1997 - Das Ende des Sonnentresors
stürzte in das Chaos zurück, aus dem sie mit knapper Not entkommen war.
Die Entstofflichung kehrte zurück. Die Konturen der Körper und der Einrichtung vermischten sich miteinander und verblassten. Ein Schlauch in den Farben des Regenbogens bildete sich heraus. In der Art eines Staubsaugers sog er alles in sich hinein, was bisher zur TAUCOON gehört hatte. Übergangslos erfüllte grelles Licht die Umgebung und lähmte Kantors Sinne. Als er die Umgebung wieder wahrnahm, entdeckte er ein Wabern in unmittelbarer Nähe. Das nebelhafte Gebilde zog sich zusammen und nahm plumpe, menschenähnliche Formen an. Es bewegte sich an ihm vorbei nach links.
Dass es mit zwei Armen fuchtelte, war vermutlich eine Täuschung. Und dann - als zöge jemand einen Schleier weg - umgab erneut Dunkelheit das kleine Schiff. „Flieht!" klang es matt aus Garrons Sessel. „Meine Kraft reicht nur kurz." Seine Worte gingen in einem schrillen, nichtmenschlichen Schrei unter. „Tek! - Nimm mich mit!" Myles starrte entgeistert auf die Gestalt zwischen den Sesseln. Sie trug einen SERUN. Hinter der Helmscheibe geisterte das pelzige Gesicht einer Felidin. „Dao!" Der „Smiler" aktivierte den Traktorstrahl seines SERUNS und holte die Kartanin zu sich. Der Sicherheitsmechanismus griff ein und verfrachtete die Frau in den freien Sessel nebenan. „Ich will ... mit ... dir ... sterben", verstand Myles die Worte der Frau. Sterben? Eine dumpfe Ahnung drängte sich Myles auf. Dao kam von außerhalb des Sonnentresors und wusste vermutlich mehr als sie alle. Er biss die Zähne zusammen und versuchte, den stechenden Schmerz zu ignorieren, der durch seinen linken Oberarm raste. Das Galaxien-Mal brannte wie Feuer. Er bildete sich ein, dass es im Ärmel des SERUNS nach verbranntem Fleisch stank. Mit aller Konzentration, deren er noch fähig war, richtete er seine Aufmerksamkeit auf die Kartanin. Der bewusstlose Vincent Garron war sicher nicht in der Lage gewesen, sie mit Hilfe einer Hypersenke hierher zuholen.
Nur Sirku hatte es tun können. Oder eine fremde, überlegene Macht. Wieder stöhnte Garron. Die Hyper senke erlosch schlagartig. Das Innere der TAUCOON verwandelte sich im Sekundenbruchteil. Die Körper verloren ihren materiellen Zusammenhalt und folgten dem Sog in das Zentrum des farbigen Wirbels. Dort lauerte ein riesiger, ins Unendliche anwachsender Strom aus grellem weißblauem Licht. Diesmal half kein Vincent Garron und kein Sirku. Myles rechnete damit, dass er jeden Augenblick das Bewusstsein verlieren würde. Er täuschte sich. Sein Geist blieb hellwach, während sein Körper und alles um ihn herum nicht mehr zu existieren schienen.
Nur das Gefühl, in diesem reißenden Strom abwärts zu rasen, blieb und ging nicht verloren. Wie in einem Wasserfall stürzte sein Bewusstsein in die Unendlichkeit auf einen dunkelrot glühenden Tümpel' zu, der sich in weiter Ferne ankündigte. Die Hölle. Das Rote Universum der Druuf. Oder das schrumpfende Universum Tarkan. Oder eine andere, noch tödlichere Erscheinungsform. Rotes Glühen umwaberte den Rand des Tümpels, und dort, so ahnte Myles, lag ihr Ziel. Nach seinem Dafürhalten gehörte es zum Reich der unheimlichen gegnerischen Macht, vor der Sirku gewarnt hatte.
Vielleicht erwarteten sie dort aber auch Freunde. Wann sie ankommen würden, ob in Sekunden oder Jahrtausenden, war nicht abzusehen. Bis dahin blieben sie energetische Impulse; virtuelle Teilchen. Reiter auf einem unfassbaren Strom an ein unbekanntes Ziel.
ENDE
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