1990 - Der Silberwolf
stimmten nicht überein. Albado hatte die Daten nicht übernommen oder einfach geändert. Oder wusste er gar nichts davon? Hatte jemand die Daten ohne sein Wissen manipuliert? Rudyr schickte ihm einen entsprechenden Hinweis in sein Terminal. Der Teamchef reagierte nicht dar auf. Aber huschte da nicht ein Grinsen über sein Gesicht? Nein, Rudyr täuschte sich wohl. „Der Versuch wird wiederholt, sobald wir die Ursache der Deformierung analysiert haben", verkündete Kirk Albado. „Aber wir kennen sie doch bereits", wollte Rudyr rufen. Im letzten Augenblick besann er sich anders und hielt den Mund.
Sein Körper versteifte sich. Übergangslos hatte er das Gefühl, als starre ihm jemand über die Schulter. Zaghaft wandte der Junge den Kopf. Es war Lazari. „Du hast es also bemerkt", stellte er fest. „Ich kann mir nicht erklären, wieso keiner den Fehler entdeckt hat", antwortete Rudyr. „Es war kein Fehler. Kirk wollte testen, wie hoch die Abweichung sein darf. Solange wir mit dem Dummy arbeiten, kostet uns ein Rückschlag weniger Zeit, als wenn wir einen voll ausgestatteten Prototyp benutzen." Das Argument leuchtete Rudyr ein.
Und er fragte sich, wieso er nicht selbst auf den Gedanken gekommen war. Eine Antwort fiel ihm nicht ein. „Für heute ist erst einmal Schluss", fuhr Lazari fort und klopfte ihm auf die Schulter. „Kommst du mit?"
„Eigentlich würde ich lieber in den Hangar zu Domino Ross gehen."
„Domino hat einen Termin mit der Schiffsführung. Du wirst ihn nicht antreffen. Im Übrigen solltest du dich für morgen ausruhen. Der Tag wird anstrengend."
Rudyr richtete sich auf. Die Stimme seines Vaters klang fast so, als wolle er andeuten... „Ich darf dabei sein?" jubelte er. „Bei den Vorbereitungen für den Zusammenbau des wesentlich stabileren und bei den Abschlussarbeiten am Minenwerfer", bestätigte Lazari.„Vielleicht auch beim Test. Deine Mutter hat unter der Bedingung zugestimmt, dass die Syntrons dich von jedem .Gefahrenherd fernhalten."
„Das ist wunderbar!"Nacheinander fiel Rudyr seinem Vater und seiner Mutter um den Hals. Danach war er nicht mehr ansprechbar, aber das störte ihn selbst am wenigsten.
Rudyr Pinkor richtete seine Aufmerksamkeit auf die Meldungen aus der Zentrale des VESTA-Kreuzers. Die KORONA unter Pilot Kobo Reaumyr hatte vor vier Stunden den Orbit um Thagarum verlassen und hielt Ausschau nach einem einzelnen Algioten-Raumer. Sie beschränkte sich dabei zunächst auf einen Raumsektor von hundert Lichtjahren Durchmesser, der abseits vom Sonnentresor in Richtung galaktisches Zentrum lag. Durch den Sektor führten zwei wichtige Verbindungsrouten der Algioten. Wann ein einzelnes Schiff der Invasoren diesen Weg nehmen würde, stand in den Sternen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es in den nächsten Tagen geschah, lag bei eins zu eintausend. Die über Chearth verteilten Flotten der Algioten hatten angefangen zu rochieren. Bisher ließ sich nicht erkennen, womit es zusammenhing. Atlan schickte Erkundungsschiffe quer durch die Galaxis, damit sie die Lage erkundeten. Zu ihnen gehörte die URANIA mit Denor Massall und Domino Ross an Bord.
Warum der Arkonide den Techniker aus dem Team abzog und auf eine solche Mission schickte, entzog sich dem Verständnis des Jungen. Er hielt sich vor Augen, dass die Erwachsenen oftmals selbst nicht wussten, warum sie dies oder jenes taten. Es erschütterte Rudyrs Vertrauen in sie, aber dann dachte er wieder daran, dass er mit seinen neunzehn Jahren erwachsen genug war, um sich nichts anmerken zu lassen. Die KORONA meldete ein minimales Halbraumecho in zweihundert Lichtjahren Entfernung. Der VESTA-Kreuzer verschwand im Hyperraum und nahm die Fährte auf. Die Ortung identifizierte ein einzelnes Knotenschiff im Anflug auf Wheean, eine der besetzten Vlatschi-Welten. „Es geht los", verkündete Albado und ließ den Hangar öffnen. Auf dem Holoschirm erkannte Rudyr undeutlich die Silhouette des Minenwerfers. Der Steuersyntron meldete Bereitschaft. Diesmal konnte nichts schief gehen. Der Prototyp entsprach bis ins kleinste Detail dem, was Rudyr im Dezember vorausberechnet hatte. Seltsamerweise hielt sich die Neugier des Jungen in seinem Siga-SERUN in Grenzen. Zu genau wusste er, was sich ereignen würde. Der Gedanke an den Gharrer im Schiff elektrisierte ihn weitaus mehr. „Mutter, darf ich die Zentrale aufsuchen?" fragte er. Saidi stimmte zu, weil sie im Zentrum des Schiffes lag und seine Mutter der Meinung war, dass ihr Sprössling dort noch
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