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1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

Titel: 1994 Jagdzeit in Deutschland (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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endlich.
»Hier Kämmerer. Entschuldigen Sie bitte, Herr Dillinger, wenn ich Sie womöglich aus dem Bett geholt hab’, aber sie wären ohnehin gleich geweckt worden. Ein Mann von der Kripo, Granzow heißt er, ist auf dem Weg zu Ihnen.«
»Zu uns? Wieso denn das?«
Kämmerer erzählte, was sich nach seinem Besuch in dem Fotogeschäft ereignet hatte, und fuhr dann fort:
»Also ist auch der Verlust eines Ihrer Bilder zu beklagen, aber ich schätze, das macht Ihnen weniger aus als der Vorfall an sich.«
»Da haben Sie recht. Verdammt, mein Schwiegervater wollte die Familie aus allem heraushalten, und jetzt stecken wir offenbar doch mit drin. Vielleicht ist unsere Wohnung sogar verwanzt.«
»Das glaube ich zwar nicht, aber überprüfen sollten Sie’s trotzdem. Sicher kann der Kommissar Ihnen ein paar Tips geben, wie man das macht.«
»Dafür brauche ich keine Tips, aber haben Sie auf jeden Fall Dank für Ihren Anruf! Vielleicht sollte ich meine Frau und die Kinder nach der Beerdigung auf Reisen schicken. Na, und Sie müssen jetzt wohl auch aufpassen.«
»So ist es. Daß die Burschen, bloß weil ich von Ihnen kam, den Laden gestürmt haben, beweist, wie nervös sie sind.«
»Ja, und nervöse Leute können höchst gefährlich werden.«
»Seien wir also wachsam! Der Gedanke, Ihre Familie erst mal wegzuschicken, ist sicher gut. Grüßen Sie bitte Ihre Frau!«
Er legte auf, setzte sich an den Tisch, nahm einen Schluck Bier. Und dann spann er die im Laufe der letzten Stunde sichtbar gewordenen Fäden noch etwas weiter.
Der alte Fehrkamp hat seinem Schwiegersohn gegenüber von einem RING gesprochen. Wenn sie also eine Clique sind, ein Verein abgetauchter Stasi-Offiziere, werden sie ein funktionsfähiges Kommunikationssystem haben, und das bedeutet. Kopjella erfährt von meinen Nachforschungen! Und dann? Mein Name wird ihm genug sagen, denn ich bin sicher, den sechzehnjährigen Häftling Tilmann Kämmerer, das Baby, hat er in seinem Gedächtnis bewahrt. Er weiß dann also Bescheid. Aber auch ich weiß Bescheid, immer vorausgesetzt, der Kommissar hat recht, und es ging in dem Fotogeschäft von vornherein um nichts anderes als um meine Bestellung.
Himmel noch mal, da kommt was auf mich zu! Wer keine Skrupel hat, einen Mann aus den eigenen Reihen umzubringen, der hat bei mir noch weniger Bedenken.
Was mach’ ich?
Wie schnell sind sie?
Ist die Gefahr womöglich schon morgen akut oder gar schon heute? In diesem Augenblick?
Er löschte das Licht, ging vor die Tür, ging ums Haus, durchstreifte den ganzen Garten, trat wieder ein, machte aber das Licht nicht an.
Ich muß mich also in Zukunft besser absichern, darf nicht mehr so naiv und hausbacken vorgehen, wie ich’s zum Beispiel bei Georg Schöller gemacht hab’. Wer sagt mir denn, daß der sein Wissen nicht nach zwei Seiten weitergibt? Mich informiert er gegen Bares über das, was mit Tilmann geschehen ist, und denen berichtet er von mir, wiederum für Geld. Und vielleicht kennen sie sogar mein Haus, kennen es schon seit damals, hatten schließlich ihre Leute im Westen, und für die waren wir Repubikflüchtlinge sicher von besonderem Interesse.
Es geschah fast mechanisch, daß er seine Reisetasche zu packen begann. Für einen Anruf bei Frau Engert war es zu spät. Er würde sich am nächsten Tag bei ihr melden und sagen, er habe plötzlich wieder auf Reisen gehen müssen und rufe von auswärts an. Vor allem aber würde er sie bitten, sich diesmal nicht um sein Haus zu kümmern. Vielleicht verletzte er sie damit, doch das war dann nicht zu ändern. Wenn schon er selbst sicherheitshalber verschwand, durfte er nicht zulassen, daß das Haus für sie zur Falle wurde. Auch den Onkel mußte er informieren. In der Firma würde es eben heißen, der Juniorchef sei für einige Wochen im Urlaub.
Noch einmal trat er hinaus, schritt den Garten ab, überprüfte die Straße, entdeckte nichts Auffälliges, schloß die Haustür zu, stellte die Reisetasche auf den Rücksitz des Wagens und fuhr los. Sobald er von seiner Straße abgebogen war, hielt er wieder an und machte das Licht aus, wartete, ob ein anderes Fahrzeug abbiegen würde. Aber nichts geschah. Also startete er aufs neue, immer wieder im Rückspiegel nach möglichen Verfolgern Ausschau haltend. Doch über eine lange Strecke tauchte kein einziger Wagen hinter ihm auf.
Er fuhr zum Werk, stellte den BMW dort ab, nahm die Reisetasche und ging zu einem etwa fünf Minuten entfernten Taxistand, ließ sich zum Hauptbahnhof bringen. Von da aus

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