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1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

Titel: 1994 Jagdzeit in Deutschland (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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zündete sich eine neue Zigarette an und beobachtete mit Befriedigung, wie der andere endlich seinen Federhalter in die Hand nahm, die Kappe abschraubte, sie beiseite legte, das Blatt zurechtschob und zu schreiben begann.
»… geirrt und bereue …«, sagte Fehrkamp leise, und dann fragte er: »Wie ging es weiter?«
»… was ich all die Jahre hindurch drüben, im anderen Deutschland, getan habe. Punkt. Und dann. Verzeiht mir. Ausrufezeichen. Und deine Unterschrift. Vor- und Nachname.«
Fehrkamp schrieb langsam, wohlwissend, daß das Auf und Ab der Feder zum Zeitmesser geworden war für die letzten Augenblicke seines Lebens. Vor der Unterschrift wartete er besonders lange, setzte auch noch einmal zum Sprechen an, besann sich aber und fügte schweigend seinen Namen unter den kurzen Text. 
    Und dann ging alles ganz schnell. Er warf den Federhalter auf den Tisch, packte die Dose, holte mit sicherer Hand die Kapsel heraus, schob sie sich in den Mund, schickte einen haßerfüllten Blick hinüber zu dem Mann, der einst sein
Gefahrte gewesen war und nun so unnachgiebig mit ihm verfuhr, biß zu.
Den Auftakt zu diesem Sterben verfolgte Kopjella. Er sah, wie das Gesicht sich verzog, erst nur geringfügig, so als gäbe es da nichts als den bitteren Geschmack, dann vehement, und sofort wurde ein Schreckensbild daraus.
Der Mund war weit aufgerissen, die Augen rollten, der ganze Kopf bebte, als schössen Stromstöße durch ihn hindurch, und die Hände flogen an den Hals. Da wandte er sich ab, stand auf, ging zum Fenster, starrte die Vorhänge
an, hörte die gekrächzten Schreie des Todgeweihten, dann ein letztes Röcheln und gleich darauf den Aufprall des Oberkörpers auf die Tischplatte.
Er blieb noch einen Moment am Fenster stehen, murmelte:
»Armer alter Fehrkamp, hättest es besser haben können.« Dann wandte er sich um, prüfte, ob der Anblick, der sich ihm bot, für diejenigen, die irgendwann hier eintreten würden, seien es nun Nachbarn, Angehörige oder Polizeibeamte, unverdächtig war, befand, es gebe nichts zu korrigieren, außer daß er unter dem rechten Arm des Toten die silberne Dose hervorzuholen habe. Er steckte sie ein. Da der Kopf neben dem Briefbogen lag, konnte er den Abschiedsbrief mühelos lesen. Fehrkamp hatte sich Wort für Wort an das Diktat gehalten.
Er zog die mitgebrachten hauchdünnen Gummihandschuhe an und machte sich an die Durchsuchung der Wohnung, bei der es ihm vor allem um Schriftstücke ging, die die HADEX belasteten. Aber auch andere scheinbar harmlose Objekte konnten vorhanden sein, etwa ein Streichholzmäppchen des Lübecker Hotels, in dem Fehrkamp übernachtet hatte, oder eine Waffe, deren Registriernummer vielleicht eine Spur hergäbe. In der Küche begann er, durchstöberte Schränke, Schubladen und Regale, öffnete Dosen und Schachteln, griff in Krüge und Töpfe, nahm sich auch die Besenkammer vor, fand nichts.
Das Bad. Dort ging es schnell. Beim Spiegelschränkchen genügte ein Blick auf die Tiegel und Tuben. Auch den Wasserkasten untersuchte er, fand wieder nichts. Im Schlafzimmer fuhr seine Rechte zwischen und unter die Wäschestapel, die in den Schrankfächern lagen. Dann kamen die Anzüge an die Reihe. Er sah in allen Taschen nach. Schließlich stieg er auf einen Stuhl, um den wuchtigen Kleiderschrank auch oben abzusuchen. Dort lagen nur ein leerer Pappkarton und ein Tennisschläger. Da Fehrkamp diesen Sport mit Sicherheit seit Stalingrad nicht mehr betrieben hatte, tippte Kopjella auf ein uraltes Erinnerungsstück. Zum Schluß der Nachttisch, aber auch dessen Inhalt war harmlos. Der Fußboden war, wie der des Wohnzimmers, mit einem Spannteppich bedeckt, und so gab es nichts zum Umklappen und Drunterschauen. 
    Er gönnte sich eine Pause, rauchte in der Küche eine Zigarette. Den schwierigsten Teil der Suche hatte er noch vor sich, denn im Schreibtisch würde er vermutlich so manches Schriftstück entdecken, das gelesen werden mußte.
Um halb zwei ging er wieder an die Arbeit. Das angekündigte Telefonat, mit dem er sein Opfer unter Druck gesetzt hatte, unterblieb. Es war nicht nötig, wie auch das erste, einzig und allein zur Einschüchterung geführte Gespräch nicht nötig und deshalb nur fingiert gewesen war. Zwar hatte ein Mann von der HADEX Fehrkamps Wohnung bereits am Vortag durchsucht und war dabei auf eine Postkarte aus Wittdün auf Amrum gestoßen, aber ein auf der Nordseeinsel stationiertes Killerkommando gab

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