Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1992 Das Theunissen-Testament (SM)

1992 Das Theunissen-Testament (SM)

Titel: 1992 Das Theunissen-Testament (SM)
Autoren: Hinrich Matthiesen
Vom Netzwerk:
fast zehnminütigen Gespräch mit größter Aufmerksamkeit, obwohl sie nur einzelne bekannte Begriffe wie destinación, carga, explosión und capitán heraushören konnten.
Olaf versuchte, in Hagemanns Gesicht zu lesen, gab es aber bald auf, denn das Stirnrunzeln und die gelegentlichen Unmutslaute galten ja vielleicht nur der schlechten Verständigung, mehr als einmal rief, nein, schrie der junge Mann in den Apparat: » Repítalo, por favor! « und das mußte wohl die Aufforderung sein, einen nicht ganz eindeutig erfaßten Sachverhalt zu wiederholen. Schließlich dankte Hagemann seinem Gesprächspartner in Valparaiso und beendete das Telefonat mit den Worten: » Muchos saludos a capitán Hollmann y a la trípulación! « , mit Grüßen also für den Kapitän und die Mannschaft. Er legte den Hörer auf.
»Eine mysteriöse Geschichte«, sagte er. »Auf der OLGA THEUNISSEN hat es eine Explosion gegeben, vermutlich in Luke sechs, weit unterhalb der Wasserlinie. Es muß ziemlich heftig zugegangen sein, denn die Druckwelle hat sogar einen Teil des Maschinenraums zertrümmert, in dem sich ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt Thomsen und Fernandez aufhielten. Man hat sie noch heraufholen können. Leider zu spät. Die Druckwelle erfaßte aber nicht nur den Maschinenraum, sondern ging gleichzeitig nach oben und zerfetzte den Deckel von Luke sechs. Verletzte gab es nicht. Die Männer haben es grad noch geschafft, in die Boote zu gehen.«
»Grauenhaft!« Für einen Moment legte Olaf beide Hände vors Gesicht, und dann fragte er: »Wie ist es passiert?«
»Das weiß man nicht«, antwortete Hagemann.
»Hollmann hat von einem Blitz aus heiterem Himmel gesprochen. Für ihn und alle anderen ist die Sache ein Rätsel. Und das mit dem heiteren Himmel stimmt sogar wörtlich. Es war schönstes Wetter, heller Tag, kaum Wind. Ein paar der Leute lagen achtern und nutzten ihre Freiwache für ein Sonnenbad.«
»Wo ist es passiert?« wollte Olaf wissen.
Hagemann sah auf seine Notizen und nannte die Koordinaten. Olaf stand auf und trat an die große Weltkarte. Die beiden anderen stellten sich neben ihn. Wessel zeigte auf den Punkt. »Das müßte ja sogar noch im Schelfmeergebiet sein«, sagte er. »Die Zone hat, wie Sie sehen, eine hellgraue Färbung, und also ist es da nicht tiefer als zweihundert Meter. Könnte aber auch direkt daneben sein, und da geht’s schon bis auf zweitausend Meter runter. Südamerika hat, jedenfalls auf seiner Westseite, nur ganz schmale Schelfstreifen. Sehen Sie mal hier, ein paar Millimeter links von der Unglücksstelle nennt die Karte Tiefen von fünf- und sechstausend Metern. Und hier, nur ein winziges Stück weiter nördlich, wo der AtacamaGraben anfängt, sind’s sogar achttausend.« Sie setzten sich wieder.
»Die OLGA«, sagte Hagemann, »ist dann sehr schnell gesunken.«
»Klar«, erwiderte Olaf, »mit der schweren Ladung.« »Ja«, Hagemann nickte, »das Kupfer. Die Explosion, meint Espinoza, muß weit unten ein Riesenloch in den Schiffsrumpf gerissen haben.«
»Und die Geretteten?« fragte Olaf. »Wer hat die aufgenommen?«
»Die GIULIO FARESE, ein italienischer Frachter aus Triest. Er war von Iquique nach Buenos Aires unterwegs, hat dann aber Valparaiso angelaufen und unsere Leute dort abgeliefert.«
»Hat die OLGA noch SOS funken können?«
»Ja. Der Italiener, der ziemlich nah war, hat sofort seinen Kurs geändert. Die Männer sind nur kurz in den Booten gewesen.«
»Herr Theunissen«, sagte Wessel, »ich kenne die Thomsens sehr gut, bin sogar mit Harald Thomsens Vater, der ja auch bei uns fuhr, befreundet. Natürlich werden Sie mit der Familie sprechen, aber die Nachricht …, ich glaub’, das sollte ich übernehmen. Die Grete, Thomsens Frau, … also, für die bin ich so eine Art Onkel.« 
    »Danke«, antwortete Olaf. »Fahren Sie jetzt gleich hin und sagen Sie, ich käme heute abend.«
»Und wir müssen uns mit der BRISTOL INSURANCE in Verbindung setzen. Einen materiellen Schaden gibt es ja zum Glück nicht für die Reederei, denn Sie werden von der Versicherungssumme doch sicher ein neues Schiff kaufen.«
»Ja.«
»Die OLGA war«, fuhr Wessel fort, »mit rund elf Millionen Mark versichert und das Kupfer mit sechsunddreißig Millionen. Ich suche Ihnen, bevor ich fahre, noch schnell die Unterlagen raus.«
»Sehr gut. Und sagen Sie Frau Thomsen, die Reederei ist, falls sie irgendwelche Hilfe braucht, immer für sie da.
Und Sie«, Olaf wandte sich an
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher