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1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

Titel: 1994 Jagdzeit in Deutschland (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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es auch nie aus dem Kopf, was Isser Harel, einer der Väter des israelischen Geheimdienstes, mal gesagt hat, sinngemäß jedenfalls: ›Wir sind umgeben von Feinden, und darum ist ein erstklassiger Geheimdienst für uns eine Frage des Überlebens.‹ Na, und wir in unserer DDR brauchten eben einen erstklassigen Sicherheitsdienst, und den hatten wir.«
»Ja, den hatten wir. Imperfekt, mein Lieber!«
»Klar, Imperfekt. Aber ich sehe nicht ein, daß unsere Tätigkeit von damals uns heute vor die Gerichte der anderen Deutschen bringen soll. Genau das ist es, wovor die HADEX uns bewahren will.«
Sie schwiegen eine Weile, und dann fragte Fehrkamp:
»Weißt du noch, mit welcher Begeisterung du dir damals den ›Entebbe-Film‹ angesehen hast?«
»Was soll die Frage?«
»Du bist naiv und auf eine gefährliche Weise sentimental. ›Entebbe‹ hast du ungefähr so in dich aufgenommen wie andere Männer einen Western erleben, voller Emotionen. Hast dich regelrecht vergafft in die israelischen Soldaten, die während dieser Nacht-und-Nebel-Aktion in die HERKULES-Maschinen steigen, um heimlich in Idi Amins Uganda zu landen.«
»Quatsch! Es war nicht der Film, der mich faszinierte, es war die Aktion. Man muß sich das mal vorstellen. Terroristen entführen eine AIR-FRANCE-Maschine, unter den Passagieren nicht weniger als hundertunddrei Israelis, und bringen sie nach Entebbe, und viertausend Kilometer nördlich kommt ein Krisenstab zusammen und beschließt. Wir holen die Leute da raus. Und es funktioniert! Funktioniert, über Ländergrenzen hinweg, durch eine brillante militärische Aktion. Und wieso? Weil der MOSSAD eine nicht minder brillante Vorarbeit geleistet hat. Und auch die Bilanz kann sich – aus israelischer Perspektive, versteht sich – sehen lassen. Bis auf einen wurden alle Terroristen getötet, und die Angreifer verloren nur einen Mann, ihren Kommandeur, Oberstleutnant Netanyahu, und auch das nur, weil er von einem Querschläger getroffen wurde.«
»Kopjella, komm zurück auf den Boden! Erstens bist du kein MOSSAD-Mann, sondern ein abgehalfterter StasiOffizier. Zweitens hat auch der MOSSAD seine Glanzzeit hinter sich. Zugegeben, er war mal besser als KGB und CIA zusammen, aber inzwischen haben ihn Pannen und Skandale vom Sockel geholt. Zwar gibt es ihn noch, und das ist auch notwendig, denn er hat Menschen zu beschützen, die in der unruhigsten Ecke der Welt sitzen, und wer weiß, vielleicht holt er sich seinen alten Standard sogar wieder zurück. Aber unseren Verein gibt es nicht mehr, weil der Staat nicht mehr da ist, den er zu schützen hatte. Laß diese Erkenntnis doch endlich rein in deinen Schädel! Die Geschichte lehrt uns, daß es auf und ab geht mit den Völkern, mal ist das eine oben, mal das andere.« Fehrkamp klopfte auf seinen Beinstumpf, der wenige Zentimeter unterhalb des Knies endete. »Auch ich dachte lange, ich hätte meine Knochen für eine gute Sache geopfert. Ich kam als zweiundzwanzigjähriger Leutnant in der letzten JU 52 aus Stalingrad raus, mit einer notdürftig versorgten Wunde. Aber ich biß die Zähne zusammen und betete, nicht darum, daß die Schmerzen nachließen und unsere JU heil wieder runterkäme, sondern darum, daß Paulus durchhielte und wir, getreu dem Führerbefehl, die Stadt zurückeroberten. Pustekuchen! Ich weiß noch, als war’s gestern gewesen, wie tief die Nachricht von der Übergabe mich deprimiert hat. Ich lag im Lazarett, hörte es im Radio. Es war also vergeblich gewesen, Paulus noch schnell zum Generalfeldmarschall zu befördern. Es hatte ihn nicht dazu gebracht, den Rest der 6. Armee zu opfern. Damals sah ich darin glatten Verrat und Feigheit vor dem Feind und hegte abgrundtiefe Verachtung für den Mann, ein paar Jahre später hingegen ein Höchstmaß an Respekt. Da kannst du mal sehen, was für ein windiges Ding die Moral ist. Nach dem Krieg begriff ich, wie verbrecherisch das Nazi-Regime gewesen war, und so schlug ich mich mit dem ganzen Enthusiasmus meiner jungen Jahre auf die andere Seite, wurde Kommunist, wollte meinen Irrtum wiedergutmachen, und das schien mir in der DDR eher möglich als in Westdeutschland, wo die alten Bonzen schon wieder in ihren Pfründen saßen. Ich war, genau wie du und alle die anderen, die zu uns gehörten, ein Idealist, und jetzt erlebe ich, daß ich erneut auf der falschen Seite gestanden habe. Die Bereitschaft, mich zu stellen, ist nicht nur durch Einsicht entstanden, sondern zugleich durch Resignation. Man darf sich einer Sache

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