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1997 - Das Ende des Sonnentresors

Titel: 1997 - Das Ende des Sonnentresors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Hüter."
    „Der Hüter heißt Vredentaich."
    „Das war dein Vorgänger. Warum verschließt du deine Sinne vor der Wahrheit?"Veldenhovv zeigte die Krallen und duckte sich, als wolle er angreifen. „Was ist die Wahrheit?" keuchte er. „Sie haben die Invasoren besiegt. Die gemeinsamen Flotten Corr re Venths, Vil an Deschs, aller Wlatschiden-Völker und der Gharrer haben Dro ga Dremms Armada eine vernichtende Niederlage beigebracht." Über fünfzigtausend Schiffe der Algioten waren an einem einzigen Tag zu Vil an Desch übergelaufen, erfuhr er. Weitere zwanzigtausend kamen während der Schlacht hinzu. Dro ga Dremm sah sich übergangslos in der Minderheit und trat die Flucht an. Lange konnte er sich nicht mehr in Chearth halten. Vil an Desch machte sich auf den Weg in die Heimat. Er würde sie vor seinem Widersacher erreichen und die Wahrheit verkünden.
    Die Wächter wandten sich um und gingen ihm voraus. Er folgte ihnen gemessenen Schrittes bis kurz vor dem Torbogen. „Chearth ist also frei", sagte er leise und richtete seine Tasthaare nach oben. Um Hernstals Tor kam frischer Wind auf. Er blies immer stärker und wirbelte Staub auf. „Aber was wird aus dem Sonnentresor?"
    Darauf wusste keiner der Wächter eine Antwort. Sie sahen ihm zu, wie er achtlos die Tasche mit dem Diebesgut fallen ließ und anschließend das leere Beutelchen an sich presste. „Wenn du es ernst meinst, sprich jetzt zu mir!" schrie er das Tor an. „Du bist aus demselben Stoff wie die Wüste, Vredentaich und ich. Also rede mit mir. Was wird geschehen?" Der Wind blies stärker und wühlte sein Nackenfell auf. Im Gefüge des Tores knackte es, erst einmal, dann mehrfach und in immer kürzeren Abständen. Hernstals Tor stand unter extrem starker Spannung, und es war nur eine Frage der Zeit, bis es barst und die Vlatschis unter sich begrub.
    Die Wächter draußen an der Einfriedung erkannten als erste, was los war. „Es schrumpft!" riefen sie. Das Tor magerte im Zeitraffertempo ab. Es entfesselte einen Geräuschorkan aus Knacken und Knistern, begleitet von einem Seufzen und Wispern. Willkommen, Hüter, wisperte erneut die Stimme in seinem Innern. Durchschreite das Tor! „Gegen meinen Willen?" Was ist dein Wille? Du bist ein Teil der Schöpfung. Dein Schicksal ist im Buch des Lebens vorgezeichnet. Möchtest du das Rad der Geschichte zurückdrehen bis zu dem Zeitpunkt, als du unter dem Vierteiler lagst? „Nein."
    Dann tu, was du tun musst. In den Kristallen der Wüste ruht die Essenz aller Wlatschiden und Vlatschis, die jemals auf Gunjar gelebt haben. Sie wartet auf ihren Hüter. So, wie die Blume Algion den Frieden bringen wird, wirst du ihn für Chearth bewahren, solange du lebst. Denn du bist der Hüter deines Volkes. „Der Hüter meines Volkes ..." Zum ersten Mal in seinem Leben spürte Veldenhovv Panik in sich. Es war die Angst vor dem Unvermeidbaren, verbunden mit der Ungewissheit, einen Fehler zu machen. Instinktiv wandte er sich um und rannte davon.
    Weg von hier, ganz weit! Er stolperte, fing sich ab, stolperte erneut und schlug der Länge nach hin. Auf dem Bauch robbte er weiter, so schnell es ging. Zum Raumhafen war es kein weiter Weg. Bald würde wieder ein Schiff landen. Der Staub unter seinen Fingern verdickte sich zu harten Klumpen. Unter der Kleidung und dem Körperpelz scheuerte er sich daran die Gelenke wund. Er biss die Zähne zusammen. Weiter, immer weiter.
    Ein Meisterdieb hatte genug Kraft, diesen Weg zu schaffen.
    Er stellte fest, dass das Tor deutlich geschrumpft war. Es ragte jetzt höchstens noch fünfzig Meter in die Höhe. Auch der Durchgang wurde kleiner.
    Irgendwann passte kein Vlatschi mehr hindurch. Unbeirrt kroch Veldenhovv weiter. Nach einer Weile stieß er gegen ein Hindernis. Die kristallene Wölbung des Tores! Er ignorierte die Illusion und starrte stur auf den Staub unter sich. Mechanisch gruben sich die Krallen seiner Hände und Füße in den Untergrund. Wie Schaufelbagger schoben sie den Körper vorwärts. Hellblauer Himmel geriet in sein Blickfeld und ließ ihn erleichtert aufatmen.
    Diesmal konnte er sein Ziel nicht verfehlen.
    Das Blut rauschte in seinen Ohren. Es übertönte das Flüstern des Windes und die Rufe der Wächter. Er sah die Vlatschis an der Einfriedung stehen und wild gestikulieren. Veldenhovv lachte seinen Triumph laut hinaus. Was immer sie planten, es war zu spät. Hier holten sie ihn nicht mehr ein. Die Wächter schienen jedoch anderes im Sinn zu haben. Sie rissen die Arme vor das

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