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1988 VX (SM)

1988 VX (SM)

Titel: 1988 VX (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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spät. Und bitte, komm nicht morgen angereist! Es wäre nicht gut. Ich brauche noch etwas Zeit.«
»Keine Angst! Ich komme erst, wenn du es willst.«
»Gute Nacht, Katharina!«
»Gute Nacht, Frank!«
Er legte auf. Wenn sie wüßte, dachte er, daß aus meiner Moschee ein Tunnel geworden ist!

2.
    Am Donnerstagabend um 19.45 Uhr kam Cornelius Lemmert auf dem Flughafen von Ibiza an. Er hatte kein großes Gepäck, nur eine Reisetasche, so daß das Warten am Transportband entfiel und er einer der ersten war, die sich auf dem Vorplatz einfanden.
    Er winkte ein Taxi heran, stieg ein. Als Ziel gab er den Golfclub ROCA LLISA an. Katharina Golombeks Aufenthaltsort noch von Wiesbaden aus zu erforschen, war ein leichtes gewesen. Er hatte in seiner Dienststelle Informationen zum Thema »Golf auf Ibiza« sammeln lassen und erfahren, daß man sich im Club ROCA LLISA auch einmieten konnte. Also hatte er dort angerufen und mit ein paar Trickfragen herausgefunden, daß Frau Golombek den Bungalow Nr. 11 bewohnte. Das Gespräch war auf englisch geführt worden. Eine halbe Stunde später hatte er dann aufs Geratewohl angefragt, ob er für einige Tage die Nr. 10 mieten könne. In jener Reihe, so hatte man ihm gesagt, sei nur noch die Nr. 14 zu haben, denn diese Häuser ständen direkt am Meer und seien deshalb sehr gefragt. Er hatte dann für die Nr. 14 zugesagt.
    Nach zehn Minuten erreichte das Taxi den Rand von Ibiza-Stadt.
»Wie weit ist es noch?« Auch im Gespräch mit dem Fahrer konnte er sich des Englischen bedienen.
»Erstmal geht’s durch die Stadt«, lautete die Antwort, »und dann sind’s ungefähr sechs Kilometer.«
Der Yachthafen mit seinen vielen Masten war schön anzusehen, aber sofort kam ihm der Dienst in die Quere, denn in seinem Kopf waren es plötzlich nicht mehr die Boote von Ibiza, sondern die von Ostende, und ganz schnell war er wieder bei Jeff Haggerty angelangt. Am Clubeingang wurde die Schranke gehoben. Die Anmeldung erledigte er in dem kleinen Kontrollhäuschen. Er bekam den Schlüssel. Der Wärter beschrieb dem Taxifahrer den Weg zum Bungalow Nr. 14. Um halb neun betrat Cornelius Lemmert sein Ferienhaus.
Der Rundgang durch Wohn- und Schlafzimmer, Küche und Bad war eine Sache von wenigen Minuten, das Auspacken ebenfalls. Er löschte das Licht, ging hinaus auf die Terrasse, konnte von dort aus nicht nur aufs Meer, sondern auch auf die dem Wasser zugekehrten Rückfronten der Nachbarhäuser sehen. Zwei waren beleuchtet, eins zu seiner Linken, eins zu seiner Rechten, aber in beiden Fällen lagen andere Gebäude dazwischen. Er setzte sich auf die steinerne Balustrade. Da er während der Fahrt durch das Clubgelände nicht darauf geachtet hatte, in welcher Richtung die Hausnummern zu zählen waren, wußte er nicht, ob die Nr. 11 nun rechts oder links von ihm stand. Also machte er sich noch keine Gedanken darüber, hinter welchen Fenstern die Frau sich aufhalten mochte, mit der er, wenn möglich, noch an diesem Abend sprechen wollte. Er gönnte sich, mitten im Dienst, eine Viertelstunde Urlaub, ließ seinen Gedanken freien Lauf.
Wie schön wäre es, wenn ich Olga bei mir hätte! Natürlich wären wir dann schon am Nachmittag gekommen, jedenfalls so zeitig, daß wir den Eisschrank noch hätten füllen können; dafür hätte sie bestimmt gesorgt. Nun hab’ ich, wie zu Hause so oft, eine leere Küche und hau’ mich irgendwann mit knurrendem Magen ins Bett.
Drei Jahre war es nun her, daß seine Frau sich von ihm getrennt hatte. Es hatte für sie keinen anderen Mann gegeben und für ihn keine andere Frau. Der Grund für die Trennung war viel elementarer gewesen. Hundertmal hatte sie ihn genannt, hatte gedroht zu gehen, und schließlich hatte sie es wahrgemacht, war gegangen mit der Erklärung:
»Weil du das, was mir an unserer Ehe das Liebste ist, immer wieder aufs Spiel setzt.«
»Nämlich?« hatte er zurückgefragt, und dann war die verblüffend lapidare Antwort gekommen:
»Dich.«
Ja, und damit war auf die kürzeste Formel gebracht worden, was Olga Lemmert, geborene Menzel, sechseinhalb Jahre lang ertragen und dann eben nicht mehr ertragen hatte: die ständige Gefahr, daß eines Tages nicht ihr Mann, sondern ein Kollege die zweiundvierzig Stufen des Altbau-Treppenhauses heraufgestiegen käme und es dann hieße:
»Olga, es tut mir so leid, aber ich muß dir eine schlimme Nachricht überbringen …«
Ich verstand sie ja, dachte er und rieb sich die Schläfen. Immer noch steckte die Erkältung in seinem Kopf und in

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