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1Q84: Buch 3

1Q84: Buch 3

Titel: 1Q84: Buch 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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dann hinter der Kamera am Fenster Platz. Im Osten wurde es langsam hell. Es würde ein warmer Tag werden.
    Inzwischen hatte er sich die Gesichter der Menschen, die morgens zur Arbeit aufbrachen, eingeprägt. Er brauchte nicht mehr jeden einzelnen zu fotografieren. Zwischen sieben und halb acht hasteten sie aus dem Haus und in Richtung Bahnhof. Nur vertraute Gesichter. Ushikawa lauschte dem Geschnatter der Grundschüler, die in Gruppen auf dem Weg zur Schule am Haus vorbeigingen. Die Kinderstimmen erinnerten ihn an die Zeit, als seine Töchter noch klein gewesen waren. Sie waren sehr gern zur Schule gegangen. Hatten Klavier- und Ballettunterricht genommen und viele Freundinnen gehabt. Bis zum Schluss hatte Ushikawa es nicht fassen können, dass er so normale Kinder hatte. Wie war es möglich, dass er der Vater solcher Kinder war?
    Als die Zeit des morgendlichen Aufbruchs vorüber war, kam oder ging kaum noch jemand. Das helle Geplapper der Kinder war verstummt. Ushikawa legte die Fernbedienung aus der Hand und rauchte, den Rücken gegen die Wand gelehnt, eine Seven Stars, während er durch den Vorhangspalt auf den Eingang blickte. Wie immer brauste der Postbote um zehn auf seinem kleinen roten Motorrad heran und verteilte die Post flink und routiniert auf verschiedene Briefkästen. Soweit Ushikawa sehen konnte, war etwa die Hälfte davon Werbung. Das meiste würde wahrscheinlich ungeöffnet weggeworfen werden. Mit steigender Sonne wurde es rasch wärmer, und die meisten Passanten hatten ihre Mäntel ausgezogen.
    Es war kurz nach elf, als Fukaeri in der Tür erschien. Über dem schwarzen Rollkragenpullover vom Tag zuvor trug sie einen grauen Kurzmantel, dazu Jeans und Turnschuhe und eine dunkle Sonnenbrille. Außerdem hatte sie eine große grüne Schultertasche dabei, die so vollgestopft war, dass sie sich nach allen Seiten ausbeulte. Ushikawa verließ seinen Sitzplatz an der Wand, kroch zu dem Stativ mit der Kamera und spähte durch den Sucher.
    Das Mädchen war dabei, sich aus dem Staub zu machen. Das erkannte Ushikawa sofort. Sie hatte nicht die Absicht, zurückzukommen. Wahrscheinlich hat sie beschlossen, das Weite zu suchen, weil sie mich bemerkt hat, dachte Ushikawa. Der Gedanke ließ sein Herz schneller schlagen.
    Als sie aus der Tür getreten war, blieb sie zunächst stehen und blickte wie schon beim letzten Mal zum Himmel. Sie schien zwischen dem Kabelgewirr und den Transformatoren etwas zu suchen. Die Gläser ihrer dunklen Brille blitzten in der Sonne. Wegen der Brille ließ sich an ihrem Ausdruck nicht ablesen, ob sie dieses Etwas entdeckt hatte oder nicht. Reglos schaute sie etwa dreißig Sekunden lang nach oben. Dann drehte sie plötzlich den Kopf und blickte zu dem Fenster hinauf, hinter dem Ushikawa sich verbarg. Sie nahm die Sonnenbrille ab und steckte sie in die Manteltasche. Stirnrunzelnd konzentrierte sie sich auf das getarnte Teleobjektiv in der Ecke des Fensters. Sie weiß es, dachte Ushikawa wieder. Sie weiß ganz genau, dass ich hier heimlich auf der Lauer liege und sie beobachte. Und jetzt beobachtete sie Ushikawa ihrerseits durch den Sucher seiner Kamera. Es war, als würde das Wasser in der Leitung zurückfließen. Ushikawas Arme überzogen sich mit einer Gänsehaut.
    Fukaeri blinzelte in regelmäßigen Abständen, wobei sich ihre Lider langsam und bedächtig schlossen und wieder öffneten, als führten sie ein stilles Eigenleben. Sonst rührte sie sich nicht; sie stand bloß da, den Hals gereckt wie ein großer, stolzer, einsamer Vogel, und sah Ushikawa direkt in die Augen. Er konnte den Blick nicht abwenden. Die Welt schien völlig stillzustehen. Kein Windhauch regte sich, und selbst der Schall hatte aufgehört, die Luft in Schwingung zu versetzen.
    Wenig später ließ Fukaeri von Ushikawa ab. Noch einmal blickte sie zum Himmel, doch diesmal nur wenige Sekunden lang. Ihr Ausdruck blieb unverändert. Sie holte die dunkle Brille aus der Manteltasche, setzte sie auf und überquerte die Straße. Ihr Gang war geschmeidig und zielstrebig.
    Wahrscheinlich hätte er ihr sofort hinterhergehen sollen. Tengo war noch nicht zurück, und er verfügte über die Zeit, herauszufinden, wohin das Mädchen ging. Das zu wissen, konnte nicht schaden. Doch aus irgendeinem Grund schaffte Ushikawa es nicht, sich vom Boden zu erheben. Sein Körper war wie gelähmt. Der scharfe Blick, den sie ihm durch den Sucher zugeworfen hatte, schien ihm jegliche Kraft zum Handeln geraubt zu haben.
    Auch gut, sagte Ushikawa auf

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