1Q84: Buch 3
ernsthafte Unannehmlichkeiten verwickelt. Gegen meinen Willen. Ich will nichts mehr damit zu tun haben. Außerdem gab es da eine Frau, mit der ich zusammen war.«
»Ich habe verstanden«, sagte Komatsu. »Du verfährst in diesen Dingen sehr klug. Du hast feste Grundsätze. Ich werde es dem Professor ausrichten. Entschuldige die blöde Frage. Mach dir keine Gedanken darüber.«
»Mache ich nicht. Ich habe mich nur gewundert, wieso wir auf einmal über solche Dinge reden«, sagte Tengo und hielt kurz inne. »Aber Sie wollten doch eigentlich über etwas Bestimmtes mit mir reden?«
Als Komatsu sein Bier getrunken hatte, bestellte er einen Scotch Highball beim Bartender.
»Was bekommst du?«, fragte er Tengo.
»Auch einen«, sagte dieser.
Zwei hohe Gläser wurden an den Tisch gebracht.
»Also, erstens«, sagte Komatsu nach längerem Schweigen, »muss das ganze Wirrwarr, in das wir geraten sind, so gut wie möglich entwirrt werden. Schließlich sitzen wir alle im selben Boot. Mit ›wir‹ meine ich uns vier: dich, Fukaeri, Professor Ebisuno und mich.«
»Eine interessante Kombination«, sagte Tengo. Aber Komatsu schien seinen ironischen Tonfall nicht zu bemerken. Offenbar war er ganz und gar auf das konzentriert, was er Tengo erzählen wollte.
»Jeder hat seine eigenen Absichten verfolgt. Wir standen weder auf der gleichen Ebene, noch hatten wir alle das gleiche Ziel vor Augen. Mit anderen Worten, wir haben die Ruder nicht synchron und nicht im Takt bewegt.«
»Die Kombination erwies sich als ungeeignet für eine Zusammenarbeit.«
»So könnte man es sagen.«
»Leider geriet das Boot in ein paar Stromschnellen und trieb auf einen Wasserfall zu.«
»So war es«, gab Komatsu zu. »Ich will mich nicht herausreden, aber am Anfang schien der Plan doch ganz einfach. Der von Fukaeri verfasste und von dir bearbeitete Roman Die Puppe aus Luft gewinnt den Debütpreis unserer Zeitschrift für Literatur und Kunst . Das Werk erscheint als Buch und verkauft sich prima. Wir haben die Welt an der Nase herumgeführt. Und mehr oder weniger Kohle gemacht. Spaß und Gewinn in einem. Das war das Ziel. Aber als Professor Ebisuno dazukam, wurde es kompliziert. Ein paar unterschwellige Handlungsstränge beschleunigten die Strömung. Außerdem ist deine Bearbeitung viel besser ausgefallen, als ich es erwartet hatte. Auch deshalb hat das Buch so eingeschlagen. Und unser Boot wurde in eine etwas riskante Richtung getrieben.«
Tengo schüttelte leicht den Kopf. »Etwas riskant – Sie sind gut. Äußerst gefährlich. «
»Na schön, so könnte man es vielleicht auch sagen.«
»Nun tun Sie mal nicht so, als ginge es um die Probleme anderer Leute. Immerhin war von Anfang an alles Ihre Idee, oder, Herr Komatsu?«
»Theoretisch ja. Ich hatte den Einfall und habe den Startknopf gedrückt. Zuerst ist es ja auch ganz gut gelaufen. Leider habe ich mit der Zeit die Kontrolle verloren. Natürlich fühle ich mich verantwortlich. Besonders, weil ich dich mit in die Sache hineingezogen und quasi mit Gewalt überredet habe. Jedenfalls müssen wir hier Halt machen und unseren Kurs korrigieren. Wir werfen Ballast ab und vereinfachen die Geschichte, soweit es geht. Wir müssen bestimmen, wo wir jetzt stehen und wie wir weiter agieren können.«
Als Komatsu zu Ende gesprochen hatte, holte er Luft und trank von seinem Highball. Dann nahm er den gläsernen Aschenbecher und strich mit seinen langen Fingern aufmerksam darüber wie ein Blinder, der sich eine Form genau einprägt.
»Ehrlich gesagt wurde ich siebzehn oder achtzehn Tage lang gefangen gehalten«, sagte Komatsu unvermittelt. »Von Ende August bis Mitte September. Eines Tages ging ich gegen Mittag auf dem Weg zum Verlag die Straße entlang, die zum Bahnhof Gotokuji führt. Eine schwarze Limousine hielt neben mir am Straßenrand. Das Fenster ging runter, und jemand rief meinen Namen: ›Ach, da ist ja Herr Komatsu!‹ Als ich noch überlegte, wer das sein könnte, sprangen zwei Männer aus dem Wagen und zogen mich hinein. Kräftige Kerle. Einer nahm mich von hinten in den Schwitzkasten, der andere hielt mir einen Lappen mit Chloroform oder so was vor die Nase. Wie im Film, was? Aber das Zeug funktioniert wirklich. Als ich aufwachte, war ich in einem kleinen, fensterlosen Raum eingesperrt. Er hatte die Form eines Würfels, die Wände waren komplett weiß. Ein schmales Bett und ein kleiner Schreibtisch aus Holz standen darin. Einen Stuhl gab es nicht. Ich lag auf dem Bett.«
»Sie wurden
Weitere Kostenlose Bücher