199 - Schlacht der Giganten
besetzt und darf ruhen. Der Schlüssel aber ist der schwarze Wolfsmutant. Wir versorgen ihn bereits mit Fleisch. Er kennt den Weg zu dem Mann aus der Vergangenheit und seinem weißhaarigen Gefährten. Er wird bald auch den Weg zur Gedankenmeisterin und ihrem Bastard kennen. Dafür wirst du sorgen. Und nun höre genau, was ich von dir erwarte!«
»Ich höre und gehorche, o HERR!« Gauko’on trat zu ihm, beugte sich an sein Ohr und erklärte ihm, was er zu tun hatte.
***
Der Junge schlief. Aruula lehnte am Rand des Gitters und spähte über den halbdunklen Gang zu seiner Zelle. Eine Fackel steckte außerhalb ihres Sichtfeldes in der Felswand des Ganges und warf einen matten Schein in Daa’tans Kerker. Hinter dessen Gittertor konnte sie bis zur Kerkerwand blicken. Dort lag ihr Sohn auf seinem Lager. Sie glaubte seine langen schwarzen Haare erkennen zu können, und sie sah, wie sein kräftiger Brustkorb sich im Rhythmus der Atemzüge hob und senkte.
Der Wächter schlief tief und fest ein paar Schritte entfernt auf seinem Strohsack. Aruula beugte sich über ihre Knie und versuchte Daa’tans Gedanken zu belauschen.
Sein Geist war weich und bot ihrer telepathischen Kraft keinerlei Widerstand. Doch Finsternis herrschte in ihm, und da war fast nichts, was sie erlauschen konnte. Hin und wieder nur blitzte ein Bild auf, mit dem sie etwas anfangen konnte: Mal sah sie einen Daa’muren, mal einen wilden, wuchernden Dornenwald, mal ihr eigenes Gesicht. Einmal sah sie Maddrax’
Kopf. Er lag abgeschlagen neben seinem Rumpf.
Erschrocken fuhr sie hoch. Sie verscheuchte das schlimme Bild und sah hinüber zu der Zelle ihres Sohnes. Immerhin tauchte er langsam, ganz langsam wieder auf aus seiner Bewusstlosigkeit. Wenn sie ihm nur nicht wieder das Betäubungsmittel spritzten! Wenn sie nur ein einziges Mal zu spät kommen würden und er zu sich käme – er würde seine Macht über die Pflanzen entfalten und sie beide befreien.
Aruula hoffte – aber wie jede Nacht hoffte sie vergeblich.
Schritte näherten sich. Sie huschte weg vom rostigen Gitter, presste sich an die Wand ihres Felsenkerkers. Die Schritte wurden lauter, zwei bewaffnete schwarze Krieger blieben vor Daa’tans Kerkergitter stehen. Der alte Heiler war bei ihnen.
Aruula biss sich vor Enttäuschung auf die Unterlippe.
Der Alte hatte tiefbraune Haut, war knochig und klein und trug, wie immer, ein graues Gewand und einen schmutzigen schwarzen Turban. Auch seine weiße Truhe mit der roten Mondsichel auf dem Deckel hatte er wieder dabei. In ihr bewahrte er seine Medizin und seine Instrumente auf.
Der Wächter erwachte, sie hörte ihn gähnen. Sein Schlüsselbund klirrte. Quietschend öffnete sich Daa’tans Kerkergitter. Aruula blieb, wo sie war und wo kein Lichtschein auf sie fiel. Zu oft schon hatte sie mit ansehen müssen, wie der Heiler ihrem Sohn das Betäubungsmittel verabreichte.
Während er das tat, pflegten die Anangu rechts und links von ihm zu stehen und mit Schwert und Speer auf den Bewusstlosen zu zielen. Sie fürchteten Daa’tan, und sie fürchteten ihn zu Recht.
Wenige Atemzüge später schon hörte Aruula, wie das Gitter gegenüber sich wieder schloss, der Riegel einrastete und der Schlüssel rasselte. Dann entfernten sich die Schritte der Männer wieder. Der Wächter schlurfte zurück zu seinem Lager. Aruula hörte, wie er sich auf den Strohsack fallen ließ und gähnte.
Sie wartete, bis sie wieder seine gleichmäßigen Atemzüge hörte. Als sie sicher war, dass er schlief, rutschte sie an die Gittertür und spähte über den Gang ins Halbdunkle der gegenüberliegenden Zelle: Langsam hob und senkte sich nun die Brust des Jungen.
Sie beugte sich erneut über ihre Schenkel und lauschte.
Nichts. Kein einziges Bild mehr, nur noch Finsternis. Daa’tan war wieder tief bewusstlos und würde es bis in den frühen Nachmittag des folgenden Tages hinein bleiben. Bis der verdammte Turbanträger mit seiner weißen Truhe wieder auftauchte.
Wund vor Schmerz und Hoffnungslosigkeit kroch Aruula zu ihrem Lager, wickelte sich in ihr Fell und versuchte zu schlafen.
Zwei Stunden lag sie schlaflos und wälzte sich hin und her.
Erinnerungen an schlimme Stunden quälten sie.
Sie musste an den Abend denken, als die Anangu sie aus dem Kerker holten und auf einen Scheiterhaufen fesselten. Sie musste an die Stunde denken, als die Anangu sie in die schmerzende Flüssigkeit tauchten, die ihren Körper zu einer Waffe gegen den Wandler machte. Und sie fragte sich zum
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