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1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

Titel: 1994 Jagdzeit in Deutschland (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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dunkle Augenbrauen. Vielleicht so zwischen vierzig und fünfzig, nein, wohl eher vierzig.«
»Danke, das genügt erst einmal. Wir melden uns, sobald wir in der Sache vorangekommen sind.« Er gab ihr die Hand.
»Wie schaffe ich es jetzt bloß«, stöhnte Herr Laue, »die Kunden darüber hinwegzubringen, daß ihre Fotos wahrscheinlich unwiederbringlich verloren sind?«
»Diebstahl«, antwortete Granzow, »ist so etwas wie höhere Gewalt. Das müssen sie begreifen.«

18
    An diesem Abend war Paul Kämmerer früh ins Bett gegangen und auch gleich eingeschlafen. Früh, das bedeutete für ihn halb elf. Sonst wurde es Mitternacht oder noch später, ehe er den Tag beendete. Er hatte die Erfahrung gemacht, daß der Schlaf kein Freund der Einsamen war und sich ihnen nicht selten bis zum Morgengrauen verweigerte.
    Diesmal jedoch schlief er nicht nur früh, sondern auch tief, und so kam er von weither, als das Telefon durchs Haus schrillte und ihn aufschreckte. Er brauchte eine ganze Weile, um aus den drei möglichen Geräuschquellen, dem Wecker, der Haustürglocke und dem Telefon, die richtige herauszuhören, stand dann auf, wankte ins Wohnzimmer, nahm den Hörer ab und meldete sich.
    »Guten Abend, Herr Kämmerer«, hörte er eine männliche Stimme, »hier spricht Granzow von der Kriminalpolizei. Entschuldigen Sie den späten Anruf, aber vielleicht ist er wichtig für Sie. Waren Sie heute am späten Nachmittag im Fotogeschäft Laue in der …«
    »Ja, da war ich. Warum fragen Sie?«
»Gut, dann komme ich am besten jetzt vorbei. Ich mußte nur erst den richtigen Kämmerer ausfindig machen. Im Telefonbuch gibt es etwa drei Dutzend, und Sie sind mein zwanzigster Versuch.«
»Worum geht es denn? Können Sie mir das nicht schon mal sagen?«
»Ich bin gleich bei Ihnen. Zwanzig Minuten. Dann erfahren Sie es.«
Der Mann hatte die Verbindung abgebrochen, und so legte auch er den Hörer zurück auf die Gabel. Um wieder ganz wach zu werden, duschte er kalt. Danach zog er sich an und wartete.
Was mag das bedeuten? fragte er sich. Daß es mit der von ihm in Auftrag gegebenen Fotoarbeit zusammenhing, hielt er für ausgeschlossen. Frank Kopjella wurde nicht steckbrieflich gesucht, und also war sein Gesicht keines, bei dessen Anblick ein aufmerksamer Laborant zum Telefon greifen und die Polizei alarmieren würde. Es könnte, dachte er, mit meinem Wagen zu tun haben. Er erinnerte sich, direkt vor dem Laden in einer Parkbucht gestanden zu haben. Vielleicht hab’ ich, überlegte er weiter, beim Rausfahren Mist gemacht, ohne es mitzukriegen. Das gibt’s ja. Man streift jemanden, einen Radfahrer vielleicht, der kippt um, fällt unglücklich, ist verletzt, und man selbst fährt seelenruhig weiter, weil der Kontakt gar nicht wahrgenommen wurde. Dann heißt das trotz allem erst mal Fahrerflucht.
Er ging hinaus vor die Tür. In der Nachbarschaft war es ruhig, und er pries mal wieder den abgelegenen Ort, an dem er vor vier Jahren das kleine, einzeln stehende Haus erworben hatte, zu dem ein schöner Garten gehörte. Er hatte damals nicht genug Geld gehabt, aber der Onkel hatte gesagt: »Greif zu, denn es kommt die Zeit, in der hier überhaupt nichts mehr zu haben ist!« und hatte dann auch bei der Finanzierung geholfen.
Er zündete sich eine Zigarette an, trat auf den Bürgersteig, ging auf und ab. Nach wenigen Minuten bog ein Wagen um die nur dreißig Meter entfernte Ecke und kam langsam näher. Es war unverkennbar, daß der Fahrer eine bestimmte Hausnummer suchte. Als er auf seiner Höhe war, bremste er ab und drehte die Scheibe herunter.
»Herr Kämmerer?«
»Ja, der bin ich, und Sie sind also von der Kripo. Ich hab’ am Telefon Ihren Namen nicht richtig verstanden.«
»Granzow«, sagte der Mann, drehte die Scheibe wieder hoch, parkte und stieg aus.
Sie gingen sofort ins Haus. Als das Flurlicht auf das Gesicht seines Besuchers fiel, erschrak Kämmerer, doch sobald sie sich dann im Wohnzimmer gegenübersaßen, verschwand die Irritation. Armer Kerl, dachte er, muß einen schweren Unfall gehabt haben.
Gegen das ihm angebotene Bier hatte der Kommissar nichts einzuwenden, und auch er selbst schenkte sich ein Glas ein.
»Also, was hab’ ich verbrochen?«
»Soweit mir bekannt ist, nichts. Und daß Sie heute gegen halb sechs der hübschen Barbara Köster ein Foto zur Vergrößerung übergaben, war auch nichts Verbotenes. Es war nicht mal ungewöhnlich. Aber die Folgen waren es.«
»Nanu?«
»Ja. Jemand hatte ein so großes Interesse an diesem Foto, daß

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