199 - Schlacht der Giganten
stand am rechten Rand des Sternbildes. Seit vielen Tagen schon kündigte diese Sternenkonstellation dem Ersten Diener die bevorstehenden Umwälzungen an. Nur Stunden noch bis zur großen Schlacht.
Gauko’on drehte sich zum Feuer um. Die anderen beiden sahen ihn gespannt und voller Erwartung an. »Die Entscheidung ist gefallen!« Er verkündete, was die Stimme sagte, die tief in seinem Geist raunte. »Es genügt nicht mehr, den Feind nur zu paralysieren, um dann auf den Streiter zu warten. Commanderdrax hat versagt, der Feind ist noch immer bei Bewusstsein. Es kann Tausende von Planetenumkreisungen dauern, bis unser aller HERR kommt und seine Beute verschlingt. Der Feind könnte fliehen, während ich auf den Streiter warte, und seine Spuren verwischen. Es ist zweckmäßiger, ihn zu vernichten, jetzt und hier. Womöglich wird es dem Streiter nicht gefallen, aber ich muss es tun – und ich kann es tun, denn ich bin stark geworden, sehr stark. Ich will meine Stärke erproben.«
»Und was ist mit dem Ersten Wächter des Uluru?«, fragte der zweite Greis. »Sollen wir ihn jetzt töten?«
»Nein.« Gauko’on stand unbeweglich am Rande des Felsplateaus. Der Wind spielte mit seinen langen weißen Locken. »Schafft Ulros her zu mir!«
Der erste Greis erhob sich. Er stelzte aus dem Schein der Flammen in die Dunkelheit. Wenig später hörte man Stimmen vom nahen Schacht, in dem die Treppe nach unten führte.
Schritte scharrten über Stein und durch Geröll, und bald kehrte der erste Helfer Gauko’ons zum Feuer zurück und nahm wieder Platz. Hinter ihm führten vier Anangu einen untersetzten Krieger am Feuer vorbei zum Abgrund.
Der Krieger hieß Ulros. Er war unbewaffnet, trug keine Fesseln, und doch hätte er nicht fliehen können. Die mentale Fessel, die ihn band, war stärker, als Bast, Tiersehne oder Kette es jemals sein konnten. Hätte Gauko’on ihm den Befehl gegeben, sich vom Felsen zu stürzen, Ulros hätte keinen Augenblick gezögert.
Die Anangu traten zur Seite, Ulros fiel vor Gauko’on auf die Knie. Sein Unterkiefer zitterte, während er zu dem knochigen Greis empor sah. »Der HERR begnadigt dich«, sagte Gauko’on.
Ulros fiel seufzend auf den Bauch. »Danke, danke…«, stammelte er und weinte vor Erleichterung.
»Zwar ist es dir nicht gelungen, die Gedankenmeisterin und ihren Bastard zu besiegen, doch weil sie sich schließlich meiner Übermacht ergeben haben und nun doch in den Kerkerhöhlen sitzen, sollst du noch eine Chance erhalten.«
[1] Der Begnadigte erhob sich. »Was soll ich tun?«
Mit einer knappen Geste bedeutete Gauko’on dem ersten Greis, ihm das Schwert zu bringen. Er reichte es Ulros. »Nimm dies als Zeichen deiner Begnadigung.«
Ulros zitterte, als er das Schwert entgegennahm, das er dem Pflanzenmagier Daa’tan abgenommen hatte. Er war so ergriffen und aufgewühlt, dass ihm die Worte fehlten.
»Im Kampf, der uns bevorsteht, wirst du mir beweisen, dass du solcher Gnade würdig bist«, betonte Gauko’on.
»Ja, HERR, das werde ich tun, das werde ich ganz bestimmt tun. Doch wie lautet dein Auftrag?«
»Höre gut zu, denn die gewissenhafte Lösung dieser Aufgabe ist entscheidend für den Sieg.« Mit einer herrischen Geste bedeutete Gauko’on dem Jüngeren, sich zu erheben.
Ulros stand auf. »Du wirst die Gefangenen im Auge behalten. Wenn sie ihre Kerker in Kürze verlassen, erfordert die Aufgabe vielleicht den Einsatz deines Lebens.«
»Alles gebe ich für dich, o HERR!«, rief Ulros. »Doch warum sollten die Gefangenen ihre Kerker bald verlassen?«
»Unwissender Narr!«, herrschte der greise Schamane ihn an, ließ sich dann aber doch dazu herab, es Ulros zu erklären: »Du weißt, worin wir die Gedankenmeisterin gebadet haben?«
»Natürlich«, entgegnete der Erste Wächter unsicher. »Ich habe selbst die Krieger befehligt, die sie mit dem Metaplasmahemmer tränkten.«
»Dann sollte dir klar sein, dass uns die Barbarin nicht dienlich sein kann, wenn sie im Kerker verrottet. Ihr Gefährte, der Verräter Drax, soll sie befreien und zum Wandler schaffen. Dort kann sie ihre vernichtende Kraft entfalten!«
Ulros war sichtlich beeindruckt. Der Ahne hatte also das Versagen des weißen Fremden vorhergesehen, ja sogar von Anfang an in seinen Plan einbezogen! So weit hätte er selbst nie gedacht – aber er war ja auch nicht der HERR, sondern nur ein niederer Diener.
»Wir haben bereits Vorbereitungen getroffen«, fuhr der Ahne durch Gauko’ons Mund fort. »Die Wache ist einfach
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