in ihren Sessel, stellte die Vase mit den Blumen auf den Fußboden.
»Sie und Ihr Mann tragen uns den Besuch bei Ihnen hoffentlich nicht nach.«
»Aber nein!«
»Ist er auch hier?«
»Noch nicht, aber er wird irgendwann nachkommen.« Sie tranken. Er bot ihr von seinen Zigaretten an, doch sie
bevorzugte ihre eigenen.
»Frau Golombek, ich will offen zu Ihnen sein. Zwar bin ich privat hier, aber als ich erfuhr, daß auch Sie in diesem Club Ferien machen, meldete sieh in meinem Kopf gleich wieder der Dienst, und ich sagte mir: Warum nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden? Die Frage ist jetzt nur, ob Sie mitmachen. Wollen Sie mir helfen? Wollen Sie mir ein paar Fragen beantworten?«
»Etwa noch einmal zum Unglück meiner Tochter? Und zu dem ausgestopften Storch?«
»Nein, das verspreche ich Ihnen. Aber es ist etwas sehr Persönliches. Bitte, halten Sie sich dabei vor Augen, daß alles, was Leute wie ich fragen, nichts mit Neugier zu tun hat, sondern immer nur mit dem Versuch, Unrecht zu verfolgen oder, falls es sich anbahnt, zu vereiteln. Ich muß Ihnen bekennen: Da ich hier nur Ferien mache, habe ich keinerlei dienstliche Befugnis. Sie brauchen mir also nicht zu antworten, können mich rauswerfen, und wenn ich penetrant bin und einfach bleibe, können Sie die spanische Polizei rufen und mich von hier entfernen lassen. Wir sind nun mal im Ausland, und mein Gespräch mit Ihnen ist nicht abgesegnet durch ein Rechtshilfeersuchen. Wollen Sie mir trotzdem helfen?«
»Das kann ich erst entscheiden, wenn ich weiß, wonach Sie mich fragen wollen.«
»Natürlich, sonst wär’s ja die Katze im Sack. Probieren wir es doch einfach mal! Aber vergessen Sie auf keinen Fall, was ich vorhin gesagt habe: Es geht bei uns vorwiegend darum, Menschen vor Unheil zu bewahren, und oft genug müssen wir dann leider auch indiskret werden. Also, vor etwa zwei Monaten wurde Colonel Braden ermordet, und …«
»Doch wieder diese Geschichte?«
»Nein, jedenfalls nicht direkt und auch nicht im Zusammenhang mit Ihnen oder Ihrer Tochter. Erlauben Sie mir bitte, daß ich ein bißchen aushole! Wissen Sie, was eine Rasterfahndung ist?«
»Gehört hab’ ich das Wort schon mal, aber was es genau bedeutet, kann ich nicht sagen.«
»Passen Sie auf: Die Rasterfahndung bedient sich der bei der Polizei gespeicherten Informationen. Wenn wir zum Beispiel in einem Fall von Terrorismus zu ermitteln haben, prüfen wir, inwieweit unsere lokalen Ermittlungsergebnisse übereinstimmen mit Erkenntnissen, die dem Bundeskriminalamt bereits vorliegen. Da wurde etwa bei einem Anschlag ein bestimmter Sprengstofftyp benutzt, und vielleicht wurde er sogar auf eine uns längst bekannte Weise getarnt, als Spielzeug oder als Marzipanbrot oder als Feuerlöscher. Wenn diese Methode auch schon früher angewandt worden ist, besteht die Möglichkeit, daß es sich um dieselben Täter handelt. Sie verstehen? Es geht quasi um das Wiedererkennen einer bestimmten ›Handschrift‹. Der verwendete Sprengstoff ist dabei natürlich nur ein Detail. Man kann den Raster mit einer Harke vergleichen. Der Abstand zwischen den Zinken sorgt dafür, daß Objekte einer bestimmten Größe hängenbleiben. Dabei ist die Größe wiederum nur ein Merkmal der Objekte. Es gibt etliche mehr. Wenn zum Beispiel Täter dadurch aufgefallen sind, daß sie anonyme Hochhauswohnungen bevorzugen, zu denen eine Tiefgarage gehört, und daß sie einen bestimmten Wagentyp fahren, die
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