1989 - Countdown für Chearth
Xial-Blüte warten müsse. Wenn er dann den Nektar richtig einsetzte, sei seine Zeit gekommen.
Damit war Corr re Venth zufrieden gewesen. Achtzig Jahre gingen schnell vorüber, zumindest waren es keine hundert Jahre.
Aber natürlich sprach er mit niemandem über diese Vision.
„Dennoch kann ich nicht glauben, daß Vil an Desch zum Glaubensverräter geworden ist", beharrte Corr re Venth.
„Es muß einen Grund dafür geben." Er selbst war tiefgläubig, aber kein Fanatiker. Er war bodenständig genug, immer den eigenen Horizont erweitern zu wollen und nicht von vornherein Urteile zu fällen, nur weil das Verhalten anderer nicht zu den Gesetzen der Heiligen Schriften paßte."
„Du weißt, daß solche Äußerungen in der Öffentlichkeit nicht erwünscht sind, Corr."
„Selbstverständlich, Illus. Und deswegen wollen wir auch darüber nachdenken, wie wir eine Änderung herbeiführen können, ohne das Leben dabei zu verlieren."
„Non ga Beth und Cran de Gedde sind auf unserer Seite. Sie versuchen immer noch, die Meinung der anderen zu ändern."
„Aber das ist nicht leicht, wenn Dro ga Dremm von Schleimhäutern wie dem Winzling Arron ga Muhn umgeben ist. Am liebsten würde er ja in ihn hineinkriechen, nur um sich einen Vorteil zu verschaffen." Illus zupfte an einer Troddel seines Anzuges herum. Er war von oben bis unten mit Perlenfäden behangen, die dem Liandos ähnelten. „Arron ga Muhn macht Stimmung gegen uns, sobald wir anfangen, Dro ga Dremm zu kritisieren. Und es gibt genügend Ja-Sager, denen alles völlig egal ist, solange sie nur ihre Position halten können."
„Das kann ich einfach nicht verstehen", ereiferte sich Corr re Venth. In einer längst automatisch gewordenen, unbewußten Geste tastete er nach der verborgenen Phiole unter den weiten Falten seines Gewandes. „Dro ga Dremm ist nicht einmal gewählt worden! Noch ehe wir anderen reagieren konnten, schwang er sich auf den Thron und übernahm das Kommando.
Dabei faselte er wirr von irgendwelchen göttlichen Visionen, die ihm das aufgetragen hätten."
Illus schnarrte: „Er ist gefährlich, und deswegen gehört er weg. Er ist ein uneinsichtiger Fanatiker, der nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist und von ungeheurer Machtgier besessen. Um das zu rechtfertigen, steigert er sich immer mehr in seinen religiösen Wahn hinein."
„Und die anderen haben gelernt, ihn zu fürchten." Corr re Venth erinnerte sich an die erste Versammlung, auf der Dro ga Dremm als neuer oberster Scoctore aufgetreten war.
Die vier Freunde hatten ihre Meinung dargelegt, daß eine - möglicherweise auch geheime - Wahl stattfinden müsse und Dro ga Dremm sich unrechtmäßig die Führung angeeignet hatte. Sie hatten sehr gut argumentiert, und der Fanatiker war immer wütender geworden, als er sah, wie die Stimmung allmählich gegen ihn umschlug.
Der Termin für eine Wahl war angesetzt worden. Doch als es dann soweit war, erschien niemand. Corr re Venth und seine Vertrauten waren allein, niemand sonst war gekommen.
Als sie nacheinander die Scoctoren aufsuchten, um sie zur Rede zu stellen, erhielten sie nur ausweichende Antworten. Einige hatten es sich anders überlegt, weil sie persönlich keinen Schaden davontrugen und es ihnen daher nicht bedeutend genug war, eine Mißstimmung aufzubringen. Andere wie Arron ga Muhn hatten sich leidenschaftlich auf die Seite des neuen Erleuchteten geschlagen. Und der Rest hatte schlicht und ergreifend Angst.
Was genau geschehen war, hatten die Verbündeten nie herausfinden können. Aber Dro ga Dremm mußte ihnen gehörig zugesetzt haben.
„Es widerspricht allen Gesetzen der Ehre, daß wir den obersten Scoctoren, der von den Göttern dazu berufen worden ist, absetzen", hatten sie unter anderem als Grund zu hören bekommen.
„Vil an Desch haben wir auch abgesetzt!" versuchten sie Gegenargumente vorzubringen.
„Weil er zum Verräter an seinem Volk und am Glauben geworden ist. Die Götter haben ihn verbannt."
„Dro ga Dremm hat sich selbst dazu berufen..."
„Durch eine göttliche Vision. Kein Scoctore würde es wagen, dem Willen der Götter zuwiderzuhandeln, um nicht ihren Zorn heraufzubeschwören. Dro ga Dremm ist unser neuer Führer, so ist es bestimmt."
Da konnte man also nichts machen. Die Religion war eine stärkere Macht als der nüchterne Realismus, der den Verbündeten sagte, daß sie alle auf eine große Gefahr zusteuerten und daß das keinesfalls der Wille der Götter sein konnte.
Daß es auch Verblendete oder
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