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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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nichts von seiner Flucht bemerkt. Immerhin war das Abbild des Mädchens, die Daughter, zurückgeblieben. Äußerlich war sie sein Ebenbild, und gewöhnliche Leute konnten sie nicht voneinander unterscheiden. Aber seine Eltern würden natürlich erkennen, dass diese Daughter nicht das Mädchen selbst, sondern nur ein Abklatsch von ihm war. Und dass es aus der Gemeinschaft geflohen war und die Daughter als Ersatz zurückgelassen hatte. Es gab nur einen Ort, an den es gegangen sein konnte. Dennoch meldeten seine Eltern sich nicht ein einziges Mal. Vielleicht sagten sie ihm durch diese stumme Botschaft, es solle fortbleiben.
    Mal ging das Mädchen zur Schule, mal nicht. Diese neue Welt war so anders als die, in der das Mädchen aufgewachsen war. Die Regeln waren ganz anders, ebenso die Ziele und auch die Sprache, die verwendet wurde. So gelang es ihm nicht, Freundschaften zu schließen. Und sich an das Leben in der Schule zu gewöhnen.
    Aber in der Mittelstufe freundete es sich mit einem Jungen an. Er hieß Toru. Toru war klein und dünn. Sein Gesicht war faltig wie bei einem Äffchen und seine Wirbelsäule ziemlich verkrümmt. Anscheinend war er in seiner frühen Kindheit schwer krank gewesen, er nahm auch nicht an anstrengenden Sportübungen teil. In den Pausen pflegte er sich von den anderen abzusondern und las allein in einem Buch. Auch er hatte keine Freunde. Er war zu klein und zu hässlich. In einer Mittagspause setzte das Mädchen sich neben ihn und sprach ihn an. Es fragte ihn, welches Buch er da lese. Und er las ihr laut daraus vor. Seine Stimme gefiel dem Mädchen. Sie war leise und ein wenig rau, aber sehr vernehmlich. Die Geschichten, die er mit dieser Stimme erzählte, bezauberten das Mädchen. Toru rezitierte Prosa so schön, als würde er Gedichte lesen. Von nun an verbrachte das Mädchen jede Mittagspause mit ihm. Und lauschte aufmerksam und reglos den Geschichten, die er ihm vorlas.
    Doch bald ging Toru verloren. Die Little People nahmen ihn dem Mädchen weg.
    Eines Nachts tauchte eine Puppe aus Luft in Torus Zimmer auf, die die Little People jede Nacht, wenn er schlief, vergrößerten. Dem Mädchen zeigten sie diese nächtlichen Szenen in seinen Träumen. Aber es konnte die Little People nicht aufhalten. Bald war die Puppe groß genug und brach der Länge nach auf. Genau wie es in dem Speicher geschehen war. Drei große schwarze Schlangen waren darin verpuppt. Sie waren zu einem so dichten Knäuel miteinander verflochten, dass wohl niemand – nicht einmal die Schlangen selbst – imstande gewesen wäre, sie zu entwirren. Sie sahen aus wie ein schleimiger unendlicher Knoten mit drei Köpfen. Die drei Schlangen waren furchtbar zornig, weil sie sich nicht selbst befreien konnten. Sie wanden sich wie verrückt, aber je mehr sie sich wanden, desto schlimmer wurde ihre Lage. Die Little People zeigten sie dem Mädchen. Toru schlief nichtsahnend daneben. Nur das Mädchen konnte die Schlangen sehen.
    Wenige Tage später erkrankte der Junge schwer und wurde in ein weit entferntes Sanatorium gebracht. Was Toru hatte, wurde nicht gesagt. Nur, dass er wohl nie mehr in die Schule zurückkehren würde. Das Mädchen hatte ihn verloren.
    Es wusste, dass es sich um eine Botschaft der Little People handelte. Anscheinend konnten sie nicht direkt Hand an das Mädchen legen, weil es eine Mother war. Stattdessen nahmen sie sich jemanden aus seiner Umgebung vor und zerstörten ihn. Doch das ging nicht bei allen. Der Beweis dafür war, dass die Little People dem Vormund des Mädchens, dem Maler, und auch seiner Tochter Kurumi nichts anhaben konnten. Stattdessen schlugen sie an der schwächsten Stelle zu. Sie hatten die drei Schlangen in den Tiefen von Torus Bewusstsein gefunden und aufgeweckt. Die Vernichtung des Jungen war eine Warnung an das Mädchen, mit der sie versuchten, es zur Rückkehr zu dieser Daughter, oder was immer es war, zu bewegen. Was geschehen ist, ist von Anfang an nur deine Schuld gewesen, lautete ihre Botschaft.
    Das Mädchen war wieder allein. Es ging auch nicht mehr zur Schule. Seine Freundschaft würde andere nur in Gefahr bringen. Es wusste nun, was es bedeutete, unter der Herrschaft der beiden Monde zu leben.
    Bald darauf beschloss das Mädchen, selbst eine Puppe aus Luft zu spinnen. Es besaß die Fähigkeit dazu. Die Little People hatten gesagt, sie kämen durch einen Gang von dort, wo sie lebten. Also musste es doch möglich sein, auf umgekehrtem Weg in ihre Welt zu gelangen. Dort könnte das

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