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1Q84: Buch 3

1Q84: Buch 3

Titel: 1Q84: Buch 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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und sportliche Leistungen. Offenbar war er wirklich ein außergewöhnlich guter Schüler gewesen. Er hatte die Schule sicher nie als albtraumhaft empfunden. Es gab auch die Kopie eines Zeitungsartikels über seinen Sieg bei diesem Rechenwettbewerb. Das Bild war alt und nicht sehr scharf, aber es zeigte Tengo als Jungen.
    Nachdem Ushikawa gegessen hatte, rief er in der Grundschule in Tsudanuma an und verabredete sich für vier Uhr mit Toshie Ota. Um diese Zeit würden sie sich in Ruhe unterhalten können, sagte die Lehrerin.
    Was für eine Strapaze, gleich zwei Grundschulen an einem Tag, dachte Ushikawa seufzend. Allein der Gedanke war bedrückend. Aber bis jetzt hatte die Mühe sich gelohnt. Immerhin hatte er nun den Beweis, dass Aomame und Tengo in der Grundschule zwei Jahre lang in einer Klasse gewesen waren. Das war ein großer Fortschritt.
    Tengo hatte Eriko Fukada geholfen, Die Puppe aus Luft zu einem literarischen Werk und einem Bestseller zu machen. Aomame hatte Erikos Vater – Tamotsu Fukada – in einer Suite des Hotels Okura auf noch unbekannte Weise ermordet. Es schien fast, als hätten die beiden sich verschworen, die Vorreiter anzugreifen. Vielleicht war das der Zusammenhang. Der Gedanke lag nahe.
    Dennoch hielt Ushikawa es für besser, die beiden Leibwächter noch nicht in seine Erkenntnisse einzuweihen. Ohnehin zog er es vor, vollendete Ergebnisse zu verkünden, zu sagen: »Also, faktisch war es so …« nachdem er fleißig Informationen zusammengetragen und die wahren Umstände genauestens eruiert hatte und solide Beweise vorzeigen konnte. Seit seiner Zeit als Anwalt pflegte er diese etwas theatralische Gewohnheit. Mit seiner Unterwürfigkeit hielt er sein Gegenüber hin und kehrte dann, wenn das große Finale kam, den Spieß um und präsentierte mit viel Tamtam die Wahrheit.
    Während der Zugfahrt nach Tsudanuma stellte Ushikawa im Geiste weitere Hypothesen auf.
    Vielleicht hatten Aomame und Tengo eine Liebesbeziehung. Wahrscheinlich waren sie nicht seit ihrem zehnten Lebensjahr ein Paar, aber es bestand immerhin die Möglichkeit, dass sie sich nach der Grundschule irgendwo begegnet waren und sich verliebt hatten. Und dass sie dann aus irgendeinem Grund – aus welchem, war unklar – beschlossen hatten, sich zusammenzutun, um die Vorreiter zu vernichten. Das wäre eine Hypothese.
    Doch soweit Ushikawa es überblicken konnte, gab es keinen Anhaltspunkt dafür, dass Tengo mit Aomame zusammen war. Er hatte regelmäßigen sexuellen Kontakt zu einer zehn Jahre älteren verheirateten Frau gepflegt. Wie Ushikawa Tengo einschätzte, hätte er nicht mit einer anderen Frau geschlafen, während er gleichzeitig eine feste Beziehung zu Aomame unterhielt. So etwas entsprach nicht seinem Charakter. Er war kein Mensch, der sich arglistig oder berechnend verhielt. Ushikawa hatte zuvor zwei Wochen lang Tengos alltägliche Gewohnheiten ermittelt. An drei Tagen in der Woche unterrichtete er an der Yobiko Mathematik, die übrigen Tage verbrachte er meist allein in seiner Wohnung. Wahrscheinlich schrieb er in dieser Zeit. Er machte Einkäufe oder auch mal einen Spaziergang, aber ansonsten verließ er kaum das Haus. Er führte ein einfaches und bescheidenes Leben. Ushikawa hatte nichts Geheimnisvolles oder Ungewöhnliches daran entdecken können. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Tengo, unter welchen Umständen auch immer, in ein Mordkomplott verwickelt war.
    Persönlich fand Ushikawa Tengo durchaus sympathisch. Der junge Mann war unverstellt, freimütig und unabhängig, verließ sich nie auf andere. Wie es häufig bei großgewachsenen Menschen vorkommt, neigte er zur Langsamkeit, hatte aber nichts Gerissenes oder Hinterhältiges an sich. Er war ein Typ, der, wenn er einmal einen Entschluss gefasst hatte, geradewegs auf sein Ziel zumarschierte. Als Anwalt oder Aktienhändler wäre er völlig ungeeignet gewesen. Man hätte ihm sofort ein Bein gestellt, sodass er im entscheidenden Moment gestürzt wäre. Aber als Mathematiklehrer und Schriftsteller war er sicher ganz gut. Er war weder besonders gesellig noch gesprächig, aber einem gewissen Typ Frau gefiel das. Kurz gesagt, er war das Gegenteil von Ushikawa.
    Sehr viel weniger wusste Ushikawa über Aomame. Mehr als ein paar Informationen zu ihrem Lebenslauf hatte er nicht in der Hand. Sie stammte aus einer Familie von beinahe fanatischen Mitgliedern der Gemeinschaft der Zeugen und hatte seit frühster Kindheit an deren Aktivitäten teilgenommen. In der

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